Schwelbrand
Hiwi schuld, dieser Fettsack, das hinterhältige Schwein.«
»Sachte, Dittert«, unterbrach ihn Lüder. »Sie haben eben mehrere Beleidigungen ausgesprochen. Das reicht für eine Sammelklage–«
»Dieser Asoziale«, fluchte Dittert weiter und fiel in ein heftiges Husten.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Oberkommissar Große Jäger etwas Unrechtes getan hat.«
»Der ist einmalig hinterhältig, dieser Drecksack. Unter dem Vorwand, mir etwas Wichtiges mitteilen zu wollen, hat er mich in dieses Kaff an der Küste gelockt. Dann sind wir von einer schäbigen Spelunke zur nächsten gezogen. Irgendwann in der Nacht hat er sich französisch verabschiedet. Hat gesagt, er muss aufs Klo … und weg war er. Ich war schon ziemlich breit, hab bezahlt und mein Auto gesucht, weil ich dort meinen Hotelschlüssel liegen hatte. Hat der Typ mir zu geraten, dieser Fiesling.« Erneut hustete sich Dittert die Lunge aus dem Leib. »Weil ich Licht brauchte, habe ich den Zündschlüssel reingesteckt. Ihre Bullenkomplizen haben darauf gewartet. Wie aus dem Nichts standen sie neben dem Auto und haben mir den Führerschein abgenommen und mich in diese Schreckenskammer am Bahnhof zur Blutprobe mitgenommen.«
»Sie meinen die Polizeidirektion in der Poggenburgstraße.«
»Dieses Loch. Das ist doch nicht zulässig, oder?«
Lüder belehrte ihn, dass die Husumer Beamten korrekt gehandelt hatten.
»Die haben doch einen Tipp bekommen von diesem Dickwanst. Der hat das Ganze doch nur arrangiert, um mich reinzulegen. Bitte, Herr Dr. Lüders, Sie haben doch viele Kontakte. Können wir die Sache nicht still erledigen? Denken Sie daran, wie die Presse über so etwas denkt.«
»Soll das eine Drohung sein?«, fragte Lüder scharf. »Ich sehe schon die Schlagzeile »Besoffener Reporter versucht Polizei zu bestechen«.«
»Hab ich doch nicht … Ach, das ganze Pack steckt doch sowieso unter einer Decke«, fluchte Dittert und knallte den Hörer auf die Gabel.
Lüder schmunzelte. Das war sicher kein Zufall gewesen.
Er rief Christophs Handy an.
Zunächst knackte und rauschte es fürchterlich im Hörer. Dann meldete sich Christoph.
»Haben wir eine schlechte Leitung erwischt?«, fragte Lüder.
»Nein. Das ist der Wind, der direkt auf das Mikrofon drückt. Wir machen einen Spaziergang am Holmer Siel, und da püstert es kräftig vor dem Deich.«
Lüder berichtete von Ditterts Anruf.
»Davon habe ich gehört«, antwortete Christoph. »Nicht nur das. Angeblich wollen Leute in der letzten Nacht einen Smart mit aufgesetztem Magnetblaulicht in Husum gesehen haben, der in – sagen wir einmal – unkonventioneller Fahrweise durch die Straßen rollte.«
»Sag mal, was hat Große Jäger eigentlich für einen Pkw?«
Christoph räusperte sich. »Ich glaube, der Wind ist jetzt so heftig, dass ich nichts mehr verstehe. Ende.«
Lüder sah nachdenklich sein Handy an. Nordfriesen!, dachte er.
Eine weitere Nachricht war von Kuntze aus Flensburg eingegangen. »Haben auf einem von Frosinns Handys in der Anrufliste festgestellt, dass er mehrfach mit einem Paul Kleeberg telefoniert hat. Hilft Ihnen das weiter? Details folgen schriftlich. Gruß, Kuntze, Flensburg.«
Lüder hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht. Er griff zum Rotweinglas und hielt es gegen die Kerze, die auf dem Tisch stand. Langsam drehte er das Glas und betrachtete das Rubinrot des Weines.
»Nun sag nicht, dass es wie Blut aussieht«, neckte ihn Margit, die sich neben ihm auf dem Sofa niedergelassen hatte. Sie zog die Beine an und hockte sich auf die Füße.
»Blut? Jetzt ist Feierabend. Da fließt kein Blut mehr. Und solche kitschigen Formulierungen liegen mir ohnehin nicht.«
Er hob das Glas in ihre Richtung und prostete ihr zu, nachdem auch sie ihr Glas aufgenommen hatte. Der Wein war wirklich gut.
»Für den Rest der Adventszeit werden wir uns viel Gemeinsames vornehmen«, versprach Lüder und nahm Margit in den Arm, die sich an seine Schulter kuschelte. »Ich freue mich darauf, dass wir zusammen die Weihnachtseinkäufe tätigen.«
Sie gab ihm einen leichten Knuff in die Seite. »Du bist gut«, sagte sie. »Wir haben in dieser Woche eine neue Waschmaschine gekauft, mein Auto muss in die Werkstatt, und Jonas und Sinje brauchen noch Winterkleidung. Hast du einmal aufs Konto gesehen?«
Lüder hatte. Natürlich war es wieder überzogen.
»Man müsste Geld haben«, sagte Margit leichthin.
»Das macht auch nicht glücklich«, erwiderte Lüder und dachte an Herwig Graf von
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