Schwerter der Liebe
blauen Stoff.
Erschrocken stieß sie einen leisen Schrei aus. »Sie wurden getroffen? Wo? Ist es eine tiefe Wunde?«
»Nur ein Kratzer. Kein Grund zur Sorge.«
»Sind Sie sich sicher?«
»Ich schwöre es Ihnen.«
Er warf sein Cape nach hinten, damit es wieder richtig um seine Schultern lag. Gleichzeitig wich er vor ihrer noch immer erhobenen Hand zurück, als wolle er nicht von ihr berührt werden. Das war für sie die Krönung aller Ironie, da sie mit einem Mal nichts lieber wollte, als ihn zu berühren. Dass er dem Tod so nahe gekommen war, dass er um sein Überleben hatte kämpfen müssen, weckte in ihr das tiefe Verlangen, bei ihm zu sein und ihn an sich zu drücken, als könnte sie ihm Schutz bieten. Zweifellos war dieser Wunsch eine Folge der Leidenschaft, die sie nur wenige Augenblicke zuvor gefühlt hatte, dennoch war dieses Empfinden seltsamer als alles, was sie je gekannt hatte. Ein Zittern überkam sie, während sie gegen das Gefühl ankämpfte, dass sich gegen ihren Willen mit einem begehrlichen Pulsieren in den unteren Regionen ihres Körpers festsetzte.
Nicholas musste etwas von ihrer Sorge gespürt haben, da er sie einen Moment lang finster anschaute. Als er sprach, klang seine Stimme ungewohnt tonlos. »Mit Ihnen herzukommen war in jeder Hinsicht ein Fehler gewesen. Bitte glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass ich es mehr bedauere, als ich es in Worte fassen kann. Ich werde später Wiedergutmachung leisten, das steht außer Frage. Doch im Augenblick kann ich nur dafür sorgen, Sie so schnell wie möglich in den Ballsaal zurückzubringen.«
»Ja«, flüsterte sie.
Er nahm sie am Arm, dann brachte er sie zurück zu der Stelle, an der sie aus der Kutsche ausgestiegen waren. Ohne Protest ging sie mit ihm und bekam ohnehin kaum etwas da-
von mit, da sie sich auf die Gefühle konzentrierte, von denen sie hin und her gerissen wurde.
Wie konnte sie so dicht davor stehen, ihre Leidenschaft für einen Mann zu akzeptieren, für den nur zählte, dass sie als Mutter für seine Straßenkinder taugte, der sich aber ansonsten kein bisschen für sie interessierte? Wie konnte sie sich so verzweifelt nach ihm sehnen, wenn er dem Tode näher war als dem Leben? Und wie konnte sie sich wünschen, die Uhr um ein paar Minuten zurückzudrehen, um noch einmal diese Augenblicke der Ekstase zu durchleben, wenn sie doch wusste, dass sich dann auch unweigerlich dieser furchtbare Überfall wiederholen würde?
Auf keine dieser Fragen fand sie eine Antwort, während er sie zurück zum Maskenball begleitete. Sie grübelte noch immer, als sie längst mit ihrer Mutter und ihrer Schwester den Heimweg angetreten hatte, und die Gedanken daran verfolgten sie auch dann noch, als sie im Bett lag und zur Decke starrte, während das Unwetter endlich die Stadt erreichte und der Regen auf das Dach prasselte, ehe das Wasser von dort in den schmalen Hof lief.
Sie dachte an seine Stimme, an sein Gesicht, rief sich die Berührungen durch seine Hände ins Gedächtnis zurück. Der Kuss lief tausendmal und öfter vor ihrem geistigen Auge ab, während sie überlegte, was sie vielleicht hätte anders machen können, und während sie fragte, was wohl geschehen wäre, hätte sie ihm nicht Einhalt geboten. Sie lobte sich dafür, dass sie sich aus der Situation gerettet hatte, doch zugleich wünschte sie, sie hätte sie gar nicht erst verursacht.
Es dauerte viele Stunden, bis sie endlich eingeschlafen war.
Elftes Kapitel
Die vier Fechtmeister standen um das Bett herum und betrachteten es, als hätten sie so etwas noch nie gesehen. In gewisser Weise stimmte das sogar, denn ein solch großes Bett hatte noch keiner von ihnen zu Gesicht bekommen. Das Rosenholz wies einen seidigen Glanz auf, das Kopfende wies ausladende Kurven auf und war mit feinen Schnitzereien verziert. Die vier Bettpfosten - jeder so dick wie ein Baumstamm - trugen einen Himmel, der die Decke berührte. Gekräuselte Seide überspannte das Innere des gewaltigen Bettgestells. Entworfen war es offensichtlich für Besitzer von Baumwoll- und Zuckerrohrplantagen, die über das nötige Geld verfügten, um sich für ihre neo-klassischen Herrenhäuser mit den extrem hohen Decken die passenden Möbelstücke anzuschaffen. Jeder gesunde Mann musste beim Anblick dieses Betts auf unmoralische Gedanken kommen.
»Glaubt ihr, Celina wird es gefallen?«, fragte Rio in zweifelndem Tonfall, ohne den Blick von Mallards Ausstellungsstück abzuwenden.
»Ja, sobald sie aufhört zu kichern,
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