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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Strand angelangt und wrang den Saum seines schlichten Übergewandes aus, während er ungeduldig darauf wartete, dass auch die anderen das Ufer erreichten. Keuchend und schimpfend wateten seine Gefolgsleute durch das erstaunlich zähe Element, und manch einen ereilte das gleiche Missgeschick wie Mortimer, bevor er die Sicherheit des englischen Festlandes erreichte. Nachdem alle Männer und Tiere an Land waren, gab Richard seinem Knappen mit einem kurzen Kopfnicken zu verstehen, dass er ihm in den Sattel helfen sollte, und der junge Mann verschränkte die Hände unter seinem gepanzerten Schuh. Mit einer gewaltigen Anstrengung half er seinem Herrn auf den Rücken seines geduldig wartenden Schlachtrosses, um sich danach selbst in den Sattel einer zierlichen Stute zu schwingen.
    »Nach London!«, brüllte Richard, ehe er seinem Tier die Sporen gab und die steile Böschung hinaufpreschte, ohne auf die mögliche Gefahr eines Sturzes zu achten. Mit zusammengepressten Kiefern kauerte er sich tief über die Mähne des feurigen Hengstes, grub die Hacken in die Flanken des Rappen und nahm die vibrierende Kraft seines Schlachtrosses in sich auf. Noch bevor die Mitglieder seines Gefolges das Ende des Strandes erreicht hatten, verschwand seine hünenhafte Gestalt bereits hinter der Kuppe des ersten Hügels.
     
     
    Vor den Stadttoren Philippopels, August 1189
     
    »Dieser treulose Hund!« Das faltige Gesicht des fünfundsechzigjährigen Kaisers des Heiligen Römischen Reiches war rot vor Wut. Die tiefblauen, funkelnden Augen ruhten erzürnt auf dem Pergament, das ihm ein schmutziger, um sein Leben bangender Bote aus Philippopel – einer Stadt etwa einhundert Meilen südöstlich von Sofia – überreicht hatte. »Wie kann er es wagen?!« Der fast kahle Kopf des als Barbarossa – Rotbart – bezeichneten Herrschers glänzte vor Schweiß. Und der dichte, von grauen Strähnen durchzogene Kinnbart zuckte auf und ab, als er an seiner Unterlippe nagte. Die Luft im Inneren des kaiserlichen Pavillons schien zu stehen. Die einzigen Laute, welche die lastende Stille im Schatten der bestickten Leinwand unterbrachen, waren das Gewimmer des Boten und das heftige Atmen des Kaisers, der mit vor Zorn blindem Blick auf die Botschaft in seiner knotigen Hand hinabstarrte. Eine dicke blaue Ader auf seiner Stirn pulsierte im Rhythmus seines Herzschlages, und der goldene Brustpanzer hob und senkte sich heftig.
    Ansbert, der nach dem Besuch der byzantinischen Beamten vor einigen Tagen ein flaues Gefühl im Magen gehabt hatte, hob die Feder, um die Szene festzuhalten. Am vergangenen Samstag hatte der Statthalter von Philippopel seinen Generalpostmeister mit einigen weiteren Männern in das Lager der Kreuzfahrer geschickt, um mit dem Deutschen Kaiser über eine ungehinderte Durchreise zu verhandeln. Die Stimmung unter den Kreuzfahrern war seit ihrem Aufbruch aus Sofia – wo sie den versprochenen Markt nicht angetroffen hatten – ins Bodenlose gesunken. Und die Stadt Philippopel schien die letzte Hoffnung, ihre immer weiter schwindenden Lebensmittelvorräte aufzufrischen. Daher hatte Barbarossa erneut Gesandte zu Kaiser Isaak nach Konstantinopel geschickt, um von diesem die Bestätigung der bereits gemachten Zusage zu erhalten, durch byzantinisches Gebiet ziehen zu dürfen. Zudem hatte er erneut darum gebeten, dass die Bevölkerung ihm Lebensmittel zum Kauf bereitstellen möge. Während der Bote immer noch auf eine Antwort harrte, die sein Schicksal besiegeln konnte, bemühte Ansbert sich, die Besprechung in möglichst farbenprächtiger Sprache darzustellen. Als der schwarze Strich seines Gänsekiels sich in der Mitte teilte, feuchtete er dessen Spitze mit der Zunge an und versenkte ihn ein weiteres Mal in dem Tintenfass. Eine prachtvolle Majuskel trennte den Bericht von der Beschreibung der Ereignisse des vergangenen Samstags.
    Bei dem Treffen mit dem Generalpostmeister war es zu Missverständnissen gekommen, und die Byzantiner waren mehr oder weniger missgelaunt abgezogen – erbittert über den schroffen Ton des verärgerten Deutschen Kaisers. Im Anschluss an das Treffen hatten sie einen Boten zu Kaiser Isaak geschickt, der daraufhin – offenbar in dem Glauben Barbarossa sei sein Feind – die Abgesandten des Deutschen gefangen gesetzt hatte. Die Nachricht, die der Bote dem betagten Anführer der Kreuzritter vor wenigen Minuten überreicht hatte, informierte diesen sowohl über diese Tatsache als auch darüber, dass Isaak alle Eide, die in der

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