Schwert und Laute
zweifelnd.
»Mademoiselle Ernestine. Das Ganze begab sich nämlich im Freudenhaus von Madame Griffard ...«
»In einem Freudenhaus!«, schrie ich und marschierte in dem winzigen Herbergszimmer auf und ab. »Das ist nicht wahr! Sag mir, dass ich träume, Liam Macdonald.«
Ich war vollständig außer mir. Endlich konnte ich die Wut loswerden,
die sich seit Sir Grahams »wirklich komischer« Erzählung in mir aufgestaut hatte.
»Jetzt ist mir sonnenklar, warum du mir nichts davon gesagt hast! Natürlich bist du nicht so dumm, deiner Frau zu erzählen, dass du dich in Frankreich in Freudenhäusern herumgetrieben hast! Herrgott!«
»Caitlin, so lass dir doch erklären, was ich dort gemacht habe...«
»Willst du mir vielleicht eine Zeichnung machen? Stell dir vor, ich weiß ganz genau, was man in einem Freudenhaus so tut!«
»Das war alles ganz anders, als du denkst...«
Ich schnappte mir den gefüllten Wasserkrug und wollte ihm den Inhalt ins Gesicht schütten, doch er stürzte sich auf mich und riss ihn mir aus den Händen.
»Jetzt hör mich doch an, Caitlin, verflucht! Ich hatte mich vor der Tür von Madame Griffards Haus mit François Lafarge verabredet. Davor hatte ich noch nie einen Fuß hineingesetzt.«
»Eine Verabredung vor der Tür eines Freudenhauses«, spottete ich, und mein Gesicht glühte. »Sehr originell, aber du hättest sicher einen anderen Treffpunkt vorschlagen können.«
»Als ich merkte, dass Lafarge nicht kam, dachte ich, er hätte mich vergessen. Ich bin hineingegangen und habe gefragt, ob er dort sei. Madame Griffard hat mir sein Zimmer gezeigt, und dann...«
»Und dann«, unterbrach ich ihn, »bist du genau in dem Moment dazugekommen, als der arme Mann am Ertrinken war.«
»Ja, genauso war es«, sagte Liam und ließ mich los. »Das Mädchen lag auf dem Bett und schnarchte. Die beiden hatten eine ganze Flasche Whisky geleert. Lafarge war dermaßen betrunken, dass er bewusstlos geworden und nur wenige Augenblicke, bevor ich ins Zimmer kam, in der Badewanne unter Wasser gerutscht war.«
Wutentbrannt ließ ich mich auf das Bett fallen, das unter meinem Gewicht quietschte.
»Kannst du mir einmal erklären, warum er dich vor ein Freudenhaus zitiert?«
»Er traf sich dort jede Woche mit dieser Ernestine. Anschließend
wollten wir uns eine Waffenlieferung in einem Lagerhaus am Hafen ansehen, zwei Straßen weiter. Er wollte nur Zeit sparen.«
»Und das soll ich dir glauben?«, versetzte ich gereizt.
»Es ist die Wahrheit, a ghràidh. Du selbst musst entscheiden, ob du mir glaubst oder nicht. Ich kann nichts weiter tun.«
Er sank schwer auf dem Stuhl zusammen. Ich sah ihn einen Moment lang an. Sein Blick war ins Leere gerichtet, und er rieb sich die Augen, legte den Kopf nach hinten und schloss sie. Ich musterte seine schönen, kräftigen Hände, diese Hände, die so oft meinen Körper liebkost hatten... Dann, plötzlich, sah ich dieselben Hände auf Maggies üppiger Brust, in Annas seidigem Haar und auf Meghans weißer Haut. Und wer wusste, mit wem er sonst noch gelegen hatte...
Ich begann vor Wut zu kreischen und schlug mit den Fäusten auf das Kopfkissen ein, weil ich ihn nicht verprügeln konnte.
»Das Gefühl ist stärker als ich«, schluchzte ich tief gekränkt. »Ich kann nicht anders, ich sehe dich zusammen mit all diesen Frauen... War es schön mit ihnen? Maggie muss doch Kniffe kennen, die ich mir nicht einmal im Traum ausdenken könnte. Und Meghan...«
»Du besitzt die gespaltene Zunge einer Viper, Caitlin«, brummte Liam und musterte mich kalt.
Er stand auf und wandte sich zum Gehen.
»Wohin willst du?«, schrie ich und sprang ebenfalls auf.
»An die frische Luft«, gab er bissig zurück. »Hier drinnen kann man ja nicht mehr atmen. Du solltest schlafen gehen. Morgen brechen wir nach Lang Craig auf. Warte nicht auf mich, ich habe noch etwas zu erledigen.«
Ich stellte mich ihm in den Weg und starrte ihn trotzig an.
»Bei Maggie?«
Liam erhob flehend die Hände zum Himmel.
»Um Himmels willen, Caitlin! So langsam habe ich genug von deinen albernen Kindereien. Was hast du denn bloß? Diese Frauen, das war schließlich, bevor... Während das mit dir und Winston...«
Er unterbrach sich. Seine Miene war zu einer Mischung aus
Wut und Bestürzung verzogen. Mein Zorn überwältigte mich, und ich stürzte mich auf ihn und zischte ihn mit zusammengebissenen Zähnen an.
»Wie kannst du es wagen? Wie kannst du das vergleichen? Bastard! Du hast gesagt, dass du es verstehst«,
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