Schwere Last mit leichten Mädchen

Mörder hat die Leiche spurlos verschwinden lassen. Auch das ist ein Kunststück .«
    Ihre bernsteinfarbenen Augen musterten mich eindringlich. »Warum erzählen Sie mir das alles, Boyd ?«
    »Morgan kann kein vertrauensseliger Typ gewesen sein«, erklärte ich. »Die zweihunderttausend muß er in bar bei sich gehabt haben. Was hat er damit gemacht? Ganz sicher hat er sie nicht in dem Strandhaus in Sublime Point zurückgelassen, wenn er die Nacht mit Ihnen verbrachte. Er mußte das Geld irgendwo verstecken, wo es mit Sicherheit niemand finden würde .«
    »Ich denke, Sie haben recht«, pflichtete sie mir bei.
    »Es war nur so ein Gedanke«, sagte ich und bedachte sie mit einem Lächeln. »Vielleicht hat er das Geld bei Ihnen gelassen. Er besuchte Sie fast jeden Abend und konnte immer nachprüfen, ob Sie nichts davon abgezweigt hatten. Und dann, plötzlich, war er tot. Ein raffiniertes Mädchen wie Sie mußte sich ausrechnen, daß gewisse Leute — zum Beispiel die Mörder Morgans — von der Existenz des Geldes wußten und danach suchen würden. Deshalb taten Sie nichts, um Aufmerksamkeit zu erregen, sondern führten Ihr Leben weiter wie immer .«
    »Das ist eine hübsche Theorie, Boyd«, meinte sie. »Ich wünschte nur, sie entspräche der Wirklichkeit .«
    »Es wäre schön, wenn ich Ihnen glauben könnte«, erwiderte ich.
    »Also gut«, sagte sie gepreßt. »Was wollen Sie also tun? Mich verprügeln? Mich quälen? Oder was sonst?«
    »Lucky Kane ist in der Stadt«, antwortete ich. »Er hat einen seiner Gorillas mitgebracht, Jim Dexter. Sie haben sich meine Klientin gestern geschnappt und sie so lange mit der Peitsche traktiert, bis sie sich überzeugt hatten, daß sie auch nicht versteht, was in diesem verschlüsselten Brief steht. Morgans Freund, der den Brief in Verwahrung hatte, ist auch in Santo Bahia . Er heißt Matt Pine und ist ein berufsmäßiger Killer. Bis jetzt hat noch keiner von ihnen die Verbindung von dem Brief zu Ihnen hergestellt .«
    Ihr Gesicht wurde fahl. »Ich werde in dem Brief erwähnt ?«
    »Auf indirekte Art«, erklärte ich. >Die Sonne ist hier wirklich lulu <, heißt das genaue Zitat. Sonne bedeutet wahrscheinlich Sonny Karlin und Lulu ist ganz eindeutig Ihr Name. Wie schon gesagt, bis jetzt hat das außer mir noch niemand herausgefunden. Aber ich könnte es natürlich durchsickern lassen. Und dann würden Sie Besuch bekommen .«
    »Sie Schwein!«
    »Das Geld ist heißes Geld«, fuhr ich gleichmütig fort. »Es steht seiner Witwe nicht zu. Morgan hat es Kane gestohlen, und wenn es überhaupt jemandem gehört, dann höchstens Kane, diesem krummen Hund !«
    »Wo ist Ihr Berufsethos, Boyd ?« fragte Lulu aufgebracht. »Ist die Witwe nicht noch immer Ihre Klientin ?«
    »Ich glaube kaum«, entgegnete ich. »Nach der Abreibung, die sie auf Kanes Geheiß von Dexter bezogen hat, dürfte sie bedient sein. Und das meiste, was sie mir erzählt hat, war ohnehin gelogen. So wie ich die Sache inzwischen sehe, darf der Finder kassieren. Falls das Geld bei Ihnen ist, und ich es gefunden habe, würde ich halbe-halbe für eine faire Lösung halten .«
    »Es ist aber nicht bei mir«, beharrte sie. »Wie soll ich Ihnen das begreiflich machen ?«
    »Ich bin dabei das geringste Problem«, versicherte ich. »Sie sollten sich lieber überlegen, wie Sie Kane, Dexter oder Pine überzeugen wollen .«
    »Wenn Sie die Wohnung auf den Kopf stellen wollen, tun Sie sich keinen Zwang an«, sagte sie verzweifelt. »Suchen Sie, wo Sie möchten !«
    »Sie würden das Geld natürlich nicht einfach irgendwo herumliegen lassen«, wandte ich ein. »So dumm würde niemand mit so einem Betrag umgehen. Da möchte ich schon eher auf ein Bankschließfach tippen .«
    »Ich habe das Geld niemals gesehen. Natürlich hat mich Dan immer in bar bezahlt, wenn er hier war. Und er hatte immer eine ziemlich dicke Brieftasche. Aber abgesehen davon habe ich kein Geld von ihm bekommen .«
    Ich leerte mein Glas, stellte es auf den Tisch und erhob mich.
    »Was werden Sie jetzt tun ?« fragte sie ängstlich.
    »Was kann ich schon machen, außer Kane und Pine von Ihrer Existenz in Kenntnis zu setzen ?« antwortete ich in bedauerndem Ton. »Es war nett, Sie kennengelernt zu haben, Lulu. Ich habe das unangenehme Gefühl, daß Sie nicht mehr ganz so hübsch aussehen werden, wenn diese Ganoven mit Ihnen fertig sind .«
    »Nein!« Sie sprang heftig auf. »Tun Sie das um Himmels willen nicht, Boyd! Ich schwöre Ihnen , ich habe das Geld nicht. Ich mache