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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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zum Bahnhof gefahren«, sagte er ruhig. »Das sieht nach einer Männergeschichte aus, nicht wahr?«
    Sylvie Wenger zog die Augenbrauen zusammen. »Wenn Sie es so sehen«, antwortete sie zögernd. »Sie hat sich allerdings in der Zeit, in der ich hier bin, nichts anmerken lassen. Natürlich bin ich mit ihr noch nicht so vertraut geworden.«
    »Ich spreche nicht von Vera«, antwortete Berndorf. »Ich spreche von Ihnen. Nur kümmert mich das nicht, und wenn Ihr Chef über die Geschichte nicht stolpert, habe ich keinen Anlass, ihn zu schubsen. Vorausgesetzt, Sie sind kooperativ.«
    Die Frau sah ihm in die Augen. »Ich weiß nicht, wie Sie so etwas von mir denken können. Da war nichts.« Berndorf gab den ungerührten Blick zurück.
    »Es war wirklich nichts.« Plötzlich wandte sie sich ab. »Die beiden hatten doch schon lange nichts mehr miteinander. Da kann es ihr doch egal sein, mein Gott, Wilhelm kann es sich ja nicht aus den Rippen schwitzen.« Plötzlich schniefte sie. »Dass wir es im Pferdestall gemacht haben, war natürlich
nicht so gut. Und dass sie es hat sehen müssen. Aber soll ich vielleicht mit ihm in ihr Ehebett gehen?«
    Berndorf sah sich um. Am Verkaufstisch standen zwei Holzstühle. Er nahm einen davon und ging damit in eine dunkle Nische zwischen zwei Regalen, seitlich vom Eingang.
    »Haben Sie ein Kopftuch, oder können Sie eines von Vera nehmen?«, fragte er dann. »Ich möchte, dass sie es sich umbinden. Dann setzen Sie sich an den Verkaufstisch, aber so, dass das Licht nicht auf Ihr Gesicht fällt.«
    Sylvie Wenger sah etwas ratlos zu ihm hin. »Sicher hab ich ein Kopftuch. Aber erklären Sie mir, was wir dann hier tun?«
    »Wir werden warten«, antwortete Berndorf. Die Rotblonde ging das Kopftuch holen, und Berndorf kramte Tamars Dienstpistole aus seiner Jackentasche und steckte sie griffbereit zwischen die Salatköpfe in dem Regal neben ihm. Den Stock hatte er an das Regalbrett gehängt. Wenig später kam Sylvie Wenger zurück. Sie hatte ein blau-rot gemustertes Kopftuch umgebunden, nicht so, wie es die alten Bäuerinnen tragen, sondern hinten geknüpft. In der Hand hielt sie eine Handtasche und eine Brille mit großen Gläsern. Sie setzte die Brille auf. »Gut so?«, fragte sie dann. Berndorf nickte. Sie nahm den anderen Stuhl, zog ihn zurück und setzte sich. »Ich nehme an, wenn jemand kommt und fragt, ob ich Vera bin, soll ich Ja sagen.«
    »Richtig«, antwortete Berndorf. »Es kann dann aber einen plötzlichen Angriff geben. Sie müssen darauf vorbereitet sein.« Beide schwiegen. Sylvie Wenger sah um sich, dann stand sie auf, nahm zwei Plastiksiebe, die auf dem Tisch standen, füllte eines davon mit Kartoffeln und begann, sie zu schälen. Die Brille hatte sie sich in die Stirn geschoben.
    »Noch eine Frage«, sagte sie plötzlich. »Wie gefährlich ist dieser Einsatz?« Sie warf einen Blick zu ihm hin, der beiläufig genug sein Bein streifte.
    »Wir werden damit fertig werden.«
    »Schön zu wissen«, meinte die Polizistin, öffnete die Handtasche und holte eine Pistole heraus. Dann zog sie die Schublade des Verkaufstisches auf und legte die Waffe hinein.

    Zeit verging. Berndorf lehnte sich gegen die Scheunenwand. Das Licht der Deckenlampe fiel auf den Fußboden und erhellte eine kreisrunde Fläche. Berndorf atmete den erdigen Geruch. Durch die Stille drang das Schrappen des Schälmessers. Die Katze war auf eines der Regalbretter gesprungen, zwischen zwei Holzkisten mit Kopfsalat und Möhren, und sammelte ihre Pfoten unter sich ein.
    Zeit verging. Berndorf sah sich die Katze an. Die Katze sah Berndorf an. So hat sie schon Lichtenberg angeschaut, dachte er. Er wunderte sich, dass den Katzen gerade an der Stelle zwei Löcher in den Pelz geschnitten wären, wo sie zwei Augen hätten.
    Draußen auf dem Hof knirschte Kies.
    Die Katze richtete sich auf. Unvermittelt sprang sie federnd auf den Boden und verschwand durch die Tür.
    Berndorf überlegte. Denkt sie, Vera kommt zurück? Die Frau am Tisch schob sich die Brille über die Augen.
    Ein kreischendes Jaulen zerriss die Stille. Die Katze schoss durch die Tür, hielt abrupt inne und begann, sich zu putzen.
    Das war nicht Vera, dachte Berndorf. Da ist dir irgendjemand anderes auf den Schwanz getreten.
    Schritte näherten sich. Die Katze horchte auf, dann lief sie zu dem Regal neben der Tür und sprang ohne Ansatz auf das zweitoberste Brett.
    Die Schritte hörten vor dem Verkaufsraum auf. So, als ob jemand zögernd stehen geblieben sei. Berndorf

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