Schwere Wetter
manipulieren.
Deshalb sind die Chinesen an Systemen wie den von ›global data framework‹ und
›securus consulting‹ entwickelten interessiert. Und der Stand der Entwicklungen
interessierte auch die Amerikaner. So haben sie Dustin McCormick, einen CIA -Kollegen von Ihnen, geschickt, der herausfinden
sollte, was die Chinesen schon wissen.«
»Wir sind uns beim
Bundesnachrichtendienst sicher, dass für Peking Forschungsergebnisse, wie sie
Prof. Eglschwiler im Ansatz betreibt, fast noch wichtiger sind.«
»Wie reagiert das
Volk auf die IT -Bevormundung? Wir alle wissen,
wie man in China sogenannte Dissidenten behandelt. Das berühmteste Beispiel ist
sicher Ai Weiwei. Und da man weder in China noch anderswo eine, wenn auch
kleine Revolution im Labor ausprobieren kann, wollte man an Eglschwilers
Ergebnisse herankommen. So einfach war das«, untertrieb Lüder.
»Wir waren
skeptisch, da bei Wu Zang Tian nach außen alles so makellos wirkte, zu sauber«,
erklärte Tödter. »Deshalb wurde er standardmäßig einer Sicherheitsprüfung
unterzogen. Es gab keine Beweise, dass er als sogenannter Schläfer
eingeschleust worden war. Die westlichen Geheimdienste gehen davon aus, dass
rund um den Erdball mehrere zehntausend hervorragend geschulte Agenten des
chinesischen Geheimdienstes eingesetzt sind, die einer unverdächtigen Tätigkeit
als Tellerwäscher, Journalist oder Kaufmann nachgehen und auf ihren Einsatz
warten. In China hat der Geheimdienst übrigens die gleichen Rechte wie die
Polizei.«
»Das ist bei uns
glücklicherweise anders«, sagte Lüder. »Welche Verbindung hatte Wu Zang Tian
nach Zhengzhou in der Provinz Henan, dort, wo sich die chinesische
Niederlassung von ›global data framework‹ befindet?«, wollte Lüder wissen.
»Keine«,
antwortete Jens Tödter.
Sie waren vor der
Praxis Dr. Wus angekommen. Trotz des Protests der energischen Frau an der
Rezeption gingen sie direkt in das Behandlungszimmer des Heilpraktikers.
Dr. Wu saß hinter
seinem Schreibtisch. Mit versteinerter Miene sah er den beiden Männern
entgegen. Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht.
»Sie wissen es
bereits«, sagte Lüder anstatt einer Begrüßung. »Ihr Sohn ist tot.«
Dr. Wu verzog
keine Miene.
»Wir wissen
alles.« Lüder stellte in Kurzform seine Theorie vor.
»Hat Tian Ihnen
das erzählt?«, fragte Dr. Wu.
Lüder tat ihm
nicht den Gefallen, diese Frage zu beantworten. Mochte der alte Mann ruhig vom
Zweifel geplagt werden, dass sein Sohn das Gesicht verloren und Verrat begangen
hatte.
»Warum mussten
McCormick und Marc Wullenweber sterben?«, fragte Lüder direkt.
»Die haben
miteinander gesprochen. Wullenweber hat seine ›Idee‹ gegenüber Waldow und Tian
offenbart.«
Lüder war über die
Offenheit Dr. Wus erstaunt. Er hatte nicht erwartet, eine Antwort zu erhalten.
»Es war Ihre Idee,
McCormick auf diese Weise zu ermorden und den Verdacht der deutschen Ermittlungsbehörden
auf die Araber zu lenken.« Es war eine Feststellung, die Dr. Wu durch ein
leises Lächeln bestätigte. »Sie sind nicht nur ein mit der chinesischen Medizin
vertrauter Arzt, sondern verfügen auch über Kenntnisse der westlichen Medizin.
Daher haben Sie McCormick mit Propofol sediert, bevor er mittels Waterboarding
ermordet wurde.«
»Wir sind keine
Barbaren. Der Amerikaner musste sterben. Aber warum sollte er leiden? Es gab
keinen Grund, ihn zu quälen.«
Für Lüder waren
damit auch die letzten Fragen beantwortet. Vater und Sohn Wu hatten für ihr
Vaterland gehandelt und dabei auch Mord in Kauf genommen. Während Wu Zang Tian
sich in die moderne IT -Technologie eingearbeitet
hatte, war der alte Wu hinter der Maske des Heilpraktikers als Stratege im
Hintergrund der Kopf des Unternehmens.
Hinter Lüder und
Jens Tödter wurde die Tür aufgerissen. Wutschnaubend erschien die Mitarbeiterin
des Heilpraktikers.
»So geht das
nicht, Herr Doktor«, fauchte sie. »Frau Schifferknecht wartet schon über eine
Stunde. Sie hat noch eine andere Verabredung. Soll ich ihr einen neuen Termin
geben?«
»Ja«, antwortete
Lüder anstelle Dr. Wus.
Die Frau sah den
Heilpraktiker an.
»Ja. Wann denn?«
»In drei Jahren«,
erwiderte Lüder. »So lange benötigt der Nachfolger, um sich einzuarbeiten.«
Dichtung und Wahrheit
Wann ist ein Buch
»fertig«? Wenn der Autor den Punkt hinter dem letzten Satz gesetzt hat? Oder
wenn es beim Lesen in der Hand liegt, aufgeschlagen wird und der Leser
genüsslich die ersten Worte liest?
Von der ersten
Idee bis zur
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