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Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band

Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band

Titel: Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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wir zu schätzen«, erwiderte Baker und hielt ihm die offene Hand hin.
    »Worüber Jack sprechen wollte, war seine Familie«, sagte Delaware. »Das überraschte sogar mich, weil Jack immer ein äußerst konzentrierter und zielorientierter Patient gewesen war. Ich bin mir sicher, dass die Belastung des bevorstehenden Fluges eine Fülle unangenehmer Erinnerungen freisetzte. Er begann mit einer brutalen Erziehung. Ein abusiver Vater, eine nachlässige Mutter, beide Ärzte - nach außen respektabel, aber schwere Alkoholiker, die seine Kindheit zu einem Alptraum machten. Er war das einzige Kind, kriegte das meiste ab. Seine Erinnerungen waren derart traumatisch, dass er in seinen Zwanzigern ernsthaft in Erwägung gezogen hatte, sich sterilisieren zu lassen, dann aber die Sache nicht durchzog, weil er zu faul und zu bekifft war und nicht wollte, ›dass da unten jemand rumschnitt, bevor ich genug Spaß hatte‹. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das der Grund war. Ich glaube, ein Teil von ihm sehnte sich nach dieser Vater-Kind-Beziehung. Weil er äußerst missmutig wurde, als er davon sprach, keine eigene Familie zu haben. Dann erwähnte er etwas, was er getan hatte, und musste lächeln: Er hatte ein Kind mit einer Schauspielerin gezeugt, die Lesbierin war und sich für ihn entschieden hatte, weil sie seine Musik bewunderte.«
    »Melinda Raven«, sagte Lamar.
    »Dann wissen Sie es schon.«
    »Das ist alles, was wir wissen. Ihren Namen.«
    »Die Geschichte, die sie in den Medien bekanntgab, lautete Samenspende«, sagte Delaware. »Die Wahrheit ist, dass sie und Jack Geschlechtsverkehr hatten. Mehrere Male, bis
sie schwanger wurde. Sie bekam einen Jungen. Jack spielte keine Rolle in seinem Leben.«
    »Warum nicht?«
    »Er behauptete, aus Angst«, antwortete Delaware. »Davor, dass er den Jungen versaute. Ich weiß, dass Jacks Image darin bestand, ein Enfant terrible des Rock’n’ Roll zu sein, jemand, der vor nichts und niemandem Angst hatte. Und er hatte in seiner Frühzeit einige unglaublich riskante Sachen gemacht, allerdings unter Drogeneinfluss. Im Grunde seines Herzens war er ein höchst ängstlicher Mensch. Beherrscht von Angst. Als er Owen erwähnte, wirkte er stolz. Aber als er davon sprach, dass Owen nicht zu seinem Leben gehörte, brach er zusammen. Dann begann er einen langen Sermon über all die anderen Kinder, die er vielleicht in die Welt gesetzt hatte. All diese Groupies, One-Night-Stands, Jahrzehnte wahlloser Promiskuität. Er machte einen Scherz darüber. ›Ich bin Junggeselle, das heißt ohne Kinder. Die der Rede wert wären.‹ Dann brach er wieder zusammen. Dachte daran, was hätte sein können. Stellte sich vor, wie er am Ende seines Lebens alt und allein wäre.«
    »Bei dem Geld, das er hatte«, sagte Lamar, »falls er da Kinder gezeugt hätte, sollte man doch annehmen, dass wenigstens ein paar der Frauen Vaterschaftsklagen gegen ihn eingereicht hätten.«
    »Genau das habe ich ihm auch gesagt. Er meinte, ein paar hätten es versucht, aber sie hätten sich alle als Lügnerinnen entpuppt. Was ihn beschäftigte, waren die ehrlichen Frauen, die zu nett waren, um ihn auszubeuten. Oder Frauen, die es einfach nicht wussten. Seine Formulierung lautete: ›Ich habe Samen auf die Erde regnen lassen, und irgendwo musste er ja sprießen.‹«
    »Warum sollten Frauen es nicht wissen?«
    Delaware fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Auf dem Höhepunkt von Jacks Karriere hat er viel Zeit in einer
Art Nebel verbracht, der Gruppensex und Orgien einschloss, so ungefähr alles, was man sich nur vorstellen kann.«
    »Er hat ordentlich die Post abgehen lassen, und jetzt macht er sich Sorgen um Nachkommen, von denen er nichts weiß?«, fragte Baker.
    »Er war ein alter Mann«, sagte der Psychologe. »Wenn man sich seiner Sterblichkeit bewusst wird, kann das dazu führen, dass man sich nach innen wendet.«
    Die gleiche Formulierung hatte Sheralyn bei Tristan verwendet.
    Vater und Sohn …
    »Ich will damit sagen«, erläuterte Delaware, »dass das Thema Familie - keine Familie zu haben - Jack beschäftigte, als der Ausflug näher rückte. Und etwas anderes, was er zu mir sagte - etwas, das ich wirklich damals nicht richtig einschätzen konnte -, bringt mich zu der Frage, ob es bei dem Ausflug in Wirklichkeit nicht sogar um Familie ging .«
    Lamar verbarg sein Interesse. »Die Geschichte lautete, er würde wegen des Benefizkonzerts im Songbird hierherkommen.«
    »Ja, das stimmt, aber Sie kennen doch Typen wie

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