Schwerter der Liebe
damit richtig lag. Ehe er aber etwas erwidern konnte, fiel plötzlich ein Schatten auf ihren Tisch. Als er aufblickte, wurde er eines weiteren Freundes gewahr, der vor der Sonne nur eine Silhouette war.
»Blackford, mon ami«, sagte er blinzelnd. »Entweder du setzt dich zu uns, oder du bleibst stehen, um für uns einen guten Sonnenschutz abzugeben.«
»Es ist noch nicht mal Mittag, und schon hat man mich auf den Status einer Markise reduziert«, beklagte sich Gavin Blackford. Mit schmerzlich verzogener Miene betrachtete er den milchigen Bodensatz in dem Schälchen vor Nicholas, ließ ein Schaudern erkennen, als er sah, dass sie beide Kaffee tranken, dann setzte er sich zu ihnen, ohne jedoch für sich etwas zu bestellen. »Vermute ich richtig, dass es sich um eine zufällige Begegnung handelt? Oder könnte dies der Beginn einer Mission in Sachen Tapferkeit oder Rache sein?«
»Mission?«
»Eine Angelegenheit für die Bruderschaft, was denn sonst?«
Blackford bezog sich auf das inoffizielle Quartett, das aus Caid, Nicholas, dem derzeit abwesenden Rio und ihm selbst bestand. Nur ein paar Häuser weiter hatten sie an einem Abend vor zwei Jahren geschworen, ihren heimlichen Schutz für die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft - die Frauen und Kinder im Vieux Carre und der näheren Umgebung, denen prinzipienlose Männer schamlos auflauerten — auszuweiten, nachdem die Stadt in miteinander wetteifernde Bezirke aufgeteilt worden war, ohne dass der Schutz durch die Polizei untereinander in irgendeiner Weise geregelt gewesen wäre. Mit gekreuzten Schwertern hatten sie jeder einen Decknamen ausgewählt - Wachsamkeit für Rio, Tapferkeit für Caid, Wahrhaftigkeit für Blackford sowie Rache für Nicholas, ln der Zeit, die seither verstrichen war, hatten sich siebzehn Männer wegen ihrer Vergehen mit der Spitze eines Degens konfrontiert gesehen. Die meisten von ihnen waren bei anschließenden unauffälligen Duellen mehr oder minder schwer verletzt worden, einige hatten ein zweites Mal Verletzungen davongetragen, da sie keine Einsicht zeigten, und einer war infolge eines Wutanfalls gestorben, da er sich so sehr darüber aufgeregt hatte, dass sie es wagten, sich in seine Angelegenheiten einzumischen und über ihn zu urteilen.
»Derzeit liegt nichts an«, meinte Caid ein wenig grimmig.
»Zu schade. Croquere sprach mich gestern Abend noch einmal an, als wir am Marine Ballroom spazierten. Wusstet ihr, dass man überall über die Bruderschaft redet? Er erinnert sich noch sehr deutlich an den Tag, als er zu uns kam, während wir unsere Degen in guter Absicht zum Salut erhoben hatten. Er würde sich uns anschließen, wenn wir es ihm gestatteten.«
Blackford sah fragend von einem zum anderen. Er wusste so wie sie alle, dass man Croquere nicht nur als den bestaussehenden Mann von New Orleans bezeichnete, sondern dass er — gleich nach Rio, Caid, Nicholas und Pepe Llulla — unbestritten einer der besten Fechtmeister in der Passage de la Bourse war, der Straße der Fechtmeister. Vermutlich hätte Blackford in dieser Aufzählung auch berücksichtigt werden müssen, doch gewiss war das keineswegs. Er mied alle Turniere, bei denen er das unter Beweis hätte stellen können, und er weigerte sich sogar, sich mit seinen Gefährten im freundschaftlichen Gefecht auf der Fechtbahn zu messen. Das Wichtigste war jedoch, dass Croquere ein Mulatte war. Seine Abstammung hatte keinen Einfluss auf seine Eignung, sich ihnen anzuschließen, doch sie konnte sich darauf auswirken, als wie nützlich er sich für sie erweisen würde. In Paris, wo er ausgebildet worden war, hatte er eine Reihe von Duellen bestritten, doch in New Orleans sah das anders aus.
Die gleichen Männer, die ihm in seinem Fechtsalon gegenübertraten und dort dankbar auf seine Kritik an Schwächen in ihrem Kampfstil reagierten, würden mit Bedauern jede seiner Aufforderungen zu einem Duell ablehnen. Der Code Duello bestimmte, dass ein Gentleman sich nicht mit jemandem duellieren musste, den er nicht als ebenbürtig ansah. Sie alle waren sich dieser Regelung bewusst, ganz besonders Croquere.
»Schwebt ihm vielleicht ein besonderer Fall vor?«, wollte Nicholas wissen.
»Das nehme ich an. Er erwähnte einen Spieler, der seiner Geliebten die Schuld an seiner Pechsträhne gab und der seinem Pech abhelfen wollte, indem er sie ohne eine Absicherung ihrer Zukunft zu ihrer Mutter zurückschickte, nur begleitet von bösen Worten.«
»Also eine Quadroon.«
»Croquere hält es für
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