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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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angezogenen Beine und legte das Kinn auf die Knie.
    »Noch ein paar Meilen.«
    Ehe er weitersprach, beobachtete er mich vorsichtig.
    »Ihr seid noch nie in den Highlands gewesen, stimmt’s?«
    »Nein.«
    »Das Leben dort unterscheidet sich sehr von dem in der Stadt. Hier gibt es keine lärmenden und aufdringlichen Menschenmengen, die einen in den Rücken stoßen. Nicht diesen erbitterten Kampf um ein kleines Stück Platz für sich, diesen ständigen Drang, sich einmal die Lungen mit frischer Luft zu füllen. Obwohl, auf Dunning Manor habt Ihr ja auf dem Lande gelebt... Aber in Carnoch haben wir kein Herrenhaus.«
    »Carnoch... Das ist Euer Dorf?«
    »Ja«, sagte er und schaute nachdenklich in die Glut des heruntergebrannten Feuers.
    »Ist es groß?«
    Seine Antwort ließ auf sich warten.

    »Nein.«
    »Sind da noch andere Ansiedlungen?«
    »Nein.«
    »Und Eure Familie?«
    Sein Blick verhärtete sich. Merkwürdigerweise hatte ich den Eindruck, in einen dieser dunklen Winkel eingedrungen zu sein, von denen er gesprochen hatte und in denen man besser nicht allzu viel herumstocherte.
    »Ich habe eine Schwester, Sàra, und meinen Bruder Colin. Sie sind alles, was mir geblieben ist, abgesehen von einigen Onkeln, Tanten und Vettern.«
    Er entkorkte die Whiskyflasche und schickte sich an, einen Schluck zu nehmen, unterbrach sich aber, um sie mir anzubieten.
    »Danke, aber ich glaube, wenn ich noch etwas davon trinke, falle ich um wie ein Stein.«
    Ich sah zu, wie er die Flasche ansetzte. Ein Tropfen von der Flüssigkeit mit dem rauchigen Torfaroma lief an seinem Kinn herunter, und er wischte ihn mit dem Ärmel ab.
    »Wer ist eigentlich dieser Campbell, der uns angegriffen hat?«
    Ich hatte die Frage sehr vorsichtig gestellt. Seine Miene verfinsterte sich, und es dauerte etwas, bis er mit ernster Stimme antwortete.
    »Ewen Campbell, ein Hurensohn. Ein gebrochener Mann.«
    »Ein gebrochener Mann?«
    »Ein Mann ohne Clan, ein Verbannter. Er und seine Männer durchstreifen die Highlands und stehlen alles, was ihnen des Weges kommt. Für sie ist das Leben nur eine Ware, und für einen Bissen Brot verkaufen sie dem Teufel ihre Seele.«
    Seine Hand legte sich auf meine, mehr ein flüchtiger Hauch als eine wirkliche Berührung.
    »Macht Euch keine Gedanken wegen der gestohlenen Ladung. Die Waren sind ersetzbar, Ihr jedoch...«
    Er warf einen Stein ins Feuer, und eine Funkenwolke stob auf. Seine Miene verschloss sich, wirkte jetzt rätselhaft.
    »Ich werde nur einige Tage bleiben«, erklärte ich verlegen. »Nur so lange, bis ich weiß, wohin ich gehen soll. Ich möchte Euch nicht zur Last fallen...«

    »Ihr werdet so lange bleiben, wie es nötig ist, damit Eure Verletzung heilt, Caitlin. Habt Ihr noch Familie oder Freunde in Schottland, abgesehen von Eurem Vater und Euren Brüdern?«
    »Nein.«
    »Wohin wollt Ihr Euch also wenden? Bei Eurem Vater wird die Garde Euch auf jeden Fall suchen. Dorthin könnt Ihr nicht zurück.«
    Mit undurchdringlicher Miene sah er mich an.
    »Ich kann immer noch nach Irland gehen.«
    »Aber nicht, ehe Ihr wieder ganz genesen seid. Das kommt gar nicht in Frage. Ihr werdet sehen, Caitlin, Carnoch ist ein kleines Dorf, aber es wird Euch gefallen. Wir sind dabei, es wieder aufzubauen. Früher einmal war das Tal von Glencoe sehr wohlhabend, und es gab mehrere Ansiedlungen, doch dann kam es zu gewissen Ereignissen... Seitdem hat sich alles verändert. Heutzutage sind wir nur noch der Schatten eines Clans. Doch eines Tages werden wir vielleicht wieder die Bedeutung erlangen, die wir einst hatten.«
    Sein Atem ging ruhig, doch ich wusste, dass er furchtbar angespannt war. Dieser Mann schien viel gelitten zu haben. In diesem Tal war bestimmt etwas Schreckliches geschehen.
    Einige Minuten später hob mich einer der Männer auf Liams Pferd, und er drückte mich fest an sich.
    »Ihr reitet mit mir«, flüsterte er in mein Haar hinein. »Allein könnt Ihr Euch momentan nicht im Sattel halten.«

    Das Pferd musste einen Schlenker vollführt haben, denn ich erwachte mit einem Ruck. Benommen vom Fieber fragte ich mich, ob der Nebel ganz real war oder ob ich nicht richtig sehen konnte. Liams Arm umschlang mich so fest, dass ich kaum Luft bekam. Als ich den Kopf nach hinten legte, um freier atmen zu können, traf ich auf einen Brustkasten wie aus Granit. Liam beugte sich über mich, und seine behaarte Haut liebkoste meine Stirn. Er murmelte mir etwas zu, und dann strichen seine Finger über meine Wange.
    Ich versuchte,

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