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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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schrumpeligen Zitronenscheibe zurückdachte, die er hastig wieder ausgespuckt hatte. Ein verhaltenes Kichern ließ ihn aufhorchen und mit einem Kopfschütteln in Richtung Zeltstadt zurückschlendern.
    Obgleich sie kaum eine Woche vor der Hauptstadt des Königreiches Sizilien lagerten, hatte sich bereits wieder die obligatorische Schar von Prostituierten und Lustknaben am Rande des Lagers eingefunden, wo sie von den gelangweilten, seit über einem Jahr von ihren Frauen getrennten Männern freudig empfangen wurden. Überall an dem flachen, von der Ebbe verbreiterten Strand hoben sich die dunklen Silhouetten der Paare scharf vom Horizont ab. Und nicht selten lösten sich nach keuchend beendetem Akt zwei oder mehr Soldaten von den weichen Umrissen der Dirnen. Wenigstens wurden diese Mädchen für ihre Dienste entlohnt, fuhr es Harold bitter durch den Kopf, als das Klimpern von Kupfermünzen an sein Ohr drang. Noch immer stieg Übelkeit in ihm auf, wenn er an die Szenen in Marseille zurückdachte, als Richard Löwenherz die schwangeren, weinenden Bauernmägde, die dem Heerzug gefolgt waren, mit Knüppeln hatte vertreiben lassen. Mehr als eines der meist unfreiwillig geschwängerten Mädchen hatte dabei den Tod gefunden. Was jedoch niemanden mit Bedauern erfüllt zu haben schien. »Keine Bastarde, kein Ärger«, hatte einer der Armbrustschützen mit Blick auf das Gemetzel gewitzelt und gleichgültig die Schultern gezuckt. Unbewusst fuhr Harold sich über die Augen, um die unangenehmen Bilder zu vertreiben und beschloss, sich an diesem Abend früh zu Bett zu begeben. Nachdem während des Marsches nicht viel Zeit für Waffenübungen geblieben war, hatte Henry of Cirencester ihm versprochen, ihn am nächsten Tag in die Geheimnisse des Nahkampfes einzuweihen. Und dafür wollte er ausgeschlafen sein. Gähnend trat er gegen einen kleinen Kiesel, beobachtete, wie dieser in einem Erdloch verschwand, und schlenderte zu der Behausung seines Dienstherrn zurück, der gemeinsam mit Littlebourne und einigen Männern des Erzbischofs von Canterbury vor einer Stunde zum Zelt des Earls of Devon aufgebrochen war, um dort zu Abend zu essen.
     
     
    Antiochia, September 1190
     
    Ungeduldig betrachtete Leopold von Österreich die architektonischen Besonderheiten der prunkvollen Fassade des Palastes, in dem der Sohn des verstorbenen Deutschen Kaisers, Friedrich von Schwaben, Unterkunft gefunden hatte. Die prächtigen korinthischen Säulen trugen ein ausladendes Dach, dessen Fries Szenen aus der Ilias darstellte. Über den versetzt angeordneten Akanthuskränzen des Kapitells fochten Achilles und Hektor ihren legendären Kampf aus, während in einer zweiten Szene Odysseus und seine Mannen aus dem durch eine List in die Stadt geschmuggelten Pferd krochen, um die nichts ahnenden Trojaner im Schlaf zu erschlagen. Ärgerlich hieb Leopold die geballte Faust gegen den rauen Säulenschaft und ließ langsam den Atem aus den Lungen entweichen. Wo blieb er denn nur so lange? Wenn nicht bald der Befehl zum Weitermarsch gegeben würde, sah der Österreicher schwarz für das ohnehin schon beinahe gescheiterte Unterfangen. Es ging ihm sowieso gegen den Strich, nach der verstimmten Pfeife des zehn Jahre Jüngeren tanzen zu müssen, da konnte dieser wenigstens pünktlich zu dem vereinbarten Treffen erscheinen! Mit einer sauren Grimasse strich sich der trotz seiner dreiunddreißig Jahre bereits fast völlig kahle, beleibte Herzog über den straff gespannten Stoff seines Obergewandes und rülpste leise. Irgendwie schien ihm das Essen in dieser gottlosen Gegend nicht zu bekommen! Seit Tagen litt er unter Blähungen, und mit dem regelmäßigen morgendlichen Stuhlgang war es inzwischen auch vorbei.
    »Leopold!« Beim Klang der tiefen Stimme wirbelte der Wartende herum und verzog die Mundwinkel zu einem gezwungenen Lächeln, als er die Gestalt des dreiundzwanzigjährigen Friedrich erblickte. Der wilde, rotblonde Schopf glich dem seines verstorbenen Vaters, und in den klaren, blauen Augen lag dieselbe Entschlossenheit, die Barbarossa zu einem der mächtigsten Männer Europas gemacht hatte. Nur wer den Spross des Staufergeschlechtes sehr genau kannte, konnte unter der Oberfläche den Schmerz und die Depression erkennen, die den Prinzen seit dem Tod seines Vaters quälten. Die Schultern des jungen Mannes bedeckte ein prächtiger neuer Umhang – ein Geschenk des Statthalters, dessen Gastfreundschaft der Anführer der Deutschen genoss, und auch das seidenbestickte Surkot

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