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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Stefan!«, insistierte Baumer, aber Heinzmann wollte nicht hören.
    »Lass doch diese Mademoiselle, das ist doch keine echte Frau.«
    »Hhm«, brummte Heinzmann.
    Baumer wollte ihm vorhalten, dass er immer nur auf Frauen anspreche, die so alt sind, wie seine Silvia, als sie ihn verlassen hatte. Immer vergucke er sich in die falschen, und die guten in seinem Alter sehe er dann nicht. Aber er ließ es bleiben. Stattdessen sagte er: »Stefan?«
    Endlich drehte sich Heinzmann zu seinem Freund.
    »Also«, fuhr Kommissar Baumer fort, »wenn es ein Pfleger oder eine Pflegerin wäre, dann wüsste der Chefarzt nichts. Nicht einmal die erfahrene Stationsschwester wäre im Bilde, hätte kaum einen Verdacht. Morde durch Pfleger sind Taten eines Einzeltäters. Sie geschehen still und heimlich. Oder?«
    »Ja. Das sehe ich auch so«, nahm Heinzmann wieder am Gespräch teil. Nur noch vereinzelt sendete er verzweifelte Kontaktversuche Richtung Tisch 19, wo seine vermeintliche Traumfrau saß.
    »Der Fakt, dass der Assistenzarzt sich verdächtig verhält und der Chefarzt erschrickt, als er erfährt, dass ich von der Kripo bin …«
    »… und der Fakt, dass sie dich auf keinen Fall im Haus haben wollen«, fiel Heinzmann seinem Freund ins Wort.
    »Ja, und auch das«, nahm Baumer diesen Gedanken mit in seine Argumentation auf. »Also, insgesamt diese Verhaltensweisen zeigen deutlich, dass in der Alpensonne etwas Krummes läuft.«
    »Aber was?«, rief Heinzmann abermals laut aus und schlug so hart mit der Faust auf den Tisch, dass der Kaffeelöffel klimpernd von der Untertasse seines Espressos sprang. Jetzt hatte Heinzmann die volle Aufmerksamkeit der Schönheit, die beim Toben des Polizisten zusammengezuckt war und zu den beiden Männern hingesehen hatte. Baumer nahm die erschreckten Blicke der Frau wahr. Sein Freund nicht.
    Nur wenig später kamen die Panini. Baumer aß seines langsam und ganz genießerisch mit kleinsten Bissen. Er hatte eine Spur und das füllte bereits seinen Magen. Um sein Designerhemd nicht zu beschmutzen, beugte er sich immer wieder weit nach vorne, wenn er abbiss.
    Heinzmann hingegen zerfetzte sein Panino mit gierigen Bissen und schlang es rasch hinunter. Er hatte gesehen, wie sich ein etwa 30-jähriger Mann in perfekter Italo-Garderobe hinter seine angebetete Schönheit gestellt hatte. Der junge Mann hatte dunkle, ölige Haare. Sie glänzten wie Briketts zum Heizen. An der linken Hand trug er einen fetten Siegelring. Er legte sie der Schönen auf die Schulter und säuselte ein »Ciao, Bella« in den Abendhimmel. Sie quietschte vergnügt, sprang auf und herzte den Mann, als wäre er Eros Ramazotti höchstpersönlich. Der blickte cool bis nach Mailand und genoss die Blicke der anderen Männer um ihn herum. Dann setzten sich die beiden eng zusammen und turtelten glücklich und redeten und redeten und küssten sich, weil es kein Glück außer ihrem auf der Welt gab.
    Heinzmann fuhr mit der Papierserviette so energisch über seinen Mund, dass sie zerriss. »Verdammt noch mal«, polterte er. »Was machen wir jetzt? Wie kommen wir weiter?«
    Baumer legte seine Hand auf den Unterarm seines Freundes. »Schon okay, Stefan, beruhige dich«, sprach er in mildem Ton.
    Der Wachtmeister blickte zu seinem besten Freund hinüber. Er sah in ein verschmitztes Gesicht. »He, ist dir was in den Sinn gekommen?«
    Baumer sagte nichts, lächelte nur.
    Heinzmann machte die Augen auf. »Du hast doch eine Idee.«
    Der Kommissar nahm das letzte Schlückchen von seinem Espresso. Er stellte das Tässchen ab und sagte: »Ja.«

    *
    Als Baumer am Abend vom Stoffero aus nach Hause ging, hatte er Anna vergessen. Er studierte weiter am Fall herum – musste daran herumstudieren – und versuchte ausgehend von seinen Vermutungen und einer Idee, die ihn nicht mehr losließ, eine handfeste Strategie zu bauen. Er war sich sicher, dass mindestens Firsov mit dem Tod von Helen Amadio-Meier zu tun hatte. Freundlieb, der Klinikchef, hatte sich ebenfalls merkwürdig verhalten. Vielleicht war er Mitwisser, vielleicht auch nur ein Direktor, der doch nicht alle Fäden im der Hand hatte und das durch Hochnäsigkeit zu kaschieren suchte. Ob er überhaupt und wenn ja, wie weit oben auf der Liste der Verdächtigen zu stehen kam, würde man herausfinden.
    Bei diesem »Räuber und Police«-Spiel müsste man allerdings behutsam vorgehen. Eine konkrete Spur hatte der Kommissar noch nicht. Juristisch gesehen hatte er nicht einmal irgendeinen stichhaltigen Grund, eine

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