Schwelbrand
fragte er barsch.
»Da müssen Sie den Ministerpräsidenten persönlich fragen«, erwiderte Lüder vergnügt.
»Ihr Weg ist der falsche, Herr Lüders. Sie werden sehen, wo er endet«, schimpfte Dr. Starke.
Lüder sah geradeaus, räkelte sich im Ledersitz des Audis zurecht und begann, leise zu flöten. »Weißt du, wohin …?«
Im Landeskriminalamt ging er, ohne den Kriminaldirektor eines weiteren Blicks zu würdigen, sofort in sein Büro. Den Kaffee würde er sich später besorgen.
In seiner Anrufliste sah er, dass Jochen Nathusius aus Husum versucht hatte, ihn zu erreichen. Lüder seufzte. Das waren andere Zeiten gewesen, als der scharfsinnige Analytiker Nathusius mit seiner menschlichen und umgänglichen Art noch Leiter des Polizeilichen Staatsschutzes war. Jetzt leitete der Kriminaldirektor die Husumer Polizeidirektion.
Lüder rief zurück und wurde umgehend mit seinem ehemaligen Vorgesetzten verbunden.
»Vielen Dank, dass Sie zurückrufen«, sagte Nathusius. »Haben Sie schon gehört?«
»Nein. Was sollte ich wissen?«
Nathusius informierte ihn über die Ereignisse des frühen Morgens.
»Oh«, war zunächst alles, was Lüder herausbekam. Es gehörte zu seinem Beruf, mit Tod und Gewalt konfrontiert zu werden. Wenn es aber um einen Polizisten ging, der sein Leben im Dienst verloren hatte, tauchten bei Lüder immer wieder Zweifel auf, ob er seiner Familie diesen Beruf zumuten konnte. Oft genug war er selbst in Gefahr geraten. Und die Umstände des Mordes in Husum waren außergewöhnlich. »Gibt es erste Hinweise auf den oder die Täter?«, fragte er.
»Nein. Es gibt nur eine Absonderlichkeit. Deshalb rufe ich Sie an. In der Uniformjacke des Opfers haben die Kollegen von der Spurensicherung einen Zettel gefunden, einen ganz gewöhnlichen Computerausdruck. Er war arg mitgenommen, was nicht verwunderlich ist. Trotzdem war darauf ein Teil des Landeswappens zu erkennen, genau genommen der schleswigsche. Die beiden Löwen.«
»Darunter stand: ›Es reicht‹?«, fiel Lüder Nathusius ins Wort.
»Jaaa. Kennen Sie das?«
»Ich habe vor einer Viertelstunde davon gehört«, antwortete Lüder. »Ich werde mich sofort auf den Weg nach Husum machen.«
»Danke.«
Unterwegs schaltete Lüder zwischen den Radiosendern hin und her. Als Erstes hörte er auf Radio Schleswig-Holstein die Nachrichten. Der Sender begnügte sich mit einigen wenigen Sätzen. Der NDR mit der Welle Nord brachte eine umfangreichere Berichterstattung und hatte sogar einen Korrespondenten vor Ort, der die Lage und die Fassungslosigkeit der Einsatzkräfte und der Bevölkerung schilderte. Oberstaatsanwalt Dr. Breckwoldt aus Flensburg hatte kurz kommentiert, dass die Ermittlungen liefen und man noch nichts zum Tathergang und zum Motiv sagen könne. Er drückte sein tiefes Mitgefühl mit der Familie des Opfers aus. Wenigstens liegt dieser Fall nicht in den Händen von Oberstaatsanwalt Brechmann aus Kiel, dachte Lüder. Mit Dr. Breckwoldt ließ es sich unkompliziert zusammenarbeiten.
Die ausführlichste Berichterstattung lieferte NDR Info, der Sender, der für seine informative investigative journalistische Arbeit bekannt und bei manchen auch gefürchtet war. Natürlich stand die Frage nach dem Motiv im Vordergrund, wenn auch dieser Sender es vermied, Spekulationen anzustellen. Insgesamt rundeten die Rundfunkberichte Lüders Bild ab, auch wenn sie keine Neuigkeiten brachten.
Lüder hatte auf den Einsatz des Blaulichts verzichtet, dennoch schaffte er es, in wenig mehr als einer Stunde auf den Hof hinter dem schlichten Bau in Husums Poggenburgstraße zu fahren. Er begab sich direkt zu Nathusius. Der Kriminaldirektor begrüßte ihn mit ernster Miene. Dann berichtete er von der Tatortaufnahme und dem Besuch bei Rieke Asmussen.
»Wir haben noch keine Erkenntnisse zum Tathergang oder zum Motiv. Polizeiobermeister Asmussen war bei uns im Bezirksrevier eingesetzt. Das ist ausgelagert in der Dieselstraße. Die liegt im Industriegebiet.«
»Bezirksrevier?«, überlegte Lüder laut. »Die sind für die Verkehrsüberwachung zuständig. Das ist völlig unspektakulär.«
»Richtig. Natürlich werden wir prüfen, ob es Vorfälle gegeben hat, in denen Beamte bedroht wurden. Wir haben beim Leiter des Reviers und den Kollegen nachgefragt. Da ist nichts bekannt.«
»War der Kollege schon länger beim Bezirksrevier?«
Nathusius nickte. »Seit sieben Jahren.«
»Dann ist es unwahrscheinlich, dass es Gründe gibt, die auf einer früheren Tätigkeit beruhen. Gibt
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