Schwert und Laute
Segel, die in der Sonne leuchteten, sprenkelten die blaue Wasseroberfläche wie weiße Flecken. Ich beschattete meine Augen mit der Hand, um die am Horizont treibenden Boote besser erkennen zu können.
»Ich wusste gar nicht, dass hier ganz in der Nähe ein Hafen liegt!«, sagte ich und versuchte, unbeteiligt zu klingen.
»Ballachulish. Häfen gibt es hier eigentlich überall, da unsere Straßen für Warentransporte kaum passierbar sind. Der Regen weicht sie auf. Auf jeden Fall reisen die Sassanachs lieber auf dem Wasser als auf dem Landweg, weil die Gefahr nicht so groß ist, von den Highlandern angegriffen zu werden. Unsere Wege dienen eher dazu, Vieh zu treiben. Ballachulish ist eine Stadt, die den Stewarts gehört, doch ihr Hafen bedient einen großen Teil dieser Gegend.«
Sie bot mir ein Stück gesalzenes Rindfleisch und Käse an und
fuhr dann fort, wobei sie mich aus dem Augenwinkel beobachtete.
»Die Schiffe, die hier liegen, segeln sogar bis nach Irland. Andere fahren die Küste bis nach England hinunter oder kommen von den Hebriden. Und, wann willst du abreisen?«
Einen Moment lang trafen sich unsere Blicke. Ihr Mund nahm einen zynischen Ausdruck an, und ihre Augen zogen sich leicht zusammen, so dass ihre katzenhafte Form betont wurde. Mit klopfendem Herzen wandte ich meine Aufmerksamkeit von neuem dem glitzernden See zu. Ballachulish... Dorthin musste ich mich wenden. Ich wusste, ich konnte darauf zählen, dass Meghan mir den Weg weisen würde. Wahrscheinlich würde sie sogar meine Schiffspassage bezahlen, um mich aus dem Weg zu schaffen. Jetzt begriff ich auch, warum sie mich zu diesem Spaziergang eingeladen hatte.
Düsteres Schweigen lastete auf uns, während wir unsere Mahlzeit beendeten. Ich spürte, wie Meghans Blick mir den Rücken durchbohrte. Merkwürdigerweise wurde mein Wunsch, das Meer zu überqueren, immer geringer bei der Vorstellung, dass sie über meine Abreise jubeln würde. Bei dem Gedanken, dass Liam das Bett dieser Frau teilen sollte, erschauerte ich. Alle meine guten Absichten verblassten. Im Grunde meines Herzens wollte ich bleiben, aber immer noch schwebte eine Bedrohung über meinem Kopf wie die scharfe Klinge einer »schottischen Jungfrau« 8 . Die Garde konnte jeden Moment hier auftauchen.
Ich schluckte den letzten Bissen meines zweiten Haferkuchens hinunter. Er hinterließ einen bitteren Geschmack in meinem Mund, den ich mit Bier herunterspülte.
»Hast du außer Isaak noch andere Geschwister?«, fragte ich unvermittelt.
Ich sah zu, wie sie gedankenverloren ihren Kuchen, den sie nicht angerührt hatte, zerbröselte und die Reste im Gras verstreute, während sie mit leerem Blick in die Ferne sah. Der Kuchen fiel ihr aus den Händen und verschwand im Gras. Sie packte den
Rest des Essens mit zögernden Bewegungen wieder in das Bündel.
»Nein. Isaaks Mutter ist im Kindbett gestorben, als er erst ein Jahr alt war. Das Kind war zu groß. Sein Vater, der auch der meine war, hat dann in zweiter Ehe meine Mutter geheiratet. Sie starb, als ich ungefähr zwei war. Man hat mir erzählt, sie sei an der Schwindsucht gestorben, aber ich habe keinerlei Erinnerung an sie. Unser Vater wurde vor zehn Jahren bei einem Überfall in Glenlyon von einer Rinderherde zu Tode getrampelt. Man hat uns bei Effie untergebracht, die eine entfernte Verwandte meiner Mutter ist. Es ist ihr gewiss nicht leichtgefallen, zwei Kinder großzuziehen, da sie selbst nie welche hatte. Aber sie ist sehr gut zu mir. Ich weiß, dass ich ihr ein wenig mehr helfen müsste, aber die Hausarbeiten sind mir derart zuwider... Sie zwingt mich auch nicht dazu. Allerdings durchstreife ich gern die Hügel, um die Pflanzen zu suchen, die sie dann trocknet. Hier ist mein Lieblingsplatz. Die Aussicht ist herrlich.«
Einen Moment lang schloss sie die Augen und ließ sich von der Brise, die den Salzduft des Meeres herantrug, das Gesicht liebkosen.
»Oft träume ich davon, an Bord eines dieser Schiffe zu gehen und in unbekannte Lande zu segeln, zu den Inseln des Südens oder in die Neue Welt. Im Unterschied zu MacIains Söhnen und ihren Vettern bin ich noch nie gereist. Die Frauen sollen brav in ihren Dörfern bleiben und darauf warten, dass ihre Männer heimkehren und ihrem Bett die Ehre erweisen.«
Sie wandte mir ihren affektierten Blick zu.
»Ich dagegen warte nicht gern.«
Ich trank das Bier aus und stellte den Krug zurück in den Korb.
»Wanderst du immer allein umher? In den Hügeln von Glencoe treibt sich ein Campbell
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