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Schwert und Laute

Schwert und Laute

Titel: Schwert und Laute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Colin allerdings war weiter unsichtbar geblieben, was mein schlechtes Gewissen ihm gegenüber noch verstärkte. Aus diesem Grund hatte ich auch meinen Plan, nach Irland zurückzukehren, noch nicht aufgegeben. Ich würde mich niemals damit abfinden können, der Grund für die Zerstörung brüderlicher Bande zu sein. Und ich mochte Colin zu gern, um ihn unverdient leiden zu lassen. Sàra schien sich merkwürdigerweise darüber nicht allzu viele Gedanken zu machen.
    Der Morgen zog schön und frisch herauf. Wir hatten einen Stapel Kleidungsstücke zum Flicken herausgelegt. Ich leckte meinen Faden an und hielt ihn gerade, um ihn in das Öhr der Silbernadel einzufädeln, als jemand an die Tür klopfte. Meghan steckte ihren schönen, feuerroten Schopf durch die Tür und strahlte uns honigsüß an.
    Sie wollte Pflanzen für Effie sammeln und schlug mir vor, sie zu begleiten. Ich war misstrauisch. Warum sollte sie meine Gesellschaft suchen? Sie stellte eine zerknirschte Miene zur Schau und entschuldigte sich für ihr unpassendes Verhalten von kürzlich abends, versicherte mir, sie wolle sich bessern. Ich war skeptisch und zögerte, doch Sàra bestand darauf, dass ich annahm. Ich sei ja leichenblass, meinte sie, und ein Spaziergang könne mir
nur guttun. Meghan wartete, den Korb über den Arm gehängt. In ihrem Blick stand ein eigenartiges leises Funkeln. Sei wachsam, Caitlin, sagte ich mir immer wieder. Nun ja, sie würde mich schon nicht eine Felswand hinunterstürzen!
    Wir gingen auf die Hügel zu, über denen sich der Pap von Glencoe erhob. Der Coe sprudelte fröhlich über die Stromschnellen und floss durch sein felsiges Bett, um sich schließlich mit den dunkleren und ruhigeren Wassern des Loch Leven zu vereinen. Ein Häher, der auf einem Kirschbaumzweig herumturnte, flog mit großem Lärm auf, als wir den schmalen Weg entlangkamen. Meghan summte fröhlich vor sich hin. Nachdem wir ein Stück Unterholz durchquert hatten, kamen wir auf die Heide hinaus, von der aus man freien Blick auf den See genoss. Auf den mit blühendem Heidekraut bewachsenen Hängen wuchsen überall herrliche Gruppen dicker, blühender Rhododendron-Büsche.
    Auf der Suche nach bestimmten Pflanzenarten wühlte Meghan unter den Büschen herum. Der Wind hob leicht ihre Röcke und enthüllte schamlos ihre blassen, schlanken Beine, die in der Sonne aufblitzten. Sie war wirklich sehr schön, und das wusste sie genau. Sie gehörte zu den Frauen, die sich ihrer Schönheit bedienen wie eines Köders, um die Männer anzuziehen, die sie begehren. Liam gehörte dazu, und ich wusste, dass sie ihre Beute nicht so leicht fahren lassen würde. Außer vielleicht, wenn er nicht anbiss.
    Mit einigen Stängeln, an denen mit Erde beklebte Wurzeln baumelten, kam sie zu mir zurück. Sie schüttelte sie und legte sie in den Korb, aus dem sie zuvor ein Bündel mit Vorräten genommen hatte. Mit Haferkuchen und einem Krug Bier setzten wir uns ins Gras.
    Wissbegierig lugte ich in den Korb, der bereits Beeren, Waldveilchen und Bergnelkenwurz enthielt.
    »Kennst du dich gut mit Heilpflanzen aus?«
    »Nicht besonders, nur mit denen, die zu erkennen Effie mich gelehrt hat. Allerdings könnte ich dir nicht sagen, wozu sie dienen. Ich interessiere mich nicht besonders dafür«, gab sie gleichgültig zurück.
    »Und wofür interessierst du dich?«, fragte ich neugierig.

    Meghan kniff die Augen zusammen, krauste die Nase und setzte eine nachdenkliche Miene auf. Eine Haarsträhne rutschte unter ihrem Kopftuch hervor, und sie steckte sie zurück und zuckte die Achseln.
    »Das Leben und seine Freuden, glaube ich«, antwortete sie mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen.
    »Die Freuden sind vergänglich, weißt du«, bemerkte ich und biss in einen der Kuchen. »Es muss doch etwas anderes geben, das dir am Herzen liegt, oder? Träumst du nicht davon, zu heiraten und Kinder zu bekommen?«
    Ihr Lächeln verschwand, und sie musterte mich aus ihren großen, smaragdgrünen Augen.
    »Vielleicht... Liam möchte gewiss wieder welche.«
    Ich biss mir auf die Lippen. Wie töricht ich war! Er hatte nicht mit ihr gebrochen, sondern überlegte nur, welche von uns er in seiner Hütte haben wollte.
    »Hat er davon gesprochen?«
    »Von Kindern? Nein. Im Moment haben wir wirklich anderes zu tun. Außerdem kommen die ohnehin, ohne sich vorher anzumelden.«
    Ich ging nicht auf die Bemerkung ein und wandte meinen Blick in Richtung Loch. In einem kleinen Hafen am Südufer lagen Schiffe vor Anker.

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