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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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auf dem zweiten Platz?«
    »Eine Flasche allerbester schottischer Whisky«, gab er zurück und blickte mich strahlend an.
    Ich schlug mir mit der Handfläche an die Stirn.
    »Na, da habe ich ja noch einmal Glück gehabt«, seufzte ich.

23
Die verdammten Seelen
    Die belebende Seeluft füllte meine Lungen. Mit geschlossenen Augen sog ich den Duft des Seetangs ein, der zu mir aufstieg, und ließ mich von dem Rauschen der Wogen, die am Fuß der Klippe an die Felsen schlugen, einlullen.
    In der verlassenen Kapelle war es dunkel. Nur ein paar Strahlen Mondlicht drangen schwach durch das zur Hälfte mit Brettern vernagelte Fenster. In der Tür zeichnete sich Calums Silhouette ab. Er wandte mir den Rücken zu und hielt nach der kleinsten Bewegung in unserer Umgebung Ausschau. Für einen jungen Mann von sechzehn Jahren war er ziemlich gut gebaut. Seine glatte Haut und sein dünner Bartflaum verrieten seine Jugend, doch die breiten Schultern und ausgeprägten Wadenmuskeln ließen erahnen, dass er zu einer imposanten Statur heranwachsen würde.
    Während ich Calum ansah, stieg ein eigenartiges Gefühl in mir auf. Vielleicht würde ich ja doch eines Tages Stephen auf diese Weise ansehen können. Wie um diesen Gedanken zu unterstreichen, nahm ich plötzlich ein leises Flattern in meinem Leib wahr. Instinktiv legte ich die Hand darauf und stieß einen verblüfften Laut aus, der den jungen Mann aus seinen Überlegungen riss. Ehe ich mich versah, stand er mit gezücktem Schwert vor mir und ließ auf der Suche nach einem unsichtbaren Feind den Blick durch die dunklen Winkel schweifen. Enttäuscht darüber, dort nur Leere und Finsternis vorzufinden, setzte er die Spitze seines Schwerts auf den Boden aus gestampftem Lehm.
    »Ist alles in Ordnung, Mrs. Macdonald?«
    »Ja, Calum«, versicherte ich ihm. »Ich habe mich nur ein wenig erschreckt, als das Kind sich bewegt hat.«

    »Ach so!«
    Seine Schultern entspannten sich. Im silbrigen Mondlicht leuchtete sein glattes Haar auf. Er hatte es an den Schläfen geflochten, um sein Gesicht frei zu halten, so wie die keltischen Krieger vor Jahrhunderten. Anders als von mir befürchtet, hatte Calum sich nicht gesträubt, als Liam ihm aufgetragen hatte, in dieser Nacht bei mir zu wachen.
    »Ihr könnt spüren, wie sich das Kind bewegt?«, fragte er schüchtern.
    »Ja, das war jetzt das erste Mal.«
    »Was ist das denn für ein Gefühl?«
    »Schwer zu erklären... Ein bisschen so, als ob du einen zappelnden Fisch in der Faust hältst.«
    »Wirklich?«, rief er aus. Offensichtlich versuchte er, es sich vorzustellen, denn er hatte unwillkürlich die geschlossene Hand vor sich ausgestreckt.
    Er lehnte sich an die gekalkte Wand, von der in großen Fladen der Putz abbröckelte und schwarzen Stein enthüllte.
    »Habt Ihr Angst vor der Geburt?«, fragte er plötzlich aus heiterem Himmel.
    »Äh, nein... Um ehrlich zu sein, habe ich noch gar nicht richtig darüber nachgedacht«, sagte ich, nicht ganz der Wahrheit entsprechend.
    »Ich weiß noch, wie mein Bruder Robin geboren wurde. Damals muss ich ungefähr neun gewesen sein. Ich hatte mich unter dem Fenster unserer Hütte versteckt...«
    Er zögerte einen Moment.
    »Ich glaube, das tut sehr weh«, fuhr er dann fort, »weil Mutter ganz laut gekreischt und Verwünschungen ausgestoßen hat, die ich vor Euch nicht zu wiederholen wage.«
    »Ja, ich weiß...«
    Plötzlich standen mir einige Erinnerungsfetzen an die Geburt meiner Schwester Myrna wieder vor Augen und damit der ganze Schrecken einer Geburt, bei der etwas Unvorhergesehenes geschieht. Das Neugeborene hatte sein erstes Wimmern ausgestoßen, und dann hatte Vater zu schreien und zu weinen begonnen. Mit dem kleinen Verstand einer Siebenjährigen hatte ich zuerst
geglaubt, dass Vater weinte, weil er schon wieder ein Mädchen bekommen hatte. Doch als ich bemerkte, dass Mutter nicht wieder aufwachte, hatte ich begriffen, dass sie tot war. Danach hatte ich noch lange geglaubt, Mutter habe Myrna ihre Seele geschenkt, als sie sie auf die Welt brachte. Heute wusste ich, dass unser Schicksal in Gottes Hand liegt. Bei Stephens Geburt waren die schmerzlichen Erinnerungen zurückgekehrt und hatten mich gequält. Zu jeder qualvollen Wehe hatte sich noch die Angst gesellt.
    »Ist das Leiden nicht unser aller Los auf Erden?«, seufzte ich.
    »Ich habe einmal gehört, wie ein Priester sagte, dass die Frauen unter Schmerzen gebären, um für die Erbsünde zu büßen...«
    Unwillkürlich lachte ich auf. Die Sünde...

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