Schwert des Aufruhrs
Nähe.
»Die Ehre war mein«, erklärte sie leise und respektvoll.
Toranaga ließ sich nicht darauf ein. Sein von tiefen Falten zu einem permanent zornigen Ausdruck geformtes Gesicht verzog sich zu einer Maske tiefster Verachtung. »Du hältst das für so einfach?«, fragte er. Obwohl er nicht größer war als sie, strahlte der Kriegsherr eine riesenhafte Präsenz aus. Seine Gegenwart überwältigte und überschattete. »Deine Ehre wird immer - immer - zweifelhaft bleiben, Sakamato Yori-san.« Dass er sich weigerte, den Namen zu benutzen, den zu tragen ihr erst vor Kurzem zugestanden worden war, bedeutete einen Schlag ins Gesicht. »Deine Leistungen an der Sun-Zhang-Akademie haben die Schande deines Großvaters nicht ausgelöscht. Die Gnade und unfassbare Geduld, die ich dir gegenüber gezeigt habe, gleichen sie nicht aus. Das werden sie niemals tun. Wakarimas?«
Obwohl er nur leise sprach, peitschten seine Worte wie eine Geißel auf Yori ein und rissen tiefe Wun-
den, Sie senkte den Blick auf das rutschfeste Deck. »Hai, tonoe.«
»Weggetreten«, sagte der Tai-shu abrupt.
Ja, das hatte er sie damit wohl, dachte Yori.
Als Devlin Stone die Republik gründete, gab er der Exekutive und der Legislative gleiches Gewicht und stattete beide mit dem Recht aus, über sich zu Gericht zu sitzen. Hat er geglaubt, es würde nie der Fall eintreten, dass zwischen den beiden Regierungszweigen eine gerichtliche Intervention notwendig wird? Blake! Was für ein Schlamassel!
- Kommentar von J acquie B litzer , //battlecorps.org/blitzer, 12. März 3135
Terra
Präfektur X, Republik der Sphäre
14. März 3135
Tara Campbell trat unbeholfen in die prächtige Vorhalle der Kathedrale der Republik in Paris. Sie trug eine zerknitterte Uniform und hatte einen kleinen Seesack über die Schulter geschwungen. Falls es möglich war, dass ein Soldat sich noch offensichtlicher fehl am Platze fand als hier, hatte sie jedenfalls kein Bedürfnis, es herauszufinden.
Hohe bemalte Kuppeln ragten über ihr auf, die eine strahlende Sonne im Kampf mit dunklen Gewitterwolken zeigten, alles getragen von Strebebögen, verziert mit reichen Holzschnitzereien und Gold. Die Wandtäfelung war aus reich gemasertem, rötlich schwarz gefärbtem Mahagoni, so glatt poliert und dick lackiert, dass das Spiegelbild des Betrachters tief im Innern des Holzes gefangen wirkte, eine andere Seele, die einen aus den Tiefen anstarrte, in denen die Kathedrale das Jenseits berührte.
Die Böden bestanden aus rosa Marmor mit blauen und grauen Adern. Ihre Stiefelabsätze knallten herrisch auf dem prachtvollen Stein, ein harter, fordernder Klang, der gar nicht in diese Umgebung passte. Automatisch versuchte sie es mit schlurfenden Schritten, die noch unbeholfener wirkten. Mehrere Augenpaare schauten sich zu ihr um. Ihre zögernden Schritte kennzeichneten sie unüberhörbar als Eindringling an diesem dunklen Morgen, zu einer Zeit, in der sich normalerweise nur die frommen Helfer der Kathedrale hier aufhielten.
Akoluthen schauten aus einer Nische aus poliertem Stein herüber. Sie bewachten mehrere empfindliche Ausstellungsstücke aus Ton und Buntglas.
Eine katholische Priesterin in schwarzer Robe unterbrach das leise Gespräch mit einem kahlrasierten buddhistischen Mönch. Beide starrten herüber.
Schweres Publikum, entschied Tara.
Doch zumindest die Atmosphäre schien warm und gemütlich. Der Geruch von Kerzenwachs und Holzpolitur lag in der Luft, mit einem leichten Weihrauchakzent. Nicht stark genug, als dass sie es hätte benennen können, so ähnlich wie die besten Parfüms ihre Gegenwart nur erahnen ließen.
»Countess Northwind?«
Der Mönch kam herüber. Seine Sandalen glitten leise über den glatten Marmor. Die orangefarbene Robe bot einen deutlichen Kontrast zu den dunklen Farben der Kathedrale, doch irgendwie biss sich nichts. Er ging neben einem der Teppichläufer entlang, als sei ihm dessen Luxus nicht gestattet, und näherte sich mit entspannter Leichtigkeit.
Tara nickte. Der Mann lächelte. Wie hatte sie diesen Raum als abweisend betrachten können? Unter dem beseligenden Blick des Mönches verschwanden alle Sorgen.
»Ihr Gefährte wartet in der Totenhalle. Dort liegt unser Paladin aufgebahrt. Darf ich Ihnen den Weg zeigen?«
Wieder nickte Tara. »Das wäre sehr freundlich.«
Ihr Weg führte sie aus der Eingangshalle dann aber vorbei an den hohen Torbögen, die ins Hauptschiff der Kathedrale führten und stattdessen zu einer kleinen Tür neben einem
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