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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Woge der Übelkeit drehte mir von neuem den Magen um.
    »Ich... ich glaube, mir wird schlecht...«
    Er hatte kaum Zeit, mich auf den Boden zu setzen. Ich wandte mich zur Seite und erbrach einen dünnen Strahl Galle. Ein entsetzlicher, bitterer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus.

    Nachdem mein Magen sich ein letztes Mal empört zusammengezogen hatte, ließ ich mich mit geschlossenen Augen nach hinten fallen und verzog das Gesicht. Die schneidende Kälte drang mir bis in die Knochen, und mir klapperten die Zähne. Liam deckte mich mit dem schweren wollenen Umhang zu.
    »Ich will nicht hier sterben...«, stöhnte ich.
    »Ihr werdet nicht sterben«, antwortete Colin mir. »Doch Ihr braucht Pflege.«
    »Es... es tut mir leid ... Ich bin am Boden geblieben, wie Ihr es mir befohlen hattet.«
    »Es ist nicht Eure Schuld«, sagte Liam.
    »Ich glaube, ich habe eine ... ziemliche Pechsträhne«, bemerkte ich mit einem Hauch von Ironie.
    »Ihr habt einen ziemlich eigenartigen Sinn für Humor.«
    »Was bleibt mir übrig... meine Lage ist schon trübsinnig genug...«
    Liam brummte etwas Unverständliches und ließ sich unter einem Knistern von Laub und trockenen Kiefernnadeln neben mir nieder. Wieder schob er meinen Rock hoch und bemächtigte sich meines Hemds, von dem er rasch einen Stoffstreifen abriss. Mit meinem unverletzten Bein versuchte ich, ihn wegzustoßen.
    »Beruhigt Euch. Ich muss Euch verbinden. Ihr verliert Blut. Tut mir leid wegen des Hemdes.«
    »Nun gut, das war ohnehin schon verdorben«, bemerkte ich spöttisch.
    Ein wenig munterer holte ich zweimal tief Luft und verzog dann das Gesicht, als er meinen Schenkel betastete.
    »Das tut weh...«
    »Hmmm ...«
    Geschickt befestigte Liam den improvisierten Verband.
    »Einstweilen wird das wohl reichen. Ihr habt Glück gehabt, wisst Ihr.«
    »Ja, wirklich. Heute ist eben doch mein Glückstag...«

    Ich lag unter einem Baum auf einem Bett aus Moos. Bei jeder Bewegung entlockte ein glühender Schmerz mir ein Stöhnen, als stecke die Klinge immer noch in meinem Fleisch. Bestürzt erkannte
ich, dass ich nicht in der Lage war, an die Küste zu reisen, um mein Schiff zu nehmen. Auf dem Rücken liegend ließ ich den Blick um mich schweifen.
    Dichter Nebel war aufgekommen, hüllte uns ein und bildete einen dichten Vorhang, der den Wald und die Berge verbarg. Der Himmel hatte sich bezogen. Ich fühlte mich zerschlagen und erschöpft. Mein Haar klebte an meinen feuchten Wangen. Ich sah mich suchend nach den Männern um. Sie standen in der Nähe der angeschirrten Pferde und tuschelten miteinander. Ich hatte den vagen Eindruck, dass wir bald aufbrechen würden.
    Zitternd stemmte ich mich auf einen Ellbogen hoch. Meine Kehle war trocken, und das Schlucken bereitete mir Schmerzen. Endlich schienen die Männer Notiz von meiner Anwesenheit zu nehmen. Colin kam auf mich zu. Liam verfolgte ihn aus dem Augenwinkel und sah unbewegt aus, wie es seine Gewohnheit war. Einige Sekunden lang trafen sich unsere Blicke, dann wandte er sich ab. Natürlich, er war mir doch böse. Bestimmt hatte er es eilig, sich meiner Person, die zu einer Last für ihn geworden war, zu entledigen. Ich brachte den Männern Unglück. Sie würden mich in das nächstbeste Schiff setzen, wahrscheinlich ohne sich Gedanken über sein Ziel zu machen, und ich würde mich auf dem Kontinent oder, schlimmer noch, in den Kolonien wiederfinden.
    »Wie fühlt Ihr Euch?«, wollte Colin wissen.
    »Ich hätte gern etwas Wasser«, flüsterte ich mit heiserer Stimme.
    Er ging die Flasche suchen und kehrte kurz darauf zurück. Das Wasser rann frisch und durststillend über meine Lippen. Er überprüfte den langen Einschnitt an meinem Hals.
    »Die Haut ist kaum angeritzt, aber es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte die Schlagader durchtrennt.«
    Seine Finger verweilten auf meiner schweißfeuchten Haut. Ich erbebte. Unter den Wimpern hindurch beobachtete ich wieder Liam. Er betrachtete uns aus der Ferne.
    »Colin... Ist er sehr ärgerlich auf mich, Euer Bruder?«
    »Liam?«
    Er warf einen Blick über die Schulter.

    »Nein. Macht Euch deswegen keine Gedanken. Er ist immer so, seit...«
    Er ließ den Rest seines Satzes in der Luft hängen, doch er hatte meine Neugierde erweckt.
    »Seit wann?«
    »Das erzähle ich Euch ein andermal. Wir müssen aufbrechen, und vorher müssen wir Eure Wunde reinigen.«
    Er sah mich an und zögerte einen Augenblick.
    »Erlaubt Ihr, dass ich es tue?«
    Ich nickte ergeben. Er rief Liam und bat

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