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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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flatterte durch die Luft.
    Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich und sich mir am ganzen Körper die Härchen aufstellten. Colin stand ebenfalls wie angewurzelt da. Ich raffte mein Umschlagtuch und ließ in meiner Aufregung das Buch fallen. Eilig bückte sich Colin, um es aufzuheben, und streifte dabei mit der Schulter meine Stirn. Nervös erging er sich in tausend Entschuldigungen und half mir beim Aufstehen. Mit verschränkten Händen blieben wir reglos stehen. Mein Herz klopfte zum Zerspringen. Colin war aufgewühlt, fasste sich aber langsam wieder. War es die Erscheinung am Waldrand oder die Berührung, die ihn so verunsicherte? Er streichelte eine meiner Hände, führte sie an die Lippen und küsste sie sanft. Ich schloss die Augen und biss mir auf die Lippen. Als er spürte, dass mich ein Schauer überlief, legte er langsam den Arm um meine Taille, um mich an sich zu ziehen.
    »Colin, nein...«

    Er erstarrte abrupt, schob mich weg und trat ein Stück von mir fort. Er war entsetzlich bleich geworden und starrte etwas an, das sich hinter mir befand.
    »Geh«, flüsterte er mir zu.
    Ängstlich drehte ich mich um. Einige Schritte von uns entfernt stand Liam und sah ebenso blass aus wie sein Bruder. Patrick, Simon und Isaak, die ihn begleiteten, sahen verlegen zu Boden. Über die Wiese hatte sich ein bleiernes Schweigen gesenkt, das nicht einmal die Grillen und die Vögel zu stören wagten.
    Ich öffnete den Mund, klappte ihn aber sofort wieder zu, da ich wusste, dass jeder Versuch, mich zu rechtfertigen, unnütz war. Allzu viele Möglichkeiten gab es nicht, das, was die Männer gesehen hatten, zu deuten. Die unvermeidliche Konfrontation würde später stattfinden, hinter unserer verschlossenen Tür. Ich steckte mir das Buch unter den Arm, zog mein Tuch bis unters Kinn hoch, obwohl ich schweißüberströmt war, und trat im Laufschritt den Rückweg an.

    Die lauten Stimmen von Maud, Margaret und Lady Glencoe rissen mich aus meinen Gedanken. Die Halle im Haus von Chief John MacIain Macdonald wurde von Kerzen und einem ordentlichen Feuer sanft erhellt. Das Essen war beendet, und nun disputierten die Männer bei einer Flasche Cognac, während ich träge dem Geplauder der Damen lauschte. Doch ich war nicht mit dem Herzen dabei.
    Der Alltag war wieder eingekehrt, aber nichts konnte mich diese schreckliche Angst vergessen machen, die mich seit dem Vorfall mit Colin verfolgte. Letzterer hatte das Tal am Tag darauf verlassen. Seitdem waren drei Wochen vergangen, in denen ich ihn nicht wiedergesehen hatte. Anders als befürchtet, hatte Liam mich nicht noch einmal darauf angesprochen. Sein Verhalten hatte sich nicht im Geringsten verändert, was aber meine Befürchtungen noch verstärkte. Häufig ertappte ich ihn dabei, wie er mich schweigend und mit betrübter Miene ansah. Was Colin ihm wohl erzählt haben mochte?
    Außerdem wich das unangenehme Gefühl, ständig beobachtet zu werden, nicht von mir und steigerte sich zu einem richtigen
Verfolgungswahn. War ich dabei, verrückt zu werden? Oder war es ganz einfach die Schwangerschaft, die mich so unruhig machte? Ich hatte mein Gespenst nicht wiedergesehen, doch ich spürte seine Gegenwart. Liam hatte mich erfolgreich davon überzeugt, dass die Silhouette, die ich zwischen den Bäumen erahnt hatte, wahrscheinlich nur ein junges Mädchen aus dem Clan gewesen war, das spazieren ging. Im Dorf musste es gut ein Dutzend rothaariger Frauen geben. Meine zunehmenden Wahnvorstellungen verzerrten mein gesamtes Empfinden. Es war höchste Zeit, dass das aufhörte.
    Ein kleiner Junge von sechs Jahren setzte sich auf Eiblins Schoß, denn so durfte ich Lady Glencoe inzwischen nennen. Die schwarzen Locken des Kindes, das mich mit offensichtlichem Interesse ansah, umrahmten ein engelhaftes Gesichtchen. Das war Alasdair, der Sohn des Chief, dem es bestimmt war, ebenfalls eines Tages der Anführer des Clans zu werden. Er flüsterte seiner Mutter etwas ins Ohr, doch die schüttelte den Kopf und warf mir einen verstohlenen Blick zu. Enttäuscht zog das Kind einen Schmollmund, dann lief es wieder davon, um mit den zwei herrlichen schottischen Windhunden zu spielen, die Johns ganzer Stolz waren. Eiblin spürte, dass sie mir eine Erklärung schuldig war, und beugte sich zu mir herüber.
    »Er wollte, dass Ihr ihm erzählt, wie Ihr Campbell getötet habt«, sagte sie ohne Umschweife.
    »Aha.« Verblüfft über die Bitte des Kleinen runzelte ich die Stirn.
    »Geschichten vom Kampf

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