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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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nehme mal an, man hat eine Nylonschnur benutzt. Sehr praktisch.«
    »Und die Verletzungen im Gesicht?«
    Der Arzt blickte zu Berndorf auf. »Kein zwangsläufiger Zusammenhang mit seinem Tod. Vielleicht hat man ihn vorher bewusstlos geschlagen. Vielleicht auch nicht.«
     
    Ein strahlend blauer Tag zog auf, und von den Anhöhen über Ulm sah man fern im Süden das zarte Zackenband der Alpen. In den Cafés überlegten sich die Wirte, ob sie schon Stühle und Tische draußen aufstellen sollten.
    Auf der Baustelle für einen neuen Kindergarten im Stadtteil Wiblingen stand der Polier Eisermann kopfschüttelnd und entrüstet vor der leeren Zufahrt. Er nahm sein Handy, wählte die Firmenleitung an und verlangte den Chef.
    »Eisermann hier«, sagte er dann. »Ich bin in Wiblingen draußen. Der Siebentonner ist weg. Wir hatten ihn hier draußen gelassen, weil wir ihn gleich heute Morgen gebraucht hätten.«
    »Hast du’s der Polizei gemeldet?«, fragte Gföllner zurück. Er lässt sich den Ärger nicht anmerken, dachte Eisermann. Nie tut er das. Aber das dicke Ende kommt immer.
    »Nein«, sagte Eisermann. »Ich wollt’ es erst Ihnen sagen.«
    »Dann mach das. Ich sag draußen Bescheid, dass du einen Ersatz brauchst.«
     
    An der Zufahrt zur Pauluskirche entluden Johannes Rübsam und sein Gemeindeältester Vogler dessen Daimler-Caravan. Sie hatten in einem Großmarkt Spenden für die Vesperkirche abgeholt, die am Nachmittag eröffnet werden sollte und zu der die Kirchengemeinde einlud, wer immer obdachlos, hungrig und durstig war.
    »Verhebe Sie sich net«, sagte Vogler besorgt, als Rübsam einen Kasten Mineralwasser zum Kirchenportal schleppte. Rübsam lächelte und sagte, als Student habe er früher bei einem
Bierfahrer ausgeholfen. »Man möcht’s nicht denken«, meinte der pensionierte Schreinermeister Vogler und warf einen bedenklichen Blick auf die schmächtige Statur des Paulus-Pfarrers. »An sich würd’ es ja unseren Herren Obdachlosen auch nicht schaden, wenn sie ein bissle mithelfen täten.«
    »Vielleicht kommen sie noch irgendwann von selber drauf«, antwortete Rübsam freundlich.
     
    Die Fahrstraße führte an den steinigen Äckern der Alb vorbei. Der Weiler, in dem Axel Veihle gewohnt hatte, lag zwei Kilometer außerhalb von Wiesbrunn, versteckt zwischen karg bewaldeten Hügeln.
    Tamar bog auf eine Zufahrt ab, die vor einem eingeschossigen, spitzgiebligen Haus endete. Früher wohnte der Austragsbauer dort, wenn er den Hof übergeben hatte. Das Häuschen wirkte baufällig, und an den Fensterrahmen war die Farbe schon lange abgeblättert. Auf dem betonierten Vorplatz stand ein rostfleckiger Toyota ohne Nummernschild. Tamar parkte ihren Wagen daneben und ging zu der rissigen Haustür. Sie klingelte, einmal, mehrmals. Schließlich öffnete eine Frau in einem schmuddeligen Morgenrock. Sie hatte ein fleckiges Gesicht, und sie war schwanger.
    Tamar stellte sich vor. »Sie sind Frau Biesinger, Sonja Biesinger?« Die Frau nickte.
    »Ich hätte Sie gerne gesprochen. Kann ich zu Ihnen hereinkommen?« Widerstrebend trat die Frau zur Seite und ließ sie herein. Dann ging sie ihr in eine unaufgeräumte Wohnküche voran, die von einem elektrischen Heizstrahler dürftig erwärmt war. Die beiden Frauen setzten sich an den Küchentisch, auf dem noch die Reste des Frühstücks standen. Tamars Blick fiel auf eine angebrochene Ecke Streichkäse und eine braungraue Mettwurst-Pelle.
    »Ich komme wegen Ihrem« – sie zögerte – »wegen Ihrem Verlobten, Axel Veihle. Er ist doch Ihr Verlobter?«
    Die Frau sah misstrauisch hoch. Tamar sagte ihr, dass Veihle tot war. Sie sagte es, wie sie es für solche Fälle gelernt hatte.
Ernsthaft, ruhig, Anteil nehmend. Sei froh, Mädchen, dachte sie dabei beschwörend, dass du den Scheißkerl los bist.
    Eine Weile lang blieb das fleckige Gesicht unbewegt. Dann verzog es sich. Plötzlich heulte die Frau hemmungslos. Unterm Heulen redete sie. Tamar hatte Mühe, es zu verstehen. »Nichts mehr ist drauf« war alles, was sie verstand.
     
    Im Konferenzraum des Neuen Baus war es düster wie eh und je. Verunsichert zuckte Englins linkes Augenlid, und in Blochers breitflächiges Gesicht war erstmals seit Wochen wieder ein Anflug hämischer Zufriedenheit zurückgekehrt.
    »Ich verstehe das nicht, Kollege Berndorf«, sagte Englin. »Sie hatten gestern ausgeschlossen, dass die Mafia in diese Sache involviert sei. Definitiv ausgeschlossen hatten sie es.« Er machte eine Pause. »Nun das.« Zweite

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