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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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gute Ortskenntnisse verfügen, denn die Stelle ist so gut wie nicht einsehbar. Lediglich ein Zufall hätte dazu führen können, dass ein Fußgänger auf der Brücke das Nylonseil am Geländer entdeckt. Aber zu dieser Stunde ist die Chance sehr gering, dass dort jemand vorbeikommt. Die Brücke führt nur zu den wenigen Häusern und in das kleine Waldgebiet. Nach Mitternacht und bei dem widrigen Wetter kommt dort keiner zu Fuß vorbei.«
    »Wir haben einen Bewohner aus den Häusern direkt am Bahndamm ausfindig gemacht, der gegen Mitternacht seinen Hund vor die Tür gelassen hat und dabei noch im Schutz des Dachüberstandes eine Zigarette geraucht hat. Er hat nichts bemerkt«, ergänzte Christoph.
    »Wie gut, dass unser Kind so fit bei elektronischen Recherchen ist«, mischte sich Große Jäger ein und sah Mommsen an, der mittlerweile das Alter von Mitte dreißig erreicht hatte.
    Der Kommissar hüstelte erneut. Diesmal klang es ein wenig verlegen. »Ich werde aber nicht mehr lange in Husum bleiben«, sagte er leise.
    »Was?«, fragten Christoph und Große Jäger gleichzeitig.
    »Ich werde nach Ratzeburg zur dortigen Kriminalpolizeistelle versetzt.«
    Christoph nickte verstehend, und Große Jäger sagte nur: »Aha.«
    »Das war zu befürchten«, sagte Christoph.
    Mommsen war einer der wenigen Auserwählten, denen man die Möglichkeit eröffnet hatte, sich aus dem gehobenen Dienst für den höheren Dienst zu qualifizieren. Er hatte als einer der Ersten an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster studiert. Nach seiner Rückkehr war es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis eine Planstelle des höheren Dienstes frei wurde, auf die man ihn befördern konnte. Es entsprach den üblichen Gepflogenheiten, die Beförderung zum Kriminalrat mit einer Versetzung auf eine Leitungsposition bei einer kleineren Dienststelle zu verbinden.
    Christoph war aufgestanden und gratulierte Mommsen. Große Jäger und Lüder folgten seinem Beispiel. Der Oberkommissar knuffte ihn freundschaftlich am Arm. »Gut finde ich das nicht, dass du uns verlässt. Aber für dich freue ich mich.« Dann zeigte er auf Lüder. »Dann bist du ja so etwas wie er da.«
    Mommsen winkte ab. »Langsam. Da liegen viele Jahre Erfahrung zwischen uns. Und nicht nur das«, sagte er bescheiden. »Ich habe noch etwas. Bei der Spurensicherung ist uns ein Gestell aufgefallen, in dem das Opfer gehangen hat.« Er machte eine kurze Pause. »Das sind nur Vermutungen. Beim Zustand der Lei … – des Kollegen Asmussen«, korrigierte er sich schnell, »war das nicht einwandfrei feststellbar. Wir haben ein Foto des Gestells.« Er hielt ein Bild hoch, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag.
    »Was ist das?«, wollte Große Jäger wissen.
    »Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Mommsen. »Aber vielleicht finden wir dafür eine Erklärung.«
    »Nun sag schon«, drängte ihn Große Jäger.
    Aber Mommsen winkte ab. »Später.«
    »Wir haben noch etwas«, fuhr Christoph fort, der wieder an seinem Schreibtisch Platz genommen hatte. Er zeigte mit seinem Kugelschreiber auf Große Jäger.
    »Das ist eine der Merkwürdigkeiten«, erklärte der Oberkommissar. »Auf der Böschung haben wir ein Stativ gefunden, auf dem eine Kamera montiert war.«
    »Und die war auf das Opfer gerichtet?«, fragte Lüder.
    Große Jäger nickte. »Ich verstehe nichts von dieser modernen Technik. Klaus Jürgensen, der Leiter der Kriminaltechnik aus Flensburg, hat mir erklärt, dass man es sich so vorstellen muss, als hätte jemand eine Webcam aufgebaut. Über die genaue Spezifikation der Technik wissen wir noch nichts. Die Anlage ist nach Kiel zum Landeskriminalamt unterwegs.«
    »Hat man einen Laptop gefunden?«, fragte Lüder.
    Große Jäger zuckte mit den Schultern. »Mir nicht bekannt.«
    Es waren lauter kleine Puzzleteile, die sich Lüder offenbarten. Das halbe Landeswappen, die Art der Tatausführung und die Kamera. Den Tätern war daran gelegen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erregen. Sie hatten dazu eine außergewöhnlich brutale Methode gewählt. Es war häufig eine Vorgehensweise bei politisch motivierten Straftaten, dass man versuchte, spektakuläre Aktionen auszuführen und durch Gewaltaktionen Druck auf die Öffentlichkeit auszuüben. Für Lüder wurde immer deutlicher, dass hier ein brisantes Problem heranwuchs. Es gab eine Tätergruppe, die mit dieser Aktion auf sich aufmerksam machte, um irgendwann ihre Forderungen oder abstrusen Thesen zu präsentieren. Ob der Ministerpräsident das

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