Schwere Last mit leichten Mädchen
»Kane hat trotz aller Bemühungen Karlin nirgends aufstöbern können. Aber Karlins Leiche ist auch nicht gefunden worden !«
»Vielleicht hat niemand an der richtigen Stelle gesucht«, versetzte ich vorsichtig.
»Das ist ja der Gipfel !« , schnaubte er erzürnt.
»Wo haben Sie Morgans Leiche entdeckt ?« fragte ich.
»Das wissen Sie doch! In der gemieteten Strandhütte in Sublime Point.«
»Und Sie brachten in Erfahrung, um wen es sich handelte, ebenso wie Sie die Geschichte mit den beiden angeblichen Killern herausfanden«, sagte ich. »Sie gaben Ihre Untersuchungsergebnisse an die Staatsanwaltschaft von Los Angeles weiter, und damit war für Sie die Sache erledigt. Es war ein Gangstermord, ausgeführt von professionellen Killern mit geringen Chancen, die Täter jemals zu erwischen .«
»Sie reden ja wie ein Wasserfall«, warf Schell ein. »Aber ich kann Ihnen nur sagen, Boyd, daß ein Wasserfall einen lieblicheren Anblick bietet als Sie! «
»Nach Karlins Leiche haben Sie überhaupt nicht gesucht, weil Sie damals noch nicht einmal von seiner Existenz wußten«, fuhr ich fort. »Darauf konnte Charlie rechnen. Er rechnete mit der Tatsache, daß Sie keinen Grund haben würden, nach einer zweiten Leiche zu suchen, nachdem Sie bereits eine in der Strandhütte gefunden hatten .«
»Wieso betonen Sie dabei so besonders die Strandhütte ?«
»Diese Hütten sind auf Sand gebaut«, erläuterte ich, »und werden gestützt von Holzpfählen, nicht wahr ?«
»Was wollen Sie damit andeuten, Boyd ?«
»Lassen Sie den Fußboden von Morgans Strandhütte aufreißen«, sagte ich. »Und graben Sie in dem Sand darunter nach .«
»Sind Sie sicher, daß Ihnen nicht bloß Ihre blühende Phantasie einen Streich spielt ?« fragte er zweifelnd. »Ich werde ganz schön dumm dastehen, wenn wir nichts finden .«
»Es ist natürlich ein bloßer Verdacht«, erklärte ich. »Aber ich sehe eine gewisse Logik darin, so verrückt es auch klingen mag. Sie vergraben eine Leiche und lassen dann eine zweite Leiche ganz offen an der gleichen Stelle liegen. Niemand hat die geringste Veranlassung zu vermuten, daß unter diesem Toten noch ein anderer Toter verborgen ist .«
Es herrschte sekundenlang Schweigen, bis Schell wieder sprach. »Haben Sie eine Ahnung, was ich anstellen muß, um die Erlaubnis zu bekommen, den Boden der Strandhütte aufzureißen ?« fragte er verbittert. »Und was ich mir werde an den Kopf werfen lassen müssen, wenn ich gar keine Leiche finde?«
»Ich versuche nur meine Pflicht als Staatsbürger zu erfüllen, Captain«, sagte ich gleichmütig.
Er machte eine ausgesprochen unfreundliche Bemerkung und legte den Hörer auf.
Nun hatte ich noch einen Telefonanruf zu tätigen. Ich wählte die Nummer des Starlight -Hotels und ließ mich zu Kanes Bungalow durchstellen. Dexter meldete sich mit ebenso gereizter Stimme wie zuvor Schell. Aber er holte schließlich Kane an den Apparat.
»Es ist sehr spät«, erklärte Kane in dem üblichen gedämpften Ton. »Allmählich beginnen Sie lästig zu werden, Boyd. Vielleicht hätte ich Jim mit Ihnen doch freie Hand lassen sollen .«
»Halten Sie die Klappe !« versetzte ich scharf.
Ich hörte, wie er geräuschvoll den Atem einzog, und erfreute mich innerlich bei dem Gedanken, daß sicher lange niemand mehr auf diese Art mit ihm gesprochen haben mochte.
»Wenn Sonny Karlin das Geld genommen und sich damit abgesetzt hätte, wäre er von Ihnen aufgespürt worden«, stellte ich fest.
»Aber ich habe ihn nicht aufgespürt«, erwiderte er eisig. »Das haben wir doch bereits durchgekaut, Boyd .«
»Es ist Ihnen nicht möglich gewesen, weil er meiner Ansicht nach tot ist«, erklärte ich. »In dem Brief, den Morgan an seine Frau geschrieben hat, heißt ein Satz >Die Sonne ist hier wirklich lulu <. Erinnern Sie sich? Die Sonne war, wie wir angenommen haben, Sonny Karlin . Lulu ist der Name einer Hure, mit der Morgan bis zu seiner Ermordung fast jede Nacht verbracht hat .«
»Ist das wahr ?«
»Verraten Sie mir eins«, sagte ich.
»Warum sollte ich ?«
»Weil ich Ihnen dann erzähle, wo Sie Lulu finden können«, entgegnete ich. »Es ist möglich, daß ihr Morgan das Geld zur Verwahrung gegeben hat. Und als sie dann von seiner Ermordung erfuhr, hat sie es einfach behalten .«
»Also gut, Boyd«, sagte er langsam. »Was wollen Sie wissen ?«
»Als Morgan diesen Brief an seine Frau schrieb, war er der Meinung, bereits davongekommen zu sein«, erklärte ich. »Er haßte Ellie , nannte
Weitere Kostenlose Bücher