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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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schroffe Behandlung durch die Mamelucken erfüllte, spürte er, wie dieses Gefühl der ungewollten Bewunderung für seine Gastgeberin wich.
    Nachdem er einen Augenblick zu lange in die herausfordernd auf ihm ruhenden Augen geblickt hatte, stellte er die Miniatur wieder ab und verneigte sich respektvoll. »Prinzessin.« Wenngleich er die Schwester des Sultans niemals zuvor unverschleiert gesehen hatte, war er sich dennoch sicher, sie in seinem Gegenüber vor sich zu haben. »Ich verstehe nicht, was Ihr meint.« Dieses Eingeständnis entlockte ihr ein leises Lachen und – ohne auf die Etikette zu achten – trat sie zu ihm und wies auf das Gemälde. »Es sind die Augen«, stellte sie rätselhaft fest. Als Curd immer noch verständnislos die Brauen in die Höhe zog, ging sie zu einem der Tischchen und hob einen kleinen Handspiegel auf, den sie ihm unzeremoniös unter die Nase hielt. »Versteht Ihr jetzt, warum Ihr als Einziger begnadigt worden seid?«, fragte sie spottend und fuhr mit einem der manikürten Finger die Umrisse seiner Jochbeine nach, bis sie an seiner Schläfe ankam, wo sie einige Momente verweilte, bevor sie die Hand wieder sinken ließ. »Ihr seid der Neffe des Sultans!«
    Wie von einem Faustschlag in den Magen getroffen, taumelte Curd bei diesen Worten zurück und schlug beinahe grob die Hand, die den Spiegel hielt, zur Seite. »Nein!«, keuchte er und warf einen letzten, entsetzten Blick auf die Miniatur, die von der Heftigkeit seiner Bewegungen das Gleichgewicht verloren hatte und nun zur Decke starrte. »Nein! Mein Vater war ein Ritter des Königs«, brauste er auf und starrte Shahzadi, die amüsiert schmunzelte, kampfeslustig an. Gleichgültig zuckte diese die Schultern und blickte an ihm vorbei zu dem sich in einem Unwetter verdunkelnden Horizont. »Es ist egal, ob Ihr es glaubt oder nicht«, stellte sie kühl fest und strich sich mit dem rechten Zeigefinger über eine sorgsam gezupfte Braue. »Deshalb habe ich Euch nicht holen lassen.« Also war sie es gewesen und nicht der Sultan, fuhr es dem erzürnten Curd durch den Kopf. Doch bevor er die Frage stellen konnte, die ihm auf der Zunge lag, zog Shahzadi ein seidenes Tüchlein aus den Falten ihres Gewandes, dessen Anblick Curds Herzschlag einzufrieren schien.
    »Ich sehe, Ihr wisst, wem dieser Tand gehört?« Alle Wärme war aus ihrer Stimme gewichen, und nachlässig ließ sie das Tuch vor seinen Füßen zu Boden segeln. »Ihr scheint einen Narren an der jüdischen Dirne gefressen zu haben«, stellte sie mit einem grausamen Lächeln auf den Lippen fest, als sich der junge Ritter bückte und das Pfand liebevoll durch die Hände gleiten ließ. Bevor er jedoch eine unbedachte Antwort geben konnte, fuhr sie säuselnd fort: »Ihr könnt ihrem Vater ausrichten, dass das Leben des Mädchens keinen Pfifferling mehr wert ist, wenn er nicht binnen der nächsten zwei Wochen das geforderte Gold hier abliefert.« Am liebsten hätte Curd der hochmütigen Prinzessin den schlanken Hals umgedreht! Beinahe ein volles Jahr lang hatte er um die Gunst des Mädchens gebuhlt. Und nachdem seine Annäherungsversuche zuerst von der eifersüchtig wachenden Daja und dann von der Rückkehr des Kaufherrn erschwert worden waren, hatte sich endlich alles zum Guten gewendet und die beiden Liebenden hatten hoffen können, bald vereint zu sein. Nur um kurz vor dem Ziel ihrer Sehnsüchte von der hinterhältigen Intrige dieses Weibes auseinandergerissen zu werden! Mit einem wütenden Knurren kam er wieder auf die Beine und trat auf die erschrocken zurückweichende Shazadi zu, die nach einer kaum wahrnehmbaren Sekunde aufflackernder Furcht in die Hände klatschte und den Wächtern zunickte, die augenblicklich den Raum betraten. »Begleitet ihn hinaus!«
     
     
    Vor den Stadttoren Akkons, September 1190
     
    Während in der Ferne der Einschlag von Gesteinsbrocken Staub und Splitter aufwirbelte, stiegen innerhalb des christlichen Lagers an mehreren Stellen dicke, rußende Säulen aus Qualm und Gestank in den bedeckten Himmel über der Bucht. Über der in der schwülen Hitze backenden Landschaft hing eine Mischung aus Verwesungsdämpfen, Kloake und verrottendem Holz, und der inzwischen stark abgemagerte Guy de Lusignan rümpfte mehr aus Gewohnheit denn aus Ekel die Nase. Eigentlich roch er die üblen Dämpfe schon seit Wochen nicht mehr. Selbst die vormals so zahlreichen Möwen schienen angewidert von dem Gestank das Weite gesucht zu haben, ganz im Gegenteil zu den inzwischen zu einer

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