Schwert und Laute
Priester zu heiraten. Ging aus dieser Verbindung ein Kind hervor, dann wurde es nicht als illegitim betrachtet, und der Vater war verpflichtet, für seinen Unterhalt zu sorgen. Diese Art der Verbindung, die bis in die Zeit der römischen Besatzung Britanniens zurückreichte, war in den Highlands, wie ich von Liam schon erfahren hatte, sehr verbreitet.
Wir befanden uns mitten in der Zeit der Ernte, die gut vorankam. Die Dächer aus Heidestroh waren geflickt; nun brauchten nur noch die Spalten zwischen den Steinen der Wände mit Werg gestopft zu werden, dann waren die Häuser winterfest. Da Liam als MacIains erster Stellvertreter den Rang eines Edelmanns innehatte, durften wir das ehemalige Haus des Laird beziehen. Angesichts des Kinds, das sich ankündigte, war ein wenig mehr Platz nicht zu verachten, und außerdem war ich überglücklich über die Aussicht, eine richtige Küche zu bekommen, mit einem Ofen, in dem ich innerhalb des Hauses Brot backen konnte.
Ich schlug das Buch mit dem vom Alter harten Einband beim zweiten Akt auf. Liam hatte das Werk bei einem alten Buchhändler in Calais aufgetrieben. Leider fehlten im ersten Akt zwei Seiten, doch abgesehen davon war es vollständig. Den Macbeth kannte ich in- und auswendig, und nun vertiefte ich mich genüsslich in Romeo und Julia. Ich sah über den Garten der Capulets hinaus und entdeckte im Dunkel der Nacht Romeo, der sich heimlich unter mein Fenster gestohlen hatte und zu mir hinaufschaute.
Nachdem ich ein Weilchen gelesen hatte, hatte ich das Gefühl, dass mich da noch jemand beobachtete. Ohne den Kopf zu heben, sah ich argwöhnisch auf und ließ den Blick über den Wald schweifen.
»Seamrag?«
Der kleine Hund, der in meiner Nähe fröhlich Grillen gejagt hatte, saß reglos da, nur sein Schwanz fuhr nervös hin und her. Er betrachtete aufmerksam eine bestimmte Stelle im Gelände, doch als ich seinem Blick folgte, entdeckte ich nichts.
»Siehst du etwas, mein Hund?«
Er bellte und rannte auf den Busch zu. Ich erhob mich und zog im gleißenden Sonnenschein die Augen zusammen. Eine Gestalt tauchte dahinter auf. Colin. Ein wenig verlegen sah er sich um und trat dann zögernd auf mich zu.
»Ich habe dich überall gesucht; du wolltest mich sehen?«
»Ich? Nein.«
Ich schaute ihn verständnislos an. Er kramte in seinem Sporran und zog ein völlig verknittertes Stück Papier hervor.
»Dann stammt das nicht von dir?«
Ich nahm das Papierchen und zog es mit den Fingern glatt.
»Nein, Colin«, sagte ich leise, während ich die Nachricht las.
In der Tat stand mein Name unter der Botschaft, die ihn zum Mittagessen zu mir einlud. Da Liam heute auf Patrouille geritten war, hatte ich entschieden, mich lieber hier zu entspannen, statt zu Hause zu bleiben. Colin musste sich Sorgen gemacht haben, als er mich dort nicht antraf.
»Das ist nicht meine Handschrift. Gibt es vielleicht im Clan noch eine andere Caitlin?«
Er nahm das Papier an sich und stopfte es unvermittelt wieder in seine Tasche.
»Nein. Wir haben zwei Catherines, aber keine weitere Caitlin.«
Er stand da und sah auf seine Füße hinunter. Ein verlegenes Schweigen trat ein, das er brach, indem er sich räusperte.
»Es tut mir leid. Ich dachte... Da muss ein Irrtum vorliegen...«
Er drehte sich auf dem Absatz um, tat einige Schritte auf den Busch zu, aus dem er gekommen war, aber ich rief ihn zurück.
»Wo hast du diese Nachricht gefunden?«
»Bei mir zu Hause, auf dem Tisch.«
»Colin, glaubst du, dass da jemand versucht hat, uns einen Streich zu spielen?«
Er sah mich an und zuckte die Achseln.
»Wer könnte denn auf die törichte Idee kommen, ein Rendezvous für uns zu arrangieren?«
Ich wusste keine Antwort. Das war merkwürdig. Eine Falle? Einen Moment lang ging mir die unangenehme Vorstellung durch den Kopf, dass vielleicht Liam uns beide, Colin und mich, auf die Probe stellen wollte. Doch rasch schob ich diesen albernen Gedanken beiseite. Seamrag begann von neuem zu kläffen und wandte sein Schnäuzchen in Richtung Hügel.
»Was ist denn, Seamrag?«
Der Kleine lief los. Eine Gestalt tauchte aus einer Baumgruppe auf und rannte zum Hügelkamm hinauf. Sie hatte ein Plaid um sich geschlungen, das ihr Haar und die Kleidung verbarg. Unmöglich zu erkennen, wer das war. Doch ihre Bewegungen hatten etwas vage Vertrautes, eine katzenhafte Anmut. Meine Finger krallten sich um das Buch, das mir fast aus den Händen geglitten wäre. Eine feuerrote Haarsträhne löste sich aus dem Plaid und
Weitere Kostenlose Bücher