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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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faszinieren ihn ungemein; aber ich glaube nicht, dass Ihr große Lust habt, diese zu erzählen, oder?«
    »Nein, in der Tat nicht«, gab ich ein wenig verlegen zurück. »Der Kleine ist ganz entzückend.«
    »Ja, vielleicht. Sofern man sich einen entzückenden kleinen Teufelsbraten vorstellen kann. Keinen Moment kann er still sitzen. In ihm brodelt wohl das Blut seines Großvaters MacIain. Mein Schwiegervater konnte, wenn er wollte, ein sehr charmanter Mann sein, doch er besaß einen aufbrausenden Charakter. Immer auf dem Sprung, zu den Waffen zu greifen und auf der Suche nach Beute in den Kampf zu ziehen.«

    Sie strich ihren arisaid glatt, und ihre Miene verdüsterte sich.
    »Ich wünsche nur, dass meinem kleinen Alasdair ein glücklicheres Geschick beschieden ist als seinem Großvater.«
    »Liam hat mir öfter von ihm erzählt«, sagte ich und nahm den Becher mit gewürztem Wein, den sie mir reichte. »Er sagt, er sei ein sehr stolzer Mann gewesen.«
    »Stolz und unbeugsam«, gab sie lächelnd zurück. »MacIain liebte seinen Clan aus tiefstem Herzen. Fast vierzig Jahre lang hat er ihn mit eiserner Hand gelenkt. Stets war er bereit, eine Armee aufzustellen, um Keppoch, den Macleans oder irgendeinem anderen Clan den Rücken zu stärken, was ihm Verbündete, aber auch zahlreiche Feinde eintrug.«
    »Und da stehen die Campbells ganz oben auf der Liste.«
    »Ja.«
    Sie nippte an dem süßen Getränk, das so goldbraun war wie ihre Augen, die mich über den Rand ihres Bechers hinweg beobachteten.
    Man hätte Lady Glencoe durchaus als hübsch bezeichnen können, obwohl sie keine wirklich schöne Frau war. Sie war mittelgroß und von zerbrechlicher Gestalt, und ihr Gesicht war von den schrecklichen Prüfungen der vergangenen Jahre gezeichnet. Aber ihre Augen funkelten lebhaft, und ihr fein gezeichneter Mund verzog sich zu einem bezaubernden Lächeln, das einem direkt ins Herz ging.
    Eiblin beugte sich von neuem zu mir herüber und schob eine rotbraune Haarsträhne unter ihre Haube zurück. Als sie jetzt weitersprach, klang ihre Stimme kühler, und sie runzelte die Stirn.
    »MacIain und Breadalbane haben einander zutiefst gehasst. Doch das, was sie meinem Schwiegervater angetan haben, ist unverzeihlich. Sie haben feige und verräterisch gehandelt. In seinem Bett haben sie ihn abgeschlachtet, vor den Augen seiner Frau, und ihn dann vor das Haus gezerrt, wo sie ihn mit dem Gesicht nach unten im schmutzigen Schnee liegen gelassen haben.«
    Sie unterbrach sich und schüttelte langsam den Kopf. Ihre abgearbeiteten Hände kneteten den Rock.
    »Dann haben sie seiner Frau Gewalt angetan und ihr fast den
Finger abgetrennt, als sie ihr den Ehering mit den Zähnen abgerissen haben. Wir haben sie halb nackt im Freien gefunden. Wenige Stunden später ist sie gestorben.«
    Sie seufzte und sah in ihren Becher, den sie in den Händen drehte.
    »Ich habe sie sehr geliebt, und sie war sehr gut zu mir und ihren Söhnen. Mit MacIain hatte man es nicht immer leicht. Oft verletzte er andere mit seinen unverblümten Worten, und sie träufelte dann Balsam auf die Wunden. Ich habe immer vermutet, dass MacIain keine Entscheidung traf, ohne sich hinter verschlossener Tür mit ihr zu beraten. Trotz ihrer freundlichen Art und sanften Stimme bin ich überzeugt davon, dass sie große Macht über ihren Riesen von einem Mann hatte, ohne dass jemand das gewusst hätte. Sie fehlt mir sehr, wisst Ihr ... MacIain im Übrigen ebenfalls. Auch wenn er hart und arrogant war, so hat er doch seine Leute geschätzt und geliebt wie seine eigenen Kinder.«
    »Schade, dass Euer Sohn seinen Großvater nicht kennen lernen wird.«
    »Ja, ich weiß... Bei dem Massaker war er erst zwei Jahre alt und hat kaum noch Erinnerungen an ihn. Und auch nicht an jene schreckliche Nacht. Die Kinderfrau hatte ihn in sein Plaid gewickelt und konnte sich mit ihm in die Berge retten. Ich konnte ihnen nicht folgen, denn ich musste mich um Lady Glencoe kümmern. Erst am Abend des nächsten Tages habe ich sie in Appin wiedergefunden. Ich danke Gott jeden Tag dafür, dass er meinen Sohn verschont hat. Viele andere hatten dieses Glück nicht«, meinte sie und warf einen Blick zu Liam, der am anderen Ende des Saales mit den Männern lachte.
    Margaret brach das verlegene Schweigen, das sich eingestellt hatte, räusperte sich und sprach mich an.
    »Wie geht es dir jetzt, Caitlin?«
    »Mir geht es viel besser«, antwortete ich und reckte die Arme, »wenngleich ich mich in der letzten Zeit ein wenig

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