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Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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noch wach ist.«
    Alex umkreiste langsam die Herde. Weitere Zweifüßer tauchten auf, diesmal an der anderen Straßenseite.
    »Greg meint, du sollst eine Leuchtfackel abwerfen und die Situation auskundschaften«, meldete Rick.
    »Ist gut«, meinte Alex.
    Er zog eine Leuchtfackel aus der Plastikhalterung an der rechten Verstrebung. Die Fackeln waren alt, verstaubt und mit kyrillischen Zeichen bedeckt. Er glaubte nicht, daß sie gut funktionieren würden, aber wenigstens waren sie problemlos einzusetzen.
    Er riß die Spitze ab. Die Fackel ploppte, begann zu qualmen, dann wurde es blendend hell. Alex ließ die Fackel überrascht fallen.
    Die Fackel beschrieb eine ordentliche Parabel, landete neben der Ziegenherde, die sogleich in Panik geriet, auf dem Highway und sprang mehrmals hoch. Die Ziegen kamen allerdings nicht weit; sie hatten alle Fußfesseln.
    Vom Straßenrand ertönte mehrfaches scharfes Knallen. Alex blinzelte, bemerkte mehrere Männer mit großen Hüten und schäbiger, fransenverzierter Kleidung.
    »Rick«, sagte er, »die schießen auf mich.«
    »Was?«
    »Die haben Gewehre, Mann, die schießen auf mich.«
    »Mach, daß du wegkommst!«
    »Ist gut«, murmelte Alex. Er bemühte sich, an Höhe zu gewinnen. Der Ultralight reagierte mit der schwerfälligen Behäbigkeit eines Sofas, das eine Treppe hochgeschleppt wird. Geblendet vom hellen Schein der Fackel konnten ihn die Fremden bestimmt nicht gut sehen. Das Schießen klang abgehackt, und sie benutzten altmodische, laute Explosivgeschosse. Wenn sie nur lange genug schössen, würde das keinen Unterschied machen.
    Auf einmal war Alex fest davon überzeugt, daß er getroffen werden würde. Der Tod war nah. Er verspürte ein so intensives Entsetzen, als wäre er tatsächlich getroffen worden. Die Kugel würde ihn unmittelbar über dem Hüftknochen treffen und einen grellroten, brennenden Katheter durch seine Eingeweide ziehen, und er würde blutend und kotzend in den Gurten sterben. Er würde im festen Griff einer smarten Maschine mitten in der Luft verbluten. Die Truppe würde den Flieger landen lassen, und man würde ihn angeschnallt auf dem Sitz vorfinden, kalt und grau und blutig und tot.
    Jetzt, wo er der irrationalen Überzeugung war, daß sein Leben zu Ende ging, empfand Alex auf einmal eine so furchtbare Genugtuung, daß es ihn ganz benommen machte. Von bewaffneten Banditen erschossen. Das war erheblich besser als die Todesarten, die er sich immer vorgestellt hatte. Er würde sterben wie ein normaler Mensch, als hätte sein Leben irgend etwas bedeutet und als hätte es zum Sterben eine wirkliche Alternative gegeben. Er würde sterben wie ein Trouper, und alle, die von seinem Tod erfuhren, würden bestimmt meinen, er sei vorsätzlich so gestorben. Als wäre er für ihre Arbeit gestorben.
    Einen wahnsinnigen Moment lang glaubte Alex tatsächlich an die Arbeit, aus ganzem Herzen. Alles in seinem Leben hatte auf diesen Moment zugesteuert. Und nun würde er sterben, und das Schicksal hatte es so bestimmt, und alles hatte von Anfang an so sein sollen.
    Die Männer mit den Gewehren verfehlten ihn jedoch. Und nach einer Weile hörte das Schießen auf. Und dann rannte ein Mann in zerlumpten Kleidern gebückt auf die brennende Fackel zu und trat sie aus.
    Alex wurde bewußt, daß Rick ihm schon seit einer ganzen Weile in die Ohren krächzte.
    »Alles okay!« sagte Alex. »Tut mir leid.«
    »Wo steckst du?«
    »Hmmmm… zwischen den Banditen und dem Konvoi. Ziemlich hoch. Ich glaube, die bringen die Herde jetzt von der Straße. Schwer zu sagen…«
    »Du bist nicht verletzt? Was ist mit dem Flieger?«
    Alex blickte sich um. Vom Ultralight war so gut wie nichts zu sehen. Er zog die Taschenlampe aus der Halterung und schwenkte den Strahl über die Flügel, den Bug, das Propellergehäuse.
    »Nichts«, sagte er und steckte die Lampe wieder weg. »Keinerlei Schäden, die haben mich um zehn Kilometer verfehlt, die wußten gar nicht, wo ich war.« Alex lachte schrill, hustete und räusperte sich. »Verdammt noch mal, das war Klasse!«
    »Wir drehen jetzt um, Mann. Es gibt da noch eine andere Route… komm zurück zum Konvoi.«
    »Soll ich nicht noch eine Fackel abwerfen?«
    »Shit, Mann, bloß nicht! Bleib bloß weg von diesen Arschlöchern.«
    Auf einmal wurde Alex von wilder Wut gepackt. »Die Typen bringen's einfach nicht, Mann! Die sind verrückt, ein Scheißdreck! Wir sollten sie in den Arsch treten!«
    »Alex, beruhig dich, Mann. Das ist Aufgabe der Ranger. Wir jagen

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