Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
Vom Netzwerk:
wirbeln.
    Als Maud sich erhob, um ein trauriges Lied zu singen, kehrte ich in Liams warme Arme zurück. Mit geschlossenen Augen ließ ich mich von ihrer schönen, klangvollen Stimme davontragen. Sie sang vom Schmerz einer Edelfrau, die auf die Rückkehr ihres Geliebten wartet, eines Fischers, der aufs Meer hinaus gefahren ist. Doch unterdessen zwingt der Vater der Schönen sie, sich mit einem Adligen ihres eigenen Ranges zu verheiraten. Die junge Frau geht in den Tod, denn ihr Herz ist gebrochen, weil sie den Mann, den sie sich erwählt hatte, nicht heiraten darf. Als dieser mit der Flut zurückkehrt, findet er die Dame seines Herzens weiß und kalt in einem Grab liegen, und er entleibt sich mit seinem Dolch und folgt ihr in den Tod. Eine schottische Version von Romeo und Julia.
    Liams Hände glitten meine Arme entlang, und er küsste die Stelle direkt unterhalb meines Ohrs.
    »Du bist müde, a ghràidh «, flüsterte er dann hinein. »Wir sollten uns zurückziehen, ehe ich dich tragen muss. Du bist inzwischen zu schwer für mich geworden.«
    Er strich sanft über meinen Bauch.
    »Wie geht es meinem Sohn heute?«
    »Sehr gut.«

    »Vielleicht sollte ich ihn heute Abend einmal persönlich danach fragen«, wisperte er und biss mich ins Ohrläppchen.
    »Du Spitzbube!«, rief ich leise aus und versetzte ihm einen Rippenstoß.
    Wir wurden von Calum unterbrochen, der Liam mit sorgenvoller Miene erklärte, draußen warte ein Mann aus Keppoch, der mit ihm sprechen wolle.
    »Warte hier auf mich«, meinte er und stand auf. »Ich bin gleich zurück.«
    Der junge Bursche setzte sich neben mich. Er wirkte verlegen; seine langen Arme hingen über seine Schenkel herunter, und seine Finger bewegten sich nervös.
    »Wer ist der Mann, der Liam sprechen wollte?«, fragte ich nach einer Weile.
    Seit dem Abend des Ceilidh, als Calum mich so unverschämt behandelt hatte, hatte ich nicht mehr mit ihm gesprochen, und er war mir seitdem sorgfältig aus dem Weg gegangen.
    »Bryan MacAllen.«
    »MacAllen?«, fragte ich erstaunt. »Weißt du, was er will?«
    »Nein, Madam«, stotterte er und schaute mich aus dem Augenwinkel an, »aber so, wie er aussah, sind es wohl keine guten Nachrichten. Bryan war sehr aufgeregt.«
    Ich spürte, wie sich in meiner Magengrube ein Klumpen bildete, und ich fiel von der Wolke, auf der ich geschwebt hatte.
    Liam kehrte einige Minuten später zurück. Sein Gesicht war bleich und angespannt. Ich hielt den Atem an.
    »Es ist Colin«, erklärte er mit heiserer Stimme. »Er sitzt zusammen mit Finlay im Gefängnis von Inveraray.«
    »Wie bitte?«, rief ich bestürzt aus. »Was hat er getan?«
    Die anderen waren hinzugekommen und lauschten betroffen Liams Bericht. Colin und die Männer aus Keppoch hatten der Versuchung nicht widerstehen können, auf Argyle-Land Vieh zu stehlen. Doch man hatte die beiden Highlander gefasst, gefangen genommen und ins Tolbooth von Inveraray geschickt, wo sie darauf warteten, vor Gericht gestellt zu werden. Sie hatten unglaubliches Glück gehabt, dass man sie nicht auf der Stelle gehängt hatte, wie das für gewöhnlich geschah.

    »Liam, wir müssen handeln. Wir können Colin nicht in diesem Kerker verrotten lassen... Welche Strafe erwartet ihn?« Ich wagte kaum zu fragen.
    Liam drehte sich zu mir um und sah mich an. Kurz ruhte sein eisiger Blick auf mir, dann wandte er sich ab.
    »Der Strick.«
    »Wir müssen ihn da herausholen!«, knurrte Angus.

    Es wurde eine schlaflose Nacht. Das Zwitschern der Vögel riss mich aus meinem Dämmerzustand. Neben mir bewegte sich Liam, drehte sich um und zerquetschte mir fast das Bein. Seine Augen waren geschlossen, doch nach den dunklen Schatten zu urteilen, die darunter lagen, hatte auch er nicht viel geschlafen.
    Ich schob die zerzausten Locken zurück, die über sein Gesicht fielen, und streichelte die geschwungene Linie seiner Wangen. Er hielt meine Hand fest und führte sie an die Lippen, ohne deswegen die Augen aufzuschlagen.
    »Du hast nicht geschlafen?«, fragte ich leise.
    »Nein, und du?«
    »Nicht richtig.«
    Er öffnete die Augen und sah mich mit müdem Blick an.
    »Ich muss nach Inveraray«, erklärte er heiser.
    »Ich will mit dir reiten ...«
    Er runzelte die Stirn und drehte sich seufzend auf den Rücken.
    »Herrgott, warum musst du bloß immer so starrköpfig sein! Du kannst mir doch nicht bis zu deiner Niederkunft überallhin nachlaufen! Also, warum willst du so unbedingt mitkommen? Ist es Colin? Fehlt er dir so sehr? Sag es mir,

Weitere Kostenlose Bücher