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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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musste also nicht lange überlegen, bestellte sogleich ein »Tonno Melanzane auf Vollkorn«, als die Bedienung die Espressi brachte. Das Sandwich mit Thunfisch und gebratenen Auberginestreifen auf scharfer Peperoncini-Paste war sein Favorit. Heinzmann wählte ein »Prosciutto cotto«, ebenfalls auf Vollkorn. Während die beiden Freunde auf das Essen warteten, besprachen sie, wie es weitergehen solle.
    »Was vermutest du, Andi?«, fragte Heinzmann. Einmal kräftig schlucken hatte ihm genügt, und sein Tässchen war leer.
    Baumer zögerte, atmete tief ein und sagte dann: »Vermuten kann man viel. Aber lass uns lieber davon ausgehen, was wir haben.«
    »Was haben wir?«
    Baumer führte den rechten Finger an die Lippen, dachte kurz nach. Dann sprach er so, als ob er ablesen würde, was er in seinem Kopf auf einer Liste notiert hatte. Es klang wie eine roboterhafte Beschreibung der Fakten. »Helen Amadio entdeckt etwas Kriminelles. Was es sein könnte, wissen wir durch ihren Sohn. Alte Frauen sterben! Das ist der entscheidende Hinweis. Dann stellen wir fest …«, Baumer plapperte die Fakten herunter, »… dass im Kantonsspital alles in Ordnung ist. Kein Hinweis auf irgendein Fehlverhalten.«
    »Das ist aber jetzt auch eine Vermutung«, warf Heinzmann ein.
    »Ja. Aber eine ziemlich gute Vermutung. Theoretisch könnte zum Beispiel diese Lea ja mit den Morden in Zusammenhang stehen. Eine überfürsorgliche Schwester. Ein weißer Engel mit dunklen Obsessionen.«
    »Glaubst du das?«
    »Das glaube ich nicht. Lea ist eine super Krankenschwester. Vertrau mir, das sehe ich mittlerweile von weitem.« Baumer berührte sich unbewusst und zugleich zärtlich am rechten Oberschenkel.
    Heinzmann nickte, aber Baumer nahm es kaum wahr. Er fuhr mit seiner Aufzählung fort. »Aber Achtung. Die Amadio-Meier kennt noch mehr alte Frauen. Die starben in der Klinik Alpensonne. Wir gehen dahin. Der Assistenzarzt, ein gewisser Firsov, verhält sich verdächtig.«
    »Und ob«, dröhnte Heinzmann. »Der Mann hat …«, wollte er einhaken, aber der Kommissar leierte seinen Sermon herunter, ohne auf ihn zu achten: »Er holt den Chefarzt. Für eine simple Visite bei einem eingebildeten Kranken. Unnötig! Der Chefarzt interessiert sich auch nicht für das Gebrechen des Kranken. Für den Kranken an sich schon.«
    »Sind Sie Polizist?«, ahmte Heinzmann den Chefarzt nach.
    Baumer nahm diesen Faden sofort auf, aber sprach weiter mehr zu sich als zu seinem Partner am Tisch. »Ja«, nickte er. »Das hat er gefragt.« Er lachte kurz auf. »Als ob er das für die Behandlung wissen müsste. Verwaltungsbeamter in sitzender Position. Diese Information hätte jedem anderen Arzt zur Diagnose genügt.«
    »Und tschüss«, ließ sich Heinzmann vernehmen.
    »Genau. Ein unbescholtener Arzt hätte uns sogleich abgeschoben. Danke. Adieu. Gute Besserung«, imitierte der Kommissar, welches Verhalten ein unbescholtener Dr. Freundlieb wohl gezeigt haben würde. »Aber der Spitzbart konnte seine Neugier nicht zügeln.« Baumer wechselte seine Rolle und spielte sich selbst, wie er mit Freundlieb gesprochen hatte. »Ich bin Polizist – und zwar von der Kriminalpolizei!«
    »Kri … Kriminalpolizei?«, tat Heinzmann erschrocken.
    »Ha, da erschrickt der liebe Herr Doktor. So, wie einer nur erschrickt, wenn er keine saubere Weste hat.«
    Stefan Heinzmann zog den Mund zweifelnd in die Breite, drückte ein Auge zu. »Bei Freundlieb bin ich mir noch nicht ganz sicher. Vielleicht war er nur nervös, weil er selbst schon vermutet, dass etwas in seiner Klinik nicht im Lot ist.«
    »Kann sein«, akzeptierte Baumer den Einwurf, »Aber warum will er mich dann ums Verrecken nicht in seiner Klinik haben.« Er nippte an seinem Espresso.
    »Obwohl sie gar nicht ganz ausgelastet sind«, pflichtete der Wachtmeister bei.
    Das war nun eine neue Information für Baumer. Deshalb fragte er nach. »Woher weißt du das?«
    »Die Kleine hat es mir erzählt.«
    »Die Krankenschwester?«
    »Ja, klar. Ich habe ihr gesagt, dass es sicher eine harte Arbeit hier sei, jetzt wo das Spital voll belegt ist. Sie müsse doch sicherlich Überstunden machen.«
    »Überstunden? Nein, das müssen wir nicht machen. Die Klinik ist nicht voll belegt«, wisperte Baumer in einer hohen Frauenstimme. »Das hat sie dir geantwortet. Richtig?«
    Heinzmann nickte. »Danke übrigens noch für die Ablenkung von Firsov. Leider hat der Russki aufgepasst und hat unser kleines Plauderstündchen unterbrochen.«
    Baumer versank

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