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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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mehr«, beschied Friedrich und langte ebenfalls nach einem der unappetitlich gräulichen Stückchen Schweinerücken, um es mit einem angeekelten Gesichtsausdruck zwischen die erstaunlich dichten Zahnreihen zu schieben. »Sobald die Stadt fällt, kann mich nichts und niemand davon abhalten, die erste Vorratskammer zu plündern, die ich finde«, versprach er mit düsterer Miene. »Ein Krug Bier würde mir schon genügen«, schwärmte Ansbert träumerisch und rümpfte die Nase, als Friedrich ihm die Wasserkelle entgegenhielt. Schon längst waren die Fässer mit Wein und Bier aufgebraucht, die die Kreuzfahrer mit auf den langen Heerzug genommen hatten. Und wenngleich Ansbert die Zuversicht der anderen teilte, war er sich dennoch nicht ganz so sicher, was die Geschwindigkeit anging, mit der die Deutschen den Sieg davontragen würden. Auch wenn sein Magen ärgerlich protestierte, zwang er sich dazu, nur einen Teil seiner Ration zu essen. Denn wer wusste, wie lange es tatsächlich noch dauern würde, bis sie endlich ihre Vorräte wieder auffüllen konnten.
     
     
    London, White Tower, September 1189
     
    Heiteres Gezwitscher begleitete das Herumtollen der Dompfaffen und Amseln, die in dem Gärtchen des White Towers ein unbeschwertes Spiel trieben. Rechts und links des von Rosenranken geformten Durchgangs blühten Astern, deren tiefes Blauviolett mit den Farben der Pfauenaugen und Schwalbenschwänze wetteiferte. Die von Schleierwolken abgeschwächten Sonnenstrahlen ließen sowohl die Blüten als auch das Gefieder der Vögel leuchten, und hätte nicht eine kaum spürbare Kühle die sommerliche Luft durchzogen, hätte man annehmen können, der Herbst läge noch in weiter Ferne. »Ihr wisst, dass Ihr nicht länger hier bleiben könnt«, stellte Aliénor von Aquitanien an die Dame gewandt fest, die neben ihr über den feinen Kies schritt. Ihre Stimme war freundlich, aber bestimmt, und in den dunkelgrauen Augen lag ein Ausdruck, der keinen Widerspruch duldete. Umständlich raffte sie ihr beinahe bodenlanges, orangefarbenes Bliaud, um eine der ausgetretenen Stufen zu erklimmen. Der kostbare Seidenstoff raschelte bei jeder Bewegung. Als ihr silberbestickter Lederschuh eine Eidechse nur um einen halben Zoll verfehlte, suchte das Tierchen erschrocken das Weite.
    Lady Alys, die ihre drei Söhne in Obhut der Amme zurückgelassen hatte – eine Tatsache, die ihr Ältester mit Murren quittiert hatte – nickte abgeklärt. Formlos schlenderten die beiden Frauen durch den zu dieser Stunde verwaist daliegenden Garten der Festung, dessen herbstliche Düfte den Morgen erfüllten. »Ich werde morgen mit Geoffrey nach York aufbrechen«, erwiderte sie ruhig und bückte sich, um eine abgebrochene Rose aufzuheben. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen führte sie die Blume zur Nase und sog das schwere Aroma der schon beinahe verblühten Blätter ein. Der Bischof Geoffrey of Lincoln – einer der vielen Bastarde Henrys – den Richard erst vor zwei Tagen zum Erzbischof von York ernannt hatte, hatte sich schon zu Henrys Lebzeiten seiner Halbbrüder, der Söhne Alys‘, angenommen. Doch inzwischen stellte die Anwesenheit der jungen Frau, welche nicht nur die Schwester des französischen Königs Philipp war, sondern die auch vor zwanzig Jahren als Richards zukünftige Braut nach England geschickt worden war, einen nicht mehr zu vertuschenden Skandal dar. Denn Aliénors Schürzen jagender Gatte hatte seine gierigen Finger nicht von der dunklen Schönheit lassen können und sie mehrfach geschwängert.
    Die Gemahlin des verstorbenen Königs grollte der jungen Frau nicht. Kannte sie doch ihren verstorbenen Gatten nur zu gut. Immerhin war sie selbst vor einem halben Leben auf seine Liebeskünste hereingefallen – was hätte dem armen Kind da anderes übrig bleiben sollen? Versonnen wandte sie den Kopf, um das Profil der Französin zu betrachten, die der ersten Rose zwei weitere hinzugefügt hatte, und diese nun mit einer Margerite und zwei Glockenblumen zu einem kleinen, aber ausgewogenen Sträußchen band. Mit ihren neunundzwanzig Jahren war Alys immer noch eine Schönheit von außergewöhnlicher Anmut. Ihr kastanienfarbenes Haar quoll üppig unter dem schlichten Gebende hervor, und die Figur, die sich unter dem eng geschnürten Bliaud deutlich abzeichnete, war nicht die einer dreifachen Mutter. Kein Wunder, dass Henry schwach geworden war! »Richard wird in ein paar Tagen zum König gekrönt. Bis dahin solltet Ihr nicht mehr hier sein«, bemerkte

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