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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Gliedern, und zurück blieb einzig die befriedigende Wärme, die sich allmählich von seinem Unterleib über den gesamten Körper ausbreitete. Leise seufzend zog er sich die dünne Chainse über den Kopf, warf sich eine Handvoll lauwarmes Wasser ins Gesicht und ließ sich in die Kissen sinken, die noch den zarten Duft des Mädchens ausströmten. Müde schloss er die schweren Lider, und während er sich das Schauspiel des folgenden Tages ausmalte, driftete er langsam in einen tiefen, traumlosen Schlaf ab.

    *******

    Mit einem blendenden Gleißen warfen die schneeweißen Türme der Stadt die Sonne zurück. Hätten den Zuschauern nicht die Schatten der Gebäude rings um den Marktplatz Schutz geboten, hätten sie die Augen beschirmen müssen, um dem auf einer erhöht errichteten Holzbühne stattfindenden, blutigen Spektakel folgen zu können. Gegenüber der hochbeinigen Plattform war eine Tribüne errichtet worden, von der aus der König und die höchsten Adeligen den Hinrichtungen auf Augenhöhe folgen konnten. Harold hatte – ebenso wie Cirencester und viele der anderen Ritter und Knappen – einen Platz am südlichen Ende des Marktplatzes gefunden, von wo aus er direkten Blick sowohl auf den prachtvoll gewandeten Richard Löwenherz als auch auf die nur wenige Schritte von ihm entfernt auf ihr Ende wartenden, gefesselten Gefangenen hatte. Dem allgemeinen Getuschel zufolge hatte der englische König den von Essex im Auftrag Salah ad-Dins ausgeführten Mordanschlag als Vorwand gewählt, um seine Position zu stärken. Da der moslemische Herrscher das verkürzte Ultimatum zur Herbeischaffung der christlichen Gefangenen und der immensen Lösegeldsumme nicht hatte einhalten können, hatte Löwenherz kurzerhand beschlossen, die Geiseln hinrichten zu lassen.
    Harold verfolgte mit Grauen, wie etwa einhundert der insgesamt beinahe dreitausend in weiße Büßergewänder gekleideten Gefangenen von ihren Landsleuten getrennt und mit blanken Schwertern die wackelige Leiter zum Schafott hinaufgetrieben wurden. Dort lagen die Earls of Essex, Devon und Cornwall sowie John of Littlebourne und etwa ein Dutzend Ritter in den Farben des Erzbischofs of Canterbury bereits an der vordersten Kante auf den Knien. Im Gegensatz zu der hellen, aneinandergefesselten Menge aus Männern, Frauen und Kindern wirkten die bunten Gewänder der Schaulustigen unangemessen heiter. Da die verängstigten Todgeweihten versuchten, nach allen Seiten auszubrechen, hatte der sechs Mann starke Ring, der sie umfing, alle Hände voll zu tun, um für Ruhe zu sorgen. Als die Henker die ersten Männer auf die Knie gezwungen und ihnen Augenbinden angelegt hatten, erhob sich Richard Löwenherz und gebot mit einer herrischen Geste Ruhe.
    »Gott ist mein Zeuge, dass es niemals so weit hätte kommen müssen«, verkündete er, und seine tiefe Stimme erreichte selbst die an die hinterste Wand gedrängten Männer. »Nichts liegt mir weniger, als Unbewaffnete zu töten.« Auf den Gesichtern derjenigen Gefangenen, die in vorderster Front standen, zeichnete sich leise Hoffnung ab. Diese wurde allerdings sofort zerschlagen, als Löwenherz fortfuhr. »Der Herrscher, dessen Befehl diese Unglückseligen folgen, hat sich jedoch als weniger ehrenhaft erwiesen als zu Beginn angenommen.« Sein Blick wanderte zu Essex und den anderen Verschwörern, deren zerschlagene Leiber immer noch deutliche Spuren der Folter aufwiesen, die ihnen sämtliche Einzelheiten des schändlichen Komplotts entlockt hatte. »Weshalb mir keine andere Wahl bleibt!« Mit einem Wink bedeutete er den Soldaten, ihr blutiges Handwerk zu beginnen. Und kaum, dass der Kopf des ersten Opfers glatt vom Hals abgetrennt war und mit einem dumpfen Laut auf den Holzbohlen aufschlug, ließ sich der englische König zurück auf seinen Thron sinken, um dem Massaker mit einem grimmigen Lächeln auf den Lippen zu folgen. Mann um Mann, Frau um Frau und Kind um Kind sanken enthauptet zu Boden. Als der Berg der Leichen, die sich unter der Bühne türmten, bereits so hoch war, dass die Henker nicht mehr wussten, wohin mit den übrigen Toten, brach einer der Gefangenen trotz der Sicherheitsmaßnahmen aus dem Kreis der Verurteilten aus. Ehe die Soldaten reagieren konnten, warf er sich vor dem Banner, das die hölzerne Wand unter Richards Thron schmückte, auf die Knie, um mit schriller Stimme um Gnade zu flehen.
    Er hatte jedoch kaum den Blick zu dem Anführer der Kreuzfahrer gehoben, als ihm einer der Zuschauer mit dem Knauf seiner Waffe

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