Schwerter der Liebe
den Kämmen hochgehalten wurden, die er ihr geschenkt hatte, der volle Schwung ihrer Lippen, die sanften Kurven ihres Busens und ihrer schlanken Taille waren Verlockungen, die ihn in einem Zustand von wundervoller Qual hielten, der Beweis genug dafür war, dass er eine solche göttliche Gnade nicht verdient hatte.
Plötzlich stellte sich Squirrel vor sie, legte eine Hand auf Gabriels Schulter und schob das Kind hinter sich. »Mais non«., sagte er und klang trotz seiner jungen Stimme so energisch wie ein Fechtmeister, der im Begriff war, seine Ehre zu verteidigen. »Sie werden Gabriel nicht bekommen. Er gehört zu uns.«
Nicholas machte im gleichen Moment wie Lisette einen
Schritt nach vorn, doch Juliette hob ihre Hand, um sie beide zurückzuhalten. »Sind Sie derjenige, der sich manchmal um ihn kümmert, Monsieur Squirrel? Sie haben das getan, als er auf der Straße lebte, nicht wahr?«
»Aye.«
»Sie haben ihn beschützt. Eine gute Sache.«
»Das habe ich gemacht, und so wird es auch immer bleiben.«
»Ich will ihm nichts antun.«
Squirrels Miene zeigte keine Regung. »Sie wollen es vielleicht nicht, aber es wird trotzdem so kommen.«
»Wie können Sie das sagen, wo Sie mich doch gar nicht kennen?«
»So ist es immer. Sie bringen ihn dazu, Sie zu mögen, und dann gehen Sie doch wieder weg. Er hat schon genug geweint.«
Juliettes Augen nahmen einen sanften Ausdruck an, ehe sie entgegnete: »Das würde ich nicht machen.«
»Vielleicht wollen Sie es nicht, aber die Dinge verändern sich. Menschen verändern sich. Menschen sterben.«
Es waren klare, nüchterne Worte, die für jemanden in diesem Alter mit erschreckend großer, schmerzvoller Weisheit ausgesprochen wurden. Als Nicholas das hörte, musste er daran denken, wie Squirrel gesagt hatte, dass Mütter sterben. Der Junge war sichtlich in Sorge, dass Juliette etwas zustoßen könnte, nachdem sie erst einmal begonnen hatte, sich um Gabriel zu kümmern. Nicholas verstand das sehr gut, weil er eigene Erinnerungen an solche Gefühle tief in seinem Inneren trug.
Aber was war mit Juliette, die nur wenig Leid erlebt hatte und die nicht wusste, was es hieß, zu hungern, zu keinem Menschen zu gehören, nicht einmal ein Dach über dem Kopf zu haben? Konnte sie verstehen, was den Jungen zu diesen Worten bewogen hatte? Konnte sie es verstehen und akzeptieren?
Nein, dieser Test war viel zu schwierig. Nicholas wusste, er sollte eingreifen, doch er konnte sich nicht dazu durchringen. Er wollte wissen, wie sie antworten würde, nicht nur der Jungs wegen, die vor ihr standen, sondern auch seinetwegen.
»Ich weiß«, sagte Juliette. »Menschen wenden sich von einem ab, obwohl sie sich nur darum kümmern sollten, dass man glücklich ist. Das ist der Lauf der Welt. Aber ich werde keiner von diesen Menschen sein. Wenn es in meiner Macht steht, werde ich weder Gabriel noch sonst jemandem wehtun. Falls Sie an meinen Worten zweifeln sollten, dann sind Sie jederzeit willkommen, um nach ihm zu sehen, wann immer Sie das wünschen.«
»Auch dann, wenn Sie und Monsieur Nick heiraten?«
Sie schien ein wenig verblüfft darüber zu sein, dass er davon wusste, hatte sich aber sofort wieder im Griff. »Ja, auch dann.«
»La Roche braucht keine Frau. Wir kommen auch so gut zurecht.«
»Squirrel«, warnte Nicholas ihn, während er sich zu Juliette stellte.
»Es ist doch so.« Der Junge schaute zu den anderen, die zustimmend murmelten.
»Aber wir werden noch besser zurechtkommen«, gab Nicholas zurück. »Ihr alle werdet immer bei uns willkommen sein, wie ihr wollt und so lange ihr wollt — entweder als unsere Gäste oder als unsere Söhne.«
»Söhne?«, wiederholte Squirrel, dessen Stimme abermals rau klang.
Juliette sprach das Wort ebenfalls nach, auch wenn dabei kein Ton über ihre Lippen kam. Als sie sich zu Nicholas umdrehte und ihn fragend ansah, wirkten ihre Augen wie ein Wirbel aus Jade und Smaragd, Peridot und Topas, wie Mosaike aus den kostbarsten Edelsteinen.
Lisette, die die Unterhaltung mitverfolgt hatte, sah von einem zum anderen, dann wandte sie sich den Jungs zu. »So, jetzt kommt mal mit, ihr kleinen Streuner. Ich glaube, Monsieur Pasquale und seine zukünftige Braut haben einiges zu besprechen, damit alles so ausgeht, wie es sollte. Der Koch hat ein ganzes Blech Melassekekse gebacken, die gekostet werden müssen. Ich finde, er hat zu viel Butter genommen, aber ich möchte eure Meinung dazu hören.«
Sie folgten ihr in Richtung Küche, drehten sich aber
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