Schwert und Laute
ihm ein paar ordentliche Schlucke Whisky in den Hals, und schon saß der Junge ganz fröhlich da und lehnte sich an den Baumstamm. Er war totenblass, lächelte
aber trotzdem. Verflixter männlicher Stolz!, dachte ich und schmunzelte ebenfalls.
Ich machte mich so gut ich konnte am Ufer frisch, als ich auf der anderen Seite des Loch eine Bewegung wahrnahm. Ich zog die Augen zusammen und beschattete sie mit der Hand, um sie vor dem gleißenden Sonnenlicht zu schützen. Liam folgte meinem Blick. Ich erkannte die lange blonde Mähne, die schlanke Gestalt, und mir blieb fast das Herz stehen.
»Das ist er...«, flüsterte ich. »Er kommt allein.«
Liam erhob sich. Wut und Hass verzerrten sein Gesicht, und ich hörte ihn hinter mir schwer atmen.
»Er ist ein toter Mann«, zischte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Bleib hier, a ghràidh, damit er dich nicht sieht. Er soll ruhig glauben, du wärest... du weißt schon. Ich schicke dir Donald und Calum, damit sie bei dir bleiben.«
Zwischen den Dornenbüschen hindurch stieg er den Weg, der zur Hütte führte, hinauf. Von meinem Platz aus konnte ich sehen, was dort oben vor sich ging, ohne selbst gesehen zu werden. Trotzdem hüllte ich mich in meinen Umhang, damit mein Hemd nicht als weißer Fleck hervorstach.
Liam ging vor der Tür auf und ab, Simon stand, an die Wand gelehnt, im Schatten, die Pistole schussbereit in der Hand. Es dauerte eine ganze Zeit, bis wir die Gestalt am Ende des Wegs auftauchen sahen. Winston beeilte sich nicht, er wusste, dass Liam auf ihn warten würde.
Etwa ein Dutzend Schritte vor ihm hielt er an. Liam stand jetzt breitbeinig und reglos da und hatte das Schwert zwischen den Beinen auf die Erde gesetzt. Die bläuliche Klinge blitzte in der Sonne. Winston stieg vom Pferd und zog ebenfalls sein Schwert aus der Scheide. Gelassen wandte er sich Liam zu, zog seinen Rock aus und warf ihn über den Sattel. Dann versetzte er seinem Reittier einen Klaps auf die Hinterhand, so dass es davontrabte.
Wortlos taxierten die beiden Männer einander. Dass sie einander im Duell gegenübertreten würden, bedurfte keiner Erwähnung. Schließlich brach Liam als Erster das Schweigen.
»Wo sind Eure Sekundanten?«
Zur Antwort lachte Winston laut auf. Er prüfte die Schärfe seiner
Klinge mit der Handfläche, obwohl er das, wie ich vermutete, schon zahllose Male zuvor getan hatte. Sichtlich nervös, legte er dennoch eine große Distanz gegenüber seinem möglichen Los an den Tag. Ich wusste, dass er Liam fürchtete. Auf gewisse Weise konnte ich nicht umhin, den Mut zu bewundern, den er bewies, indem er ihn bis aufs Blut herausforderte. Warum hatte er sich nicht in aller Ruhe nach Dunning Manor zurückgezogen? Er hätte Liam ebenso gut Captain Turner auf die Fersen hetzen können. Aber nein, er hatte sich entschieden, ihm Auge in Auge gegenüberzutreten.
»Keine Sekundanten, Macdonald. Nur Ihr und ich.«
Winston warf einen Blick zur Hütte und bemerkte Simon.
»Er wird nicht eingreifen«, versicherte ihm Liam, »sofern der Kampf nach den Regeln abläuft. Er steht unter meinem Befehl.«
Winston stieß ein leises, unaufrichtig klingendes Lachen aus und zuckte die Achseln. Er hob den Kopf, sah Liam von der Seite an und verzog den Mund zu einem schmalen, arroganten Lächeln.
»Was habt Ihr meiner Frau angetan, Dunning?«, brüllte Liam plötzlich und trat auf seinen Rivalen zu.
»Und Ihr? Was habt Ihr mit ihr gemacht?«, höhnte der andere.
Sie umkreisten einander jetzt gemessenen Schritts, in respektvollem Abstand. Simon rührte sich nicht, hielt sich aber zum Eingreifen bereit, falls es nötig werden sollte.
»Ihr seid wirklich ein Dreckskerl, sie hat ein Kind erwartet, Bastard!«
»Und Ihr seid Euch ganz sicher, dass es von Euch war, Macdonald? Sie war ein aufregendes kleines Ding. Ah, aber ich glaube, das habe ich Euch schon einmal gesagt!«, spottete Winston sarkastisch.
Liam war bleich vor Zorn geworden und trat gefährlich nahe auf seinen Gegner zu.
»Ihre Haut... So weich... und ihre milchweißen Schenkel. Ihr wisst schon, dort wo sie sich so gern streicheln ließ... Aber all das wusstet Ihr schon, nicht wahr, Macdonald?«
Ich ließ Liam nicht aus den Augen. Sein ganzer Körper war zum Zerreißen angespannt, und die Venen an seinem Hals waren
dick angeschwollen. Er stand kurz davor, auf Winston loszuspringen.
»Hurensohn!«, schrie er.
Winston bedachte ihn mit einem breiten, spöttischen Lächeln, das seine Zähne in der Sonne aufblitzen ließ.
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