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Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Schweißgeruch davon aus. Alex kam allmählich in Stimmung. Die Situation hatte ihren Reiz. Es hatte ihm schon immer Spaß gemacht, auf Gedeih und Verderb den Geräten anderer ausgeliefert zu sein.
    Mit einem Einfallsreichtum, der ihn selbst überraschte, krempelte er sich die Hosenbeine des Papieranzugs bis zum Knie hoch und stopfte die provisorischen Sandalen in die bauschigen Papieraufschläge. Dann setzte er sich breitbeinig und mit bloßen Füßen auf den Sitz. Wenn man die Steigbügel und die Stützen ein wenig anpaßte, war der Sitz gar nicht so schlecht. »Wo ist der Sauerstoff?«
    Sie beharrten darauf, daß er keinen Sauerstoff brauchen würde, doch Alex widersprach mit solch unerschütterlicher, dickköpfiger Hartnäckigkeit, daß sie schließlich nachgaben.
    Rick besprach sich über Gürteltelefon mit Bussard, bis er den verstaubten Sauerstoffbehälter ausfindig gemacht hatte.
    Dann mußte die Atemmaske sterilisiert werden - reine Routine, versicherte ihm Peter, sie sterilisierten einfach alles, was mit Streptobazillen, Grippe- oder Tuberkuloseviren infiziert sein könnte… Schließlich wurde der chromgelbe Behälter ordentlich hinter dem Pilotensitz festgeschnallt, Alex bekam den Ziehharmonikaschlauch über die rechte Schulter gelegt, und das elastische Trageband der Maske wurde an seinem Hals befestigt.
    Dann rollte man ihn, sicher in seinem Flugzeug verankert, aus dem Papierhangar hinaus. Das Flugzeug rumpelte auf seinem leichten Hohlfiber-Fahrgestell mühelos dahin. Nach achtzig Metern richteten die beiden Trouper die Nase des Ultralight in den Westwind.
    Als Rick den Helm einschaltete, erschien am unteren Rand des Visiers ein unverständliches Pull-down-Menü virtueller Instrumentenanzeigen. Alex probierte ein bißchen mit dem Trackball und dem Click-Button herum. Das System schien zu funktionieren.
    Angezogen von dem Wirbel, den sie machten, ließen sich fünf weitere Trouper blicken. Es handelte sich um drei Männer, eine Frau und, worüber Alex sich wunderte, einen Halbwüchsigen. Der Junge schleppte ein hundert Meter langes Zugseil zum Ultralight, dessen Ende am Bug des Flugzeuges eingeklinkt wurde. Zwei Männer verkeilten ein zehn Meter langes Zweibein aus Bambus unter dem Flugzeugbug.
    Bussard schaute in der Ferne aus seiner Jurte hervor und zog das Schleppseil mit der Winsch straff, bis das Seil vor Spannung summte.
    »Alles klar, Alex?« schrie Rick in Alex' Helm.
    »Alles klar.« Alex nickte. »Fangen wir an.«
    »Entspann dich einfach, es wird toll werden! Es wird dir gefallen!«
    Alex klappte das Visier hoch und blickte Rick an. »Mann, hör endlich auf mit dem Gequatsche. Ich bin bereit, okay? Ihr habt mich angeschnallt, ich hab meinen Sauerstoff. Startet das Scheißding endlich.«
    Rick machte ein langes Gesicht und trat zurück. Er entfernte sich aus der Reichweite der Tragflächen, dann nahm er das Gürteltelefon in die Hand und blaffte etwas hinein.
    Ein Ruck ging durch das Seil, das Zweibein bohrte sich in den Kreideboden, und das Flugzeug wurde himmelwärts katapultiert.
    Die Trommel wickelte das Seil mit wilder, singender Heftigkeit auf, und Alex kam sich vor wie auf einer Achterbahn, so steil ging es empor. Das Seil klinkte sich aus und fiel zu Boden, dann sprang der Motor an.
    Das Flugzeug schwenkte herum, um dem Führungsseil an einem der größeren Masten auszuweichen. Dann gewann es, im Uhrzeigersinn kreisend, stetig an Höhe.
    »Wie läuft's, Alex?« erkundigte sich Peter über Kopfhörer.
    »Alles okay, schätze ich«, antwortete Alex. Unter sich sah er die Prärie, den schwarzen Streifen des Highways, ein paar kümmerliche Zedern bei der Mündung eines schmalen Tals. Die papierenen Anzugärmel flatterten im Wind wie billige Spielzeugfähnchen. Die metallenen Steigbügel schnitten in Alex' nackte Fußsohlen.
    Alex warf sich mutwillig auf dem Sitz hin und her. Die Flügelspitzen des Ultralight reagierten entsprechend, wie die Enden einer Schaukel, richteten sich mit Unterstützung der Chip-Steuerung jedoch gleich wieder auf. Der Erdboden wich stetig zurück.
    Alex war ein Spielball in den Händen eines unsichtbaren Riesen. Er ruhte in einem Liegestuhl am Geländer eines zwölfstöckigen Gebäudes. Wenn er wollte, konnte er die Gurte lösen, auf einen der Bügel treten, sich vorbeugen und so leicht und mühelos wie ein Meteor zur Erde niederstürzen. Der Tod war nah. Der Tod war nah...
    Alex klappte das Visier hoch und fühlte, wie ihm der trockene Wind den Schweiß von den

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