Schwerter der Liebe
einen Vorwand, um sich ihrer zu entledigen, ohne dass der Gentleman seine ärmlichen finanziellen Verhältnisse offenlegen muss. Wenn ich mich recht entsinne, war sein Name ... Daspit.«
»Daspit«, wiederholte Nicholas, dessen Interesse mit einem Mal erwacht war.
»Ein Mann, der sich oft in den Spielhallen herumtreibt.
Ich bin ihm dort erst letzten Monat begegnet.« Blackford legte den Kopf ein wenig schräg. »Stechende Augen, lange Nase, sehr lange Beine. Er erinnert mich irgendwie an einen großen Reiher.«
»Er wird sich wohl nicht verpflichtet fühlen, auf eine Herausforderung von Croquere einzugehen.«
»Vielleicht ja, vielleicht nein. Aber es gibt andere mit der gleichen mangelnden Fürsorge für diese Ladies. Croquere wäre ein fähiger Fürsprecher für sie.«
Nicholas sah zu Caid, der den Blick einige Sekunden lang erwiderte. Dem Iren war so wie ihm selbst klar, dass die Quadroons - freie farbige Frauen, die zu einem Viertel oder noch weniger afrikanischer Abstammung waren und die sich ihren Lebensunterhalt als Geliebte von weißen Männern verdienten — sich kaum in einer Position befanden, eine gerechte Behandlung einzufordern. Nur die Tradition und Meinung der Ebenbürtigen eines Mannes veranlassten ihn dazu, für ihren Unterhalt und den ihrer gemeinsamen Kinder zu sorgen, wenn der Mann sie ablegte. Dieser Einfluss war beträchtlich, verlor aber in dem Moment jegliche Wirkung, in dem es dem Gentleman gleich war, wie andere über ihn redeten. Die Quadroons konnten wahrlich einen Fürsprecher gebrauchen.
»Ja«, stimmte Caid zu, ehe er sich zu Blackford umwandte. »Sag ihm, er soll einen Decknamen wählen.«
Der Engländer lächelte. »Das hat er in weiser Voraussicht bereits getan. Sollte er es sich nicht noch einmal anders überlegen, dann wird es Ehrenrettung sein.«
Ehrenrettung, überlegte Nicholas. Eine interessante Wahl. Zweifellos hatte der Begriff für den Mulatten eine besondere Bedeutung. Er konnte nur hoffen, dass es ihm nicht mehr Ärger einbrachte, als er zu bewältigen imstande war. Aber natürlich würde er sich diesem Ärger nicht allein stellen müssen. War er erst einmal Teil der Bruderschaft, bekam er so viel Unterstützung, wie er benötigte.
Sie bestimmten Zeitpunkt und Ort, um Croquere in ihre Gruppe einzuführen, und Blackford erklärte sich bereit, ihrem neuesten Mitglied diesen Termin mitzuteilen. Anschließend unterhielten sie sich über eine Vielzahl von Dingen, unter anderem auch über die Schwierigkeiten von Präsident Tyler mit seinen Kabinettsmitgliedern, die Ereignisse in Florida nach dem Ende des Krieges mit den Seminolen sowie über das Massaker an einer britischen Garnison in Afghanistan.
Ihr Hauptthema betraf jedoch die Situation in Texas gleich an der Grenze zu Louisiana, wo ein Krieg auszubrechen drohte.
Der berüchtigte General Santa Ana, der für das Alamo-Massaker während des texanischen Unabhängigkeitskriegs vor ein paar Jahren verantwortlich zeichnete, war eine ganze Weile in politische Ungnade gefallen, doch nach der Amtsenthebung von Bustamente im letzten Herbst hatte er es geschafft, wieder zum Präsidenten von Mexiko aufzusteigen.
Sein Widersacher auf der anderen Seite des Rio Grande in der Republik Texas war der Held von San Jacinto, Sam Houston, der nach einer kurzen Unterbrechung soeben die Wiederwahl zum Präsidenten geschafft hatte. Seine Wahlkampagne artete zu einer Schlammschlacht aus, in deren Verlauf man ihm Feigheit, öffentliche Trunkenheit und sogar Diebstahl unterstellte. Houston war von der Peace Party unterstützt worden, bei der die reichen Baumwollpflanzer der südöstlichen Sektion das Sagen hatten. Bei seinem unmittelbaren Amtsvorgänger Mirabeau Buonaparte Lamar handelte es sich um einen Poeten, ausgezeichneten Fechter und Visionär, lange Zeit als Napoleon von Texas bezeichnet. Ihm war es gelungen, kurz vor Ende seiner Amtszeit in Mexiko Unruhe zu stiften. Santa Ana betonte seitdem des Öfteren, er wolle die bestehende Souveränität seines Landes gegenüber Texas wahren und weitere Verletzungen des mexikanischen Hoheitsgebietes unterbinden, damit sich so etwas wie der fehlgeschlagene Marsch auf Santa Fe aus dem letzten Jahr gar nicht erst wiederholte. Zudem kursierten Gerüchte, er plane im Frühjahr einen Vorstoß über den Rio Grande, womit sich Houston wohl in Kürze mit einem Krieg konfrontiert sehen würde.
»Irgendetwas Neues aus Galveston?«, fragte Caid, während er ein Zeichen gab, dass seine Tasse nachgefüllt
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