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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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zupacken. An den beiden Enden des Seils hatten sie ihn langsam herabgelassen, bis es einen Ruck gab und Asmussen etwa einen Meter über den Gleisen zum Hängen gekommen war, genau zwischen den beiden Schienen des Gleises, das Richtung Süden führte.
    Wenn es ein Scherz war, ein sehr derber, dann war es ein dummer Scherz, hatte er gedacht. Er wusste nicht, weshalb man ihm einen solchen Schrecken einjagen wollte.
    Als Asmussen trotz des Windes hörte, wie der Motor des Wohnmobils ansprang und sich der nagelnde Diesel entfernte, hatte ihn die Panik erfasst. Ein Alptraum hätte nicht so schlimm sein können wie seine derzeitige Lage, von der Brücke herabhängend, genau in Höhe der Lokomotive. Er spürte nicht den Wind, die Kälte, die durchdringende Nässe, den Schmerz an den durchgescheuerten Handgelenken, die Einschmutzungen am Unterleib.
    Asmussen kämpfte verzweifelt um sein Leben.
    Er hörte das tiefe Brummen der schweren Diesellokomotive, die den ersten Zug der Nord-Ostsee-Bahn Richtung Hamburg zog, als sie den Husumer Bahnhof, der hinter der Kurve lag, verließ. Kurz darauf tauchte das Dreilicht-Spitzensignal des Zuges auf.
    Jörg Asmussen wurde zweiundvierzig Jahre alt.

ZWEI
    Als der Erste Hauptkommissar Christoph Johannes am Tatort eintraf, hatten die ersten Streifenwagen das Gebiet schon weiträumig abgesperrt. Man hatte Christoph, den kommissarischen Leiter der Husumer Kriminalpolizeistelle, zu Hause in England informiert. Der Ortsteil mit dem ungewöhnlichen Namen lag auf der Husum vorgelagerten Marscheninsel Nordstrand.
    Christoph hatte den Tatort über den Stadtteil Rödemis angesteuert und musste sich ausweisen, damit ihn der Mann der freiwilligen Feuerwehr, der die Sackgasse zur Brücke absperrte, durchließ.
    Am Ende der Beselerstraße, die in die Eisenbahnbrücke überging, standen mehrere Einsatzfahrzeuge. Die Strahlenfinger des zuckenden Blaulichts reflektierten in den Fenstern der Häuser, sofern diese nicht geöffnet waren und die Bewohner dem Treiben in ihrer Straße zusahen.
    Ein blaues Verkehrsschild zeigte an, dass die Benutzung der Brücke für Fußgänger und Radfahrer freigegeben war. Christoph schüttelte den Kopf über die deutsche Bürokratie, weil direkt darunter ein weiteres Schild prangte, auf dem zu lesen war: »Radfahrer frei«.
    Heute durfte niemand die Brücke betreten. Dafür sorgte ein uniformierter Beamter, der dort Wache hielt. Er nickte Christoph zu und murmelte ein halblautes »Moin. Gehen Sie bitte ganz rechts. Spurensicherung«.
    Die Brücke lag inmitten einer Kurve. Links sah man das Bahnbetriebswerk im Hintergrund, rechts ging die Kurve mit den Gleisen weiter und verschwand, bis die Strecke die nächste, von hier unsichtbare Brücke unterfahren hatte und dann durch den offenen Margarethenkoog zum nächsten Bahnhof, Friedrichstadt, führte.
    Heute sah Christoph im Einschnitt, am Ende der Kurve, die roten Schlusslichter eines Eisenbahnzuges. Man hatte ihn in groben Zügen über das Vorkommnis informiert. Er war nicht überrascht, dass der Zug trotz der noch nicht hohen Geschwindigkeit so weit gefahren war, bis er zum Stehen gekommen war. Neben den Waggons und unter der Brücke sah er auf und ab tanzende Taschenlampen und eine Handvoll Leute, die über die Gleise liefen und sie absuchten. Schemenhaft konnte er die dunklen Polizeiuniformen erkennen.
    Hinter der Überführung stieß er auf Thomas Friedrichsen, den Kommissar der uniformierten Kollegen. »Hier entlang«, sagte der Beamte und zeigte in die entgegengesetzte Richtung. Nachdem Christoph ihn fragend angesehen hatte, ergänzte er: »Dort kommen Sie besser auf die Gleise.«
    Ein Trupp der Feuerwehr war damit beschäftigt, Ausrüstungsgegenstände und Tiefstrahler nach unten zu transportieren. Christoph folgte den Feuerwehrleuten und war völlig mit Dreck verschmiert, als er, halb gehend, halb rutschend, die Böschung hinabkletterte.
    »Da oben«, sagte ein weiterer Polizist, der auf dem Gegengleis stand und mit seiner Taschenlampe zur Brücke hochleuchtete. Im Wind bewegte sich das abgerissene Ende eines Seils. »Daran muss er gehangen haben, der arme Teufel. Große Jäger ist weiter vorne.«
    Christoph stolperte mehr, als dass er ging, und suchte im Dunkeln einen Rhythmus zu finden, der ihn von Schwelle zu Schwelle führte.
    Aus einer offenen Waggontür rief ihm jemand zu: »Stimmt es, dass sie ein’ umgefahr’n hab’n?«
    Christoph ignorierte den Mann und traf noch vor dem Zuganfang eine Gruppe von drei

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