Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
Verwendung für mich.«
Baker zog eine Schublade auf. »Schau dir das an.« Er hielt ein Blatt Papier mit einem krenelierten Rand hoch, der verriet, dass es aus einem Spiralnotizbuch gerissen worden war.
Strophen in schwarzer Tinte füllten die Seite. In Druckschrift, aber die Großbuchstaben waren mit Schnörkeln versehen.
Thought my songs would carry me far
Thought I’d float on my guitar
But the Man says you’re no good for us
Might as well catch that Greyhound Bus
Refrain:
Music City Breakdown,
It’s a Music City Breakdown
Just a Music City Shakedown,
A real Music City Takedown
Thought they cared about Mournful Hank
Thought I’d come and break the bank
Then they made me walk the plank
Now I’m here all dark and dank
(Refrain)
»Von wegen kreativer Schub«, sagte Baker. »Das hier ist ziemlich unreif.«
Der große Mann nahm das Blatt, und überflog es. »Vielleicht ist es ein Entwurf.«
Baker antwortete nicht.
Lamar sagte: »Der Typ hat wohl nicht damit gerechnet, dass ihm die Kehle durchgeschnitten wird und wir hier seinen Scheiß ausgraben.« Er knallte das Blatt auf den Nachttisch.
»Wir sollten es mitnehmen«, sagte Baker.
»Dann nimm es mit.«
»Da ist aber jemand missmutig.«
»Hey«, sagte Lamar, »ich habe nur Mitgefühl mit dem Typ. Er überwindet seine Angst, schafft es, auf eigene Kosten hierherzufliegen, nur um Gutes zu tun, und endet schließlich so, wie wir ihn eben gesehen haben. Das ist ein mieser Deal, egal wie du es wendest, El Bee.«
»Das will ich nicht leugnen.« Baker steckte das Blatt in eine Beweismitteltüte. Die beiden fuhren damit fort, die Suite zu durchsuchen. Sie nahmen sich jeden Quadratzentimeter vor, ohne etwas Interessantes zu finden, abgesehen von einer Notiz auf einem kleinen Block, die Delawares Geschichte zu bestätigen schien: BBQ Jacks B’Way zw 4 & 5 AD anrufen oder solo?
Die Notiz war in einer völlig anderen Handschrift geschrieben als der Songtext.
»Die Notiz muss von Jack geschrieben worden sein«, sagte Baker. »Wo also kommt der Text her?«
»Vielleicht hatte er Besuch«, sagte Lamar. »Du weißt schon, irgendein Möchtegern, der sich als Zimmerservice ausgab, um ihm dann seine schlechte Lyrik zu präsentieren.«
»Warum hat Jack es dann nicht weggeworfen?«
»Vielleicht fiel dem Typ nichts mehr ein«, sagte Lamar, »und er suchte nach Inspiration.«
Baker starrte ihn an. »Er muss verzweifelt gewesen sein, wenn er sich an solchen Sachen bedient hat.«
»Nun ja, er hatte lange keinen Hit mehr.«
»Das ist dünn, Stretch.«
»Zugegeben, El Bee, aber das ist alles, was mir dazu einfällt. Jedenfalls schauen wir mal, ob wir Fingerabdrücke davon nehmen können, die wir bei AFIS durchlaufen lassen.«
Baker bewegte die Tüte hin und her. »Wir müssen die Jungs von der Spurensicherung herholen und in dem ganzen Schweinestall Abdrücke nehmen lassen. Ich mache die Fotos, und dann können wir die Akte anlegen.«
Lamar hielt sich im Hintergrund, während Baker herumging und Polaroids schoss. Beide waren sorgfältig darauf bedacht, keine Oberflächen zu berühren, von denen man leicht Fingerabdrücke nehmen konnte.
»Willst du morgen früh Melinda Raven anrufen?«, fragte
Baker. »Um herauszufinden, ob Owen ihr Sohn ist, und sie zu fragen, wie sein Verhältnis zu seinem Daddy aussah?«
»Das kann ich machen. Andererseits könnten wir auch in die Bibliothek gehen und alte Ausgaben von People durchlesen. Warum sollen wir unser Ass so früh ausspielen?«
Baker nickte und machte weiter mit dem Fotografieren. Als er fertig war, verstaute er seine Kamera und ging zur Tür. Lamar, der immer noch seine Handschuhe anhatte, zögerte kurz und legte Jeffries’ Gitarre dann aufs Bett, bevor er die Tür schloss.
5
Baker setzte Lamar um neun Uhr vor seinem Haus ab. Sie hatten einen kurzen Zwischenstopp am Labor eingelegt, um eine Überprüfung der Fingerabdrücke auf dem Notizpapier vorzunehmen. Das AFIS-System war zusammengebrochen, also vielleicht später.
»Ich mache jetzt erst mal zwei Stunden die Augen zu«, sagte Lamar. »Einverstanden?«
»Mehr als einverstanden.« Baker fuhr los.
Sue Van Gundy war auf, saß am Tisch in der Essecke, aß ihre Special-K-Cornflakes mit Bananenscheiben und trank dazu einen koffeinfreien Kaffee. Hatte vor, wie gewöhnlich, in zwanzig Minuten aufzubrechen, um rechtzeitig zu Beginn ihrer Schicht von elf bis neunzehn Uhr im Krankenhaus zu sein.
Sie strahlte, als sie ihren Mann sah, stand auf, schlang die
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