Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
Williman.
»Kein weiteres Wort«, sagte Barnes. »Sie war schwanger.«
»Warm …«
»Sie hatte eine Abtreibung machen lassen.«
»Nein …«
»Willie, du bist auf ihre Geschlechtsorgane fixiert«, sagte Amanda.
»Weil jeder auf seine jeweiligen Geschlechtsorgane fixiert ist.«
»In diesem Fall«, sagte Williman, »hat Detective Barnes den Nagel auf den Kopf getroffen. Davida Grayson hatte Gonorrhö.«
Schweigen senkte sich über den Tisch. Der Pathologe fuhr
fort: »Ich will nicht sagen, dass es unmöglich ist, die Krankheit unter Frauen zu übertragen, aber es ist erheblich wahrscheinlicher, dass sie durch heterosexuellen Geschlechtsverkehr übertragen wird.«
»Wusste sie es?«, fragte Amanda.
»Es gab keine äußerlichen Symptome«, sagte Williman. »Besonders bei Frauen kann das der Fall sein. Das verschlimmert die Angelegenheit, weil es zu organischen Schäden gekommen sein kann, wenn man es schließlich bemerkt.«
»Haben Sie vielleicht Sperma gefunden?«, fragte Barnes. »Irgendwas, das wir für zur Ermittlung der DNS ins Labor schicken können?«
»Kein Sperma, nur Bakterien«, erwiderte der Pathologe. »Und man musste ein Adlerauge haben, um sie in dem Abstrich zu entdecken.« Er massierte sich die Fingerknöchel. »Deshalb lasse ich Sie die Rechnung bezahlen, damit Sie Ihre Dankbarkeit beweisen können.«
11
Der Stadtrat von Berkeley tagte in dem alten Schulbezirksgebäude - ein imposanter zweigeschossiger Bau im neoklassischen Stil, geschmückt mit korinthischen Säulen und gekrönt von einer Kuppel mit einer Spitze, die Barnes an einen altmodischen preußischen Armeehelm erinnerte. Es stand unmittelbar neben dem Polizeipräsidium, und die Gegenüberstellung von neuerem Art déco und älterem Beaux Arts bedeutete einen weiteren stilistischen Zusammenprall.
Um Viertel vor acht war das Auditorium bis auf den letzten Platz besetzt, und der Überschuss verteilte sich auf zwei zusätzliche Räume, die mit Videomonitoren ausgestattet worden waren.
Nachdem sie die Liste mit den Probefragen durchgegangen war, fühlte Amanda sich gut vorbereitet. Barnes andererseits war nervös. Intellektuelle machten ihm Angst, und in Berkeley hielt sich jeder für einen Intellektuellen. Benutzte große Worte, wenn einfache ihre Sache ganz prima machten, hörte sich schrecklich gern reden und kam vom Hundertsten ins Tausendste, ohne auch nur ein wirkliches Argument beizubringen.
Aber vielleicht war das die Idee: so vage zu bleiben, dass die Debatte kein Ende nahm.
Barnes hatte nicht viel mit seinen Mitbürgern zu tun. Morde in Berkeley standen normalerweise im Zusammenhang mit Drogengeschäften, und die Übeltäter kamen aus Oakland herüber - der wirklichen Stadt von Alameda County. Zu seinem Glück war Amanda ein großartiges Sprachrohr und würde weitgehend das Reden übernehmen.
Die beiden saßen hinter der Bühne in einem Zimmer, das nicht viel größer als ein Wandschrank war, und warteten auf das Stichwort für ihren Auftritt. Der Stadtrat redete über Sicherheitsfragen und versuchte ein nervöses, murrendes Publikum zu beruhigen. Man nahm tiefschürfend Stellung zu Themen wie Wachsamkeit, Vorsicht und dem Bedürfnis nach einer »ergänzenden Polizeipräsenz« - was dem Murren eine ganz neue Note verlieh.
Dieser Teil der Sitzung war mit dreißig Minuten veranschlagt worden, hatte aber bereits eine Stunde in Anspruch genommen. Das war nicht unbedingt die Schuld des Stadtrats - obwohl jedes einzelne Mitglied Volksreden halten konnte wie Castro. Heute Abend waren es die Zuhörer, die immer wieder mit gezielten Fragen dazwischenfuhren. Grauhaarige Männer mit Pferdeschwänzen und Frauen mit wehenden Kleidern, die ein Make-up aufgelegt hatten, das gar nicht nach Make-up aussah. Worte wie »Verantwortlichkeit«, und »personalisierte Sicherheit« und »Wachsamkeit
nach Guantanamo-Art« machten die Runde. »Notwendiges Übel« ebenfalls, das mit Zitaten von Che Guevara und Frantz Fanon gekontert wurde.
Amanda beendete ihr Kreuzworträtsel und legte die Zeitung hin. Sie beugte sich vor und flüsterte: »Irgendwann müssen wir unsere Notizen vergleichen. Jedes Mal, wenn ich dich etwas fragen will, ist noch jemand im Zimmer.«
»Irgendwas Besonderes?«, fragte Barnes ebenfalls flüsternd.
»Zunächst mal, wer hat dir gesagt, dass Davida lange allein arbeitet?«
»Ihre Mutter hat sich beklagt, dass sie zu hart und zu lange arbeitet.«
»Das könnte nur das übliche Gerede einer Mutter sein.«
»Minette
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