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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Belagerungstürme und weitere Katapulte, sowie Pavesen – große Holzschilde, welche den Armbrust- und Bogenschützen als Deckung dienten – würden in den nächsten Tagen und Wochen von den Zimmerleuten zusammengenagelt und -geleimt werden. An Holz herrschte in der fruchtbaren Küstenregion kein Mangel, und über dem Gewirr aus Stimmen und Tierschreien lag das Stakkato der Äxte, die Palmen und Nadelbäume zu Fall brachten. Mit zusammengekniffenen Augen verfolgte Guy, wie die pisanischen Zimmerleute das äußerste Stück des Katapultarmes befestigten, die Maschine aufrichteten und den Zugtieren die Peitsche gaben. Es wäre doch gelacht, wenn es ihm nicht gelingen sollte, mit einer so gewaltigen Übermacht, die Stadt zur Kapitulation zu zwingen!, schoss es dem ehemaligen König von Jerusalem durch den Kopf. Und dann würde er sich an seinem machthungrigen und ehrgeizigen Rivalen Konrad von Montferrat rächen! Während er über den heißen, ausgetrockneten Boden in Richtung Akkon schlenderte, malte er sich in Gedanken aus, wie er diesen Emporkömmling bestrafen würde. Wie konnte es dieser hinterfotzige Intrigant wagen, Guys Anspruch auf den Königstitel anzuzweifeln?! Zwar hatte Guy nur durch die Heirat mit Königin Sibylle das Anrecht auf den Thron erhalten. Doch das gab den Baronen und diesem Verräter noch lange nicht das Recht, ihm die Schuld für die Niederlage bei Hattin in die Schuhe zu schieben!
    Über ihm verdunkelte sich der Himmel, als Dutzende von Männern einen bereits fertiggestellten Belagerungsturm an Seilen in die Höhe zogen. Quietschend kam der Gigant eine halbe Meile vor den mächtigen Mauern der Stadt zum Stehen. Augenblicklich erklommen furchtlose Knaben die gefährlich wackelig wirkende Leiter, die ins geschützte Innere des Wandelturms führte, um diesen mit nassen Fellen auszuschlagen. Sollte der Feind brennende Pfeile auf das Gerät abschießen, würde es so vor dem zerstörerischen Feuer geschützt. Während die jungen Burschen noch mit dieser Arbeit beschäftigt waren, bauten die bereits sonnenverbrannten Soldaten die Bretter hinter dem Turm ab, um sie vor ihm erneut zu einer Art Straße zusammenzulegen, auf der sich der Riese leicht bewegen ließ. Guy stöhnte und wischte sich den Schweiß von der Stirn, ehe er den Blick über den blassblauen Himmel wandern ließ. Die Hitze war beinahe unerträglich. In der Ferne erhoben sich die Berge des Karmelgebirges, aber ihre Umrisse verschwammen mit dem farblosen Horizont. Als Guy die Augen mit der Hand beschirmte, war es ihm, als zögen Raubvögel ihre Kreise über dem höchsten Gipfel. War das ein gutes Zeichen?, fragte er sich unvermittelt, verwarf den Gedanken jedoch augenblicklich mit einem selbstverachtenden Schnauben. Was scherten ihn Omen! Alles, was zählte, war der Kampfgeist der Männer. Wie gut, dass es sich um Neuankömmlinge handelte. Hätten sie ebenso wie er die Grauen der Schlacht bei Hattin miterlebt, wäre ihr Enthusiasmus sicher um einiges gedämpfter. Doch sie waren jung und auf Beute, Ruhm und Reichtum aus. Warum sollte er das nicht zu seinem Vorteil nutzen?
     
     
    London, White Tower, August 1189
     
    Harold atmete auf, als die schweren Tore der normannischen Festung hinter ihnen ins Schloss fielen, während am westlichen Horizont die unbarmherzige Sonne hinter den Dächern versank. Was für ein Albtraum! Nach dem Schrecken, der mit der Nachricht vom Tode Henrys einhergegangen war, hatte sich der Knabe mit sorgenschwerem Herzen wieder in den Sattel geschwungen und über seine nun noch ungewissere Zukunft nachgegrübelt. Sein Begleiter, Guy de Brassard, hatte zwar sein Bestes getan, den Sohn seines Dienstherrn aufzumuntern. Doch die Witzeleien über die angeblichen Neigungen des Thronfolgers hatten Harold nicht lange aus dem düsteren Brüten reißen können. Weder Abendessen noch Frühstück hatte er angerührt, bis er am folgenden Tag schließlich so schwach war, dass Guy an einer Taverne abgesessen war und ihn dazu gezwungen hatte, etwas mit Lammfleisch gekochten Kohl und frisches Brot zu sich zu nehmen. Erstaunlicherweise hatte sich sein Magen begeisterter gezeigt, als Harold angenommen hatte, und der Knabe hatte drei volle Portionen des Eintopfes verschlungen.
    Vier weitere Tagesritte auf der alten Römerstraße hatte es gedauert, bis sie endlich die enorme Ringmauer der Hauptstadt in der Ferne hatten auftauchen sehen. Und mit müden Gliedern hatten sie sich in langsamem Trab einem der sieben Stadttore – dem

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