Schwert und Laute
tun lassen!«
»Autsch!«, jammerte er und rieb sich das Ohr. »Ich habe mir das Pferd angesehen, das Liam für den Laird zureitet«, erklärte er. »Es tut mir leid, mamaidh, ich habe gar nicht bemerkt, wie die Zeit verging. Wenn du willst, übernehme ich morgen das Doppelte meiner Pflichten.«
Geillis sah ihn durchdringend an, die Hände in die Hüften gestemmt und die Lippen zusammengepresst.
»Wir werden sehen«, gab sie zurück. »Im Moment ist noch Brot zu backen. Hol mir Wasser für die Küche, und versuch dieses Mal, dich unterwegs nicht zu vertändeln.«
Calum nahm zwei hölzerne Eimer und wandte sich zum Gehen. In diesem Moment bemerkte er mich. Sein Gesicht erstarrte und verzog sich dann zu einer verächtlichen Grimasse.
»Das ist die Sassanach!«, rief er aus. »Was hat sie hier zu suchen?«
Er stand wie versteinert da und bedachte mich mit wütenden Blicken.
»Bi modhail, a Chalium! Sei höflich, Calum! Die Dame heißt Caitlin und ist ein Gast der Macdonalds.«
»Der Laird lässt zu, dass eine Sassanach- Schlange ihr Gift unter uns verspritzt!«, setzte er bissig hinzu.
Einige Augenblicke lang war ich sprachlos; dann erhob ich mich, um dem großen Frechdachs, der mich kalt musterte, die Stirn zu bieten.
»Ich danke Euch für den höflichen Empfang, den Ihr mir zuteil werden lasst, Calum.«
»Ich... Ähhh...«
Der junge Mann geriet ins Stottern, und sein Gesicht lief puterrot an. Er warf mir einen letzten finsteren Blick zu und verschwand ohne ein weiteres Wort. Geillis war sichtlich bestürzt und rieb sich nervös die Hände.
»Das ist mir äußerst unangenehm«, sagte sie verlegen. »Er wird eine ordentliche Strafe bekommen, darauf habt Ihr mein Wort.«
»Nein, lasst nur... es ist nicht schlimm«, versicherte ich ihr.
»Er hat sich so verändert seit... dem Tod seines Vaters. Er nährt einen grenzenlosen Hass gegenüber den Sassanachs, der noch einmal
sein Verderben sein wird«, murmelte sie mit tränenerstickter Stimme. »Er hat gesehen, wie sein Vater getötet wurde. Und sein bester Freund. Er hatte sich hinter einem Felsen versteckt und hat alles gesehen, bevor er in die Berge geflüchtet ist. Danach hatte er monatelang Albträume...«
Mit einem Schürzenzipfel trocknete Geillis sich die Augen.
»Das kann ich verstehen. Mit der Zeit wird er schon lernen, sich feinfühliger zu verhalten«, sagte ich in dem Versuch, sie zu trösten, ausdruckslos, doch ich war mir meiner Worte nicht sicher.
Als die Tische gedeckt waren, brachte der Laird einen Toast auf das verlobte Paar aus und forderte die Gäste auf, sich zu bedienen, was alle eilig taten.
Liam war nicht da. Ich war zutiefst enttäuscht. Hielt ihn vielleicht irgendeine Arbeit auf, oder mochte er ganz einfach keine Feste? Ich entdeckte jedoch Sàra, die mit einer Frau mit feuerrotem Haar sprach. Meghan! Ich legte wirklich überhaupt keinen Wert darauf, ihre Bekanntschaft zu machen. Ich drehte mich um, war aber nicht schnell genug. Colin, der mich bemerkt hatte, kam auf mich zu, zog mich eilfertig zu den beiden Frauen und stellte mich Meghan Henderson vor. Sie musste ungefähr im gleichen Alter sein wie ich und war mit ihrer hellen alabasterfarbenen Haut und ihren großen, smaragdgrünen Katzenaugen überwältigend schön.
Ich spürte ihr gegenüber sofort eine tiefe Abneigung und hatte den Eindruck, dass dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte. Groß, mit langsamen, anmutigen Bewegungen, ähnelte sie einer Maighdeann-Mhara, einer Sirene. Sie sah mich herablassend an und musterte mich ohne Zurückhaltung. Nein, wir werden uns nie verstehen, dachte ich mit leisem Spott.
Plötzlich klang ein durchdringendes Wimmern an meine Ohren. Ein Dudelsackspieler hatte, begleitet von einer Geige, ein leichtes Musikstück angestimmt. Der Rhythmus lockte mehrere Tänzer an, die um ein Feuer in der Mitte des Festplatzes hüpften. Sàra sprang voran und zog Colin hinter sich her. Mit einem Mal fühlte ich mich in mein heimatliches Irland versetzt, mitten auf die Jahrmärkte
von Belfast. Ich schloss die Augen und versank in meinen Kindheitserinnerungen an die Gigues und Reigen, die wir am Saint-Patricks-Day und zu Beltane 7 getanzt hatten. Mein Puls schlug im Takt zu der Musik, die um mich herum erklang und mir ins Blut drang. Ein heftiger Schauer überlief mich; so lange war es her, dass ich diese Musik nicht mehr gehört hatte. Vielleicht rief Irland mich zurück...
Als ich die Augen aufschlug, erblickte ich ihn endlich hinter dem Vorhang aus
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