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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Fenster öffnete, konnte er den Autolärm hören. Sie brauchten nur bis zu einem Rastplatz zu kommen. Leicht war auch das nicht. Sie mussten die beiden Deutschen mitschleppen. Den Pazzo und die Puttana. Verdrossen sah er sie an. Der Pazzo stierte auf den leeren Teller vor sich, und die Puttana lächelte ihn falsch an. Als ob sie ihm vorlügen wolle, es habe ihr Spaß gemacht.
    Nein, dachte er dann. Der Pazzo ist zu auffällig. Wir lassen ihn hier, für die anderen Plattfüße. Dann werden sie ihn erst mal in die Mangel nehmen und haben was zu tun.
    Irgendwo piepste ein Handy. Das Piepsen kam von der Anrichte.
    »Ach Gott«, sagte Judith, »das ist mein Handy. Ich hab es in die Schublade gelegt.« Sie stand auf. »Stop«, sagte Varsalone, erhob sich, ging zur Anrichte und zog eine Schublade auf. Er holte das Handy heraus und las die Nummer vor, die auf dem Display angezeigt war. »Wer anrufen?«, wollte er wissen. Das Handy piepste noch immer.
    »Das ist mein Chef«, sagte Judith. »Es ist besser, du lässt mich mit ihm reden.« Varsalone runzelte die Stirn.
    »Ich sag ihm, dass ich hier bin«, fuhr Judith fort, »dass ich nicht weg kann und dass im Augenblick auch niemand ins Haus kann, weil alles voll Wasser ist. Das ist doch okay?«
    Varsalone zögerte. Dann gab er ihr das Handy. Judith meldete sich.
    »Wo steckst du eigentlich«, fragte Welf.
    »Guten Morgen, mein Lieber«, antwortete Judith. »In der Wohnung, wo sonst.«
    »In welcher Wohnung?«
    »Du bist nicht sehr freundlich, mein Freund«, stellte Judith fest. »Ich bin in der Wohnung.«
    »Wo ist Stefan?«
    »Der ist weg. Fort. Nicht mehr da. Und wenn du ihn sprechen willst, geht das nur über mich. Das ist ein harter Schlag, nicht wahr? Aber wir haben es nun einmal so vereinbart.«

    »Das glaub ich nicht.« Welfs Stimme klang plötzlich irritiert. »Außerdem kannst du gar nicht in der Wohnung sein. Die ganze Straße dort steht unter Wasser. Die Arbeiter haben versucht, durchzukommen. Aber es ist alles abgesperrt.«
    »Das weiß ich doch«, antwortete Judith. »Ich bin hier, weil ich die ganze Zeit hier war. Und weil ich hier nicht wegkomme. Sobald das Wasser abgelaufen ist, stehe ich dir wieder zur Verfügung. Begrenzt zur Verfügung. Und untersteh dich, diesen Tag von meinem Urlaubskonto abzubuchen.«
     
    Ministerialdirektor Rentz betrachtete Berndorf aus kalten, rot geäderten Augen. Berndorf blickte erwartungsvoll zurück.
    »Sie haben die Frühpensionierung beantragt«, sagte Rentz. »Nun ja. Sie schreiben hier, dass Sie sich als Folge eines im Dienst erlittenen Unfalls körperlich und offenbar auch psychisch dauerhaft beeinträchtigt fühlen.«
    Psychisch beeinträchtigt: damit musste er nun leben, sagte sich Berndorf. Er nickte höflich, die Hände über dem Krückstock gekreuzt.
    Rentz schwieg. An der Wand hinter seinem Rücken hing die Fotografie eines Mannes mit eng stehenden Augen und misstrauischen Gesichtszügen, die sich in einem Zustand latenter Aufgeregtheit befanden. »Sie werden wissen, dass die von Ihnen eingereichten Atteste nicht ausreichen«, fuhr Rentz schließlich fort. »Dennoch sind wir bereit, Ihren Antrag wohlwollend zu bescheiden. Ursprünglich hatten wir ja vereinbart, dass Sie sich für eine andere Dienststelle bewerben wollen.« Er machte eine Pause. Seine Augen sind eigentlich nicht bloß rot geädert, sondern blutunterlaufen, dachte Berndorf.
    »Nun ja. Eine anderweitige Verwendung ist inzwischen obsolet geworden, und wenn wir zuwarten, bis Ihre traumatischen Beschwerden abgeklungen sind, haben Sie vermutlich die reguläre Altersgrenze erreicht.«
    Da kommt doch noch was, dachte Berndorf.
    »Allerdings würden wir es sehr begrüßen, wenn Sie Ihr Dezernat geordnet übergeben könnten.« Da war es.

    »Dass ich mein Dezernat nicht ordnungsgemäß geführt habe, weise ich zurück«, antwortete Berndorf.
    »Es hat in Ulm mehrere sehr ärgerliche Vorfälle gegeben, die bis heute nicht befriedigend aufgeklärt sind«, sagte Rentz. »Das wissen Sie so gut wie ich. Der Eindruck in der Öffentlichkeit ist verheerend, und dass durch unbedachte Äußerungen  – die ich jetzt nicht Ihnen anlasten will – auch noch die Familie des Ministerpräsidenten in Misskredit gebracht wurde, schlägt dem Fass sozusagen die Krone ins Gesicht.«
    »Haben Sie das dem Herrn Kriminalrat Englin auch so gesagt?« , erkundigte sich Berndorf.
    Rentz zögerte. »Es ist richtig, wir hatten über diese Vorkommnisse und ihre Darstellung in der

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