Schwerter und Rosen
Verletzungen, die er bei dem wenig sanften Verhör davongetragen hatte, im hellen Licht der Nachmittagssonne weitaus weniger schmerzhaft als unter Tage in dem düsteren Kellergewölbe, in dem alle Sinne geschärft waren für die Qualen, die noch kommen würden. Wie glücklich konnte er sich schätzen, dass ihn nicht das gleiche Schicksal ereilt hatte wie den Tempelritter, der kurz nach der Ankunft im Palast des englischen Königs fiebernd zusammengebrochen war! Mit einem energischen Kopfschütteln wischte er die Erinnerung an die bereits langsam verblassenden Stunden der Furcht und des Bangens fort und drückte Catherine einen Kuss auf die erhitzte Stirn. »Es sind nur ein paar Abschürfungen und Prellungen«, spielte er die tatsächlich erstaunlich schnell abklingenden Schmerzen herunter. »Der Gewürzwein hat Wunder gewirkt«, flachste er, als sich Zweifel und Unglaube in ihre geweiteten Augen schlichen. Das war nicht einmal gelogen. Ein weiterer Faktor, der dazu beigetragen hatte, dass er sich schneller als erwartet erholte, war, dass der König Cirencester und ihn als Zeichen seiner Reue zu einem Bankett am folgenden Abend geladen hatte, bei dem die erfolgreiche Aufdeckung der Verschwörung gefeiert werden sollte. Zusammen mit der Einladung hatte Löwenherz Henry of Cirencester einen Stapel prächtiger Gewänder und eine Truhe voller Goldstücke übergeben, die Harolds zunehmende Sorge um seine immer fadenscheiniger werdende Garderobe mit einem Schlag zerstreut hatten. »Ich habe einen Bärenhunger«, stellte er nach einem Kuss auf Catherines Lippen schließlich fest und drückte sie erneut an sich, was ihr ein schiefes Lächeln entlockte. »Dann komm mit«, forderte sie ihn auf und zog ihn in Richtung des Stadthauses davon, in dem die Damen untergekommen waren. »Ich werde dich nicht mehr aus den Augen lassen!«
Akkon, 19. August 1191
Der Tag hätte so schön sein können, dachte Löwenherz verdrossen, als er den entnervten Blick zurück zu dem unerfreulichen Schauspiel vor den Säulen des Palasteingangs wandern ließ, wo Philipp von Frankreich eine lächerliche Szene aufführte. »Nehmt doch Euer verfluchtes Jerusalem alleine ein!« Die helle Stimme des kleinen, von der Ruhr geschwächten französischen Königs überschlug sich vor Ärger, und das fliehende Kinn mit dem albernen Bärtchen wippte bei jedem Wort auf und ab. Seitdem sein Verbündeter, Leopold von Österreich, Akkon vor etwas mehr als einem Monat verlassen hatte, war er den aus seiner Sicht unglaublichen Unverschämtheiten des englischen Königs ohne Unterstützung ausgeliefert. Zuerst hatte er ihn um die Beute aus Zypern betrogen und nun entmachtete er auch noch den von Philipp unterstützten Konrad von Montferrat. Ohne das Einverständnis des französischen Königs einzuholen, hatte Löwenherz kurzerhand festgelegt, dass Guy de Lusignan bis zu seinem Ableben König von Jerusalem sein, und dass die Krone erst nach seinem Tod auf Konrad übergehen sollte. Mit diesem Affront hatte er das Fass zum Überlaufen gebracht. Was zu viel war, war zu viel! Mit wehendem Umhang stürmte der schäumende Philipp die Stufen des Palastes hinab und eilte auf sein Reittier zu, das ein Page am kurzen Zügel hielt.
»Warum nehmt Ihr nicht Vernunft an?«, dröhnte Richard, der dem von seinem Standpunkt aus allzu streitlustigen Philipp mit ausgreifenden Schritten folgte. »Ihr könnt doch nicht so kurz vor dem Ziel wegen einer solchen Kleinigkeit den Schwanz einziehen!« Nicht falscher hätten die Worte gewählt sein können, da der Franzose, der den Absatz der Freitreppe inzwischen erreicht hatte, wütend herumwirbelte und Löwenherz anfauchte. »Damit kennt Ihr Euch wohl besser aus als ich«, zischte er und setzte den Fuß in den Steigbügel. »Ich weiß überhaupt nicht, was Ihr wollt«, setzte er wütend hinzu. »Ich lasse Euch schließlich meine Männer da!« Nur mühsam verkniff Richard sich ein Lachen. Das armselige Häufchen abgehalfterter Streiter, das der junge König von Frankreich in dem Lager zurückgelassen hatte, spottete jeder Beschreibung. »Und außerdem«, fuhr Philipp mit einer nicht zu überhörenden Drohung fort, »scheint mir dieser Krieg nicht profitabel genug zu sein.« Er machte eine kleine Pause. »Wie viel sinnvoller wäre es da, sich um die Angelegenheiten im eigenen Land zu kümmern!«
Na prächtig!, stöhnte Löwenherz innerlich. Zwar hatte der französische König den Tod Philipps von Elsass – eines seiner wichtigsten
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