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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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»Und mein Vater hat beschlossen zuzugreifen, da sich solch eine günstige Gelegenheit sicherlich so schnell nicht noch einmal bieten wird«, setzte sie nach einer kurzen Pause hinzu und lachte freudlos. »Außerdem nimmt er nicht an dem Kreuzzug teil.« Ein Ausdruck der Verachtung huschte über ihr Gesicht. »Er hat beschlossen, lieber den Saladin-Zehnten zu entrichten, und es sich auf seinem Landsitz gemütlich zu machen, während die anderen sich abkämpfen.« Wut stieg in Catherine auf. Und nicht zum ersten Mal wünschte sie sich, ein einflussreicher Mann zu sein anstatt ein machtloses, unbedeutendes Mädchen, dessen Leben von anderen bestimmt wurde. Allein der Gedanke, dass der alte, fette, aus dem Mund stinkende Herzog ihre Freundin anrühren würde, verursachte ihr Bauchschmerzen. »Kannst du denn nichts dagegen unternehmen?«, fragte sie schließlich zaghaft. »Nein«, gab Sophie, die sich ein wenig gefasst zu haben schien, schlicht zurück. »Ich kann nur hoffen, dass ihn so schnell wie möglich der Schlag trifft.«
     
     
    Jerusalem, Jüdisches Viertel, September 1189
     
    Nachdem sie die Aufgabe immer und immer wieder vor sich hergeschoben hatte, beschloss Daja schließlich am Morgen eines ungewöhnlich heißen Septembertages, die Aufräumarbeiten im Haus zu nützen, um endlich die beiden winzigen Kammern direkt unter dem Dach zu entrümpeln. Rahel ging es sichtlich besser, und die täglichen Besuche des jungen Templers schienen ihr – auch wenn sie diese nicht bewusst wahrnahm – Kraft und Überlebenswillen zu geben. Zwar hatte sie erst dreimal das Bewusstsein wiedererlangt, doch der Hekim hatte versichert, dass sie nicht mehr in Lebensgefahr schwebte und ihre Verletzungen ausheilen würden. Der Bruch ihres Schienbeins, der dem alten Heiler die meisten Sorgen bereitet hatte, ließ sich erstaunlich leicht schienen. Und wie durch ein Wunder führte die furchtbare Wunde, die entstanden war, als der Knochen die Haut durchstoßen hatte, nicht zu Fäulnis oder einer Vergiftung des Blutes. Auch die oberflächlichen Abschürfungen an den Armen und Beinen der jungen Frau waren schon längst verschorft. Nun mussten nur noch die inneren Verletzungen und die schwere Wunde am Kopf des Mädchens heilen, dann würde das Leben im Haus des Juden von der drückenden Last der vergangenen Wochen befreit sein.
    Mit hochgerollten Ärmeln schleifte Daja einen alten, verstaubten Sack, den sie hinter einigen aufgestapelten Holztruhen entdeckt hatte, über die knarrenden Bodenbretter und unterdrückte ein Husten, als ihr der Schmutz mehrerer Jahrzehnte in die Lunge stieg. Schon wollte sie ihn weiterschleppen zu dem Haufen, den sie später von den männlichen Bediensteten entsorgen lassen würde, als ihr eine verblasste Stickerei auf der Unterseite des Beutels auffiel. Neugierig bückte sie sich und wischte den Schmutz von der abgewetzten Stelle, um das Zeichen deutlicher in Augenschein zu nehmen. Was war das? Sorgfältig feuchtete sie ihren Zeigefinger an und fuhr über die roten, gelben und blauen Fäden, die sich zu einer kunstvollen Stickerei verschlangen, bis sie die Umrisse deutlich ausmachen konnte. Als ihr klar wurde, dass es sich keineswegs um einen Sack, sondern vielmehr um einen mit einem Wappen verzierten Umhang handelte, in den andere Dinge eingeschlagen worden waren, beschleunigte sich ihr Herzschlag. Mit fliegenden Fingern löste sie die Kordel, die das Bündel zusammenhielt, und schlug den schweren Stoff zurück.
    Was sich ihrem Blick darbot, ließ sie die Stirn runzeln. Sorgfältig zusammengefaltet ruhten eine ebenfalls bestickte, dunkelblaue Decke, ein winziges Kleidchen, ein alter Dolch und ein halb zerbrochenes Weidenkörbchen am Boden des schweren Mantels, der die Schultern eines Hünen bedeckt haben musste. Fasziniert kniete sie sich vor die Schätze und hob die Waffe auf, deren Scheide mit daumennagelgroßen Smaragden und Rubinen verziert war. Nach kurzem Reiben glänzte das Gold im schwachen Schein ihres Kerzenleuchters, und eine nicht mehr lesbare Prägung trat auf dem Heft der Waffe zutage. Angestrengt versuchte Daja die verschlungenen Buchstaben zu entziffern. Aber der Zahn der Zeit hatte seine Spuren hinterlassen, und sie gab nach einigen fruchtlosen Versuchen schließlich mit brennenden Augen auf. Warum verbarg Nathan eine solche Kostbarkeit auf dem Dachboden?, fragte sie sich misstrauisch und ließ behutsam die Fingerkuppen über das schwere Metall gleiten. Wo hatte sie dieses Wappen nur schon

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