Schwerter und Rosen
mit dem Doppeladler wirkte neu und teuer. Mit überschwänglich ausgebreiteten Armen eilte der Staufer dem Babenberger entgegen und ergriff dessen Hände, die er etwas fester drückte, als nötig gewesen wäre. »Bitte entschuldigt«, bat er achselzuckend und führte Leopold die breite Treppe ins Innere des Hauses hinauf. »Ich musste noch ein paar Dinge klären.« Nur mühsam verkniff sich der Österreicher die mürrische Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, und warf dem Schatten des Herzogs, einem schlanken, jungen Mann in Mönchstracht einen misstrauischen Blick zu. »Ansbert wird festhalten, was wir beschließen«, erklärte Friedrich, das Stirnrunzeln seines Gegenübers interpretierend. Da er sich darüber im Klaren war, dass der in der bevorstehenden Versammlung gefasste Beschluss das Bild beeinflussen konnte, das seine Nachfahren von ihm haben würden, hatte der junge Staufer beschlossen, den Chronisten jedes einzelne Wort aufzeichnen zu lassen. Jeder der Anwesenden würde den Bericht am Ende unterzeichnen, sodass keiner von ihnen später behaupten konnte, nichts von dem Beschlossenen gewusst zu haben. »Lasst uns gehen.« Mit einem schwer zu deutenden Ausdruck auf den fein geschnittenen Zügen eilte er dem Babenberger voran und verschwand in den Eingeweiden des Palastes.
Der Königshof in Navarra, September 1190
»Wo um alles in der Welt ist mein mokkafarbenes Bliaud ?« Die etwas zu hohe Stimme der bildschönen Tochter des Königs von Navarra ließ Catherine aus ihrem Tagtraum fahren und erschrocken von dem Hocker aufspringen, auf dem sie eines der feinen Seidentücher ihrer neuen Herrin bestickt hatte. »Ich hatte es doch irgendwo hier abgelegt, nicht?« Die Wangen vor Aufregung gerötet, eilte Berengaria von Navarra ans andere Ende ihres aus drei riesigen Räumen bestehenden Gemaches und durchwühlte dieselbe Eibenholztruhe, deren Deckel sie erst vor wenigen Minuten zugeworfen hatte. »Ich kann unmöglich ohne dieses Bliaud reisen!« Ihre sorgsam aufgesteckte Frisur aus zahllosen, kompliziert geflochtenen Zöpfen wippte unter dem elfenbeinfarbenen Gebende auf und ab, als sie auf Catherine zueilte, die sich inzwischen erhoben und den Stickrahmen zur Seite gelegt hatte. Zwischen die kühn geschwungenen, dunklen Brauen trat eine kleine Falte, als die Prinzessin sich ein weiteres Mal suchend umblickte.
»Wenn Ihr das mit dem Tulpenmuster meint«, bemerkte das Mädchen ruhig, »das haben wir bereits eingepackt.« Obschon sie am liebsten den Kopf geschüttelt hätte, lächelte sie ihre neue Herrin, die mit ihren sechsundzwanzig Jahren fast doppelt so alt war wie Catherine, geduldig an und schlug die Lider nieder, um das belustigte Funkeln zu verbergen. »Tatsächlich?« Berengarias Augen weiteten sich erstaunt, und nach einigen Wimpernschlägen des verwirrten Zögerns drückte sie Catherine einen Kuss auf die Wange, bevor sie wie ein aufgescheuchter Schmetterling weiterflatterte. Wie viel anders als die englischen Damen die feurige spanische Prinzessin doch war! Zu Beginn, nach ihrer Ankunft an dem fremden Hof, hatte Catherine Schwierigkeiten gehabt, mit der formlosen Art der jungen Braut des Königs umzugehen. Doch es hatte nicht lange gedauert und sie hatte die manchmal brüskierende Ehrlichkeit der dunklen Schönheit zu schätzen gelernt. »Und hast du vielleicht auch meinen Schleier gesehen?«, ertönte der Sopran aus dem Nebenzimmer. Catherine seufzte. Vielleicht wäre es besser, wenn sie ihre Herrin von der Aufregung der bevorstehenden Reise ablenkte. Zwar würden sie in Barcelona haltmachen, um dort zu überwintern. Aber die Spanierin war aufgeregt, als ob sie ihrem Bräutigam schon am nächsten Tag zugeführt werden sollte.
»Mylady«, hub das Mädchen an und folgte Berengaria in die angrenzende Kammer, wo diese sich vor einem den Raum beherrschenden, polierten Silberspiegel zwei grellorangene Borten an das safrangelbe Obergewand hielt. »Warum gehen wir nicht ein wenig in den Garten und spielen Federball?« Bisher hatte der heitere Zeitvertreib es immer vermocht, die sorgenumwölkte Stirn zu glätten, da die Konzentration, die erforderlich war, das windanfällige Körbchen zu treffen, alle anderen Dinge in den Hintergrund drängte. Langsam ließ die Ältere die Stoffstreifen sinken und drehte sich um, um ihrer Hofdame in die Augen zu blicken. »Meinst du?«, fragte sie unsicher und wies mit der schlanken Hand auf das Durcheinander in der von Truhen und Kisten übersäten Kammer. »Aber
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