Schwert und Laute
und er war nie zurückgekehrt.
»Bis dahin hast du noch ein paar Jahre Zeit, Robin«, setzte ich hinzu und streichelte ihm über den Nacken. »Hat dich jemand mit diesem Becher zu mir geschickt?«
»Nein! Ich habe ihn selbst eingeschenkt, ohne einen einzigen
Tropfen zu vergießen«, verkündete er und warf sich stolz in die Brust. »Ihr hattet nichts zu trinken, und da dachte ich, Ihr wäret vielleicht durstig.«
»Oh, ich sehe, dass du sehr scharfsinnig bist. Das ist nett von dir. Ich danke dir, ich hatte wirklich großen Durst«, schloss ich und nahm einen Schluck.
Der Junge lächelte glückselig. Zufrieden mit sich selbst, stand er auf.
»Ich gehe jetzt wieder zu meiner Mutter. Kommt Ihr mit?«
Robin zupfte an meinen Röcken und zwang mich, ihm zu folgen. Ich sagte mir, dass ich der Mutter ebenso gut ein oder zwei Komplimente über ihren wohlerzogenen Sohn machen konnte.
Ich folgte Robin in die Küche des Laird. Dort herrschte ein derartiges Gedränge, dass ich schon den Rückzug antreten wollte, als eine kleine rundliche Frau, die ihr dichtes braunes Haar unter einem Tuch zu einem Knoten geschlungen trug, auf uns zukam und den kleinen Jungen, der Zuflucht hinter meinen Röcken suchte, kräftig ausscholt.
Als sie mich erblickte, machte die Frau große Augen und riss den Mund auf, so dass ihre nächsten Vorwürfe unausgesprochen blieben. Ich schob das Kind auf seine Mutter zu.
»Hier bringe ich Euch Euren Sohn zurück«, sagte ich vorsichtig. »Er war so freundlich, mir etwas zu trinken anzubieten. Er ist ein sehr zuvorkommender kleiner Junge, und Ihr müsst sehr stolz auf ihn sein.«
Die Frau sah zu ihrem Sohn, der sie mit schalkhafter Miene strahlend anlächelte.
»Ich... hmmm... Ja, ich bin sehr stolz auf meinen kleinen Robin«, stotterte sie. »Allerdings hatte ich ihn gebeten, auf die Spanferkel Acht zu geben, und er ist ganz einfach verschwunden«, setzte sie hinzu und warf ihrem Sohn einen ärgerlichen Blick zu. »Jetzt gehorchst du mir aber, mein Kleiner«, drohte sie. »Dein Glück, dass die Spanferkel nicht verbrannt sind. Und nun trag die Körbe mit den Brötchen zum Tisch des Laird und versuche, sie nicht fallen zu lassen.«
Daraufhin schenkte Robin mir sein schönstes Lächeln und entfernte sich hoch aufgerichtet, die Arme voller Körbchen, die gefährlich
wackelten. Seine Mutter sah ihm zärtlich nach und strich sich einige widerspenstige Haarsträhnen unter das Tuch zurück, bevor sie sich wieder an mich wandte.
»Es tut mir leid, dass ich mich vor Euch hinreißen ließ, Madam. Manchmal bringt der kleine Lausbub mich aus der Fassung... Niemals bleibt er, wo er soll, und ich kann ihm nicht immer nachlaufen. In der Küche ist so viel zu tun. Ich hatte seine Schwestern beauftragt, auf ihn Acht zu geben, aber ich fürchte, sie haben sich ihrer Aufgabe entzogen«, seufzte sie. »Ich bin Geillis Macdonnel, und Ihr seid...?«
»Caitlin Dunn«, antwortete ich. »Und ich wollte Euch nicht von der Arbeit abhalten«, setzte ich hinzu und warf einen Blick auf die Tiere, die über der Feuerstelle brieten. »Vielleicht kann ich Euch ein wenig zur Hand gehen?«
»Oh nein, Madam!«, rief sie aus. »Sàra hat mir erzählt, dass Ihr unter uns weilt, um Euch von einer Verletzung zu erholen. Setzt Euch lieber hierher«, sagte sie und klopfte auf die Sitzfläche eines Stuhls, der in der Nähe der Tür stand. »Seid Ihr vielleicht hungrig? Ich bringe Euch einen kleinen Happen, bevor diese ausgehungerten Vielfraße all meine köstlichen Braten verschlingen.«
Ohne auf eine Antwort von mir zu warten, drehte sie sich auf dem Absatz um und watschelte davon.
Also setzte ich mich. Ich hatte tatsächlich großen Hunger. Der Duft des brutzelnden Fleisches und des Backwerks hatte meine Geschmacksknospen geweckt, und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Die Frauen waren damit beschäftigt, die Teller zu füllen, welche die Halbwüchsigen nach draußen trugen, um sie auf die Tische zu stellen.
Einige Minuten später kehrte Geillis mit einem gut bestückten Teller zurück. Ich dankte ihr herzlich. Sie wollte schon an ihre Öfen zurückkehren, als unter lautem Getöse ein hochgewachsener Jüngling, dem der erste Bartflaum spross, eintrat.
»Calum Macdonnel«, knurrte Geillis und zog den jungen Burschen am Ohr, worauf er das Gesicht verzog und lauthals protestierte. »Wo bist du gewesen? Du wusstest ganz genau, dass ich dich hier brauche, aber offensichtlich hast du wieder einmal andere die ganze Arbeit für dich
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