Schwerter und Rosen
seinen Schutzbefohlenen aufzumuntern. »Und Robins Bruder hatte einfach nach Abzug der Kreuzzugsteuer und der Kosten für die Männer, die er stellen musste, kein Geld mehr übrig, um selber teilzunehmen.« Harold nickte langsam, warf das zerkaute Ende des Halms in eine Pfütze und zuckte gespielt gleichgültig die Schultern. Einige Augenblicke starrte er mürrisch auf die Kreise, die sich auf der vormals glatten Wasseroberfläche ausbreiteten, bevor er unvermittelt herausplatzte: »Ich hatte mich so darauf gefreut, Robin wiederzusehen!« Nur mit Mühe gelang es ihm, die Tränen der Wut und Enttäuschung zu unterdrücken, die seit Stunden in seinen Augen brannten.
Alles schien sich gegen ihn verschworen zu haben! Seit Rolands Tod machte er kaum mehr ein Auge zu, wenn Essex etwas getrunken hatte – aus Furcht, den leicht entflammbaren Jähzorn des Earls zu wecken. Denn wenngleich Löwenherz ihn gewarnt hatte, einen weiteren Knappen zu verschleißen, bedeutete das nicht, dass Harold vor den Wutausbrüchen seines Dienstherrn gefeit war. Zudem würde er Catherine vermutlich nie wiedersehen – ein Gedanke, der ihm das Herz im Leibe zerfetzen wollte. Und nun musste er auch auf die unbeschwerte Gesellschaft seines besten Freundes verzichten, weil dessen Bruder pleite war! Verbittert trat er mit dem Stiefel gegen einen der Pfosten und fluchte unflätig, als glühender Schmerz durch seinen Zeh schoss. »Komm schon, lass uns in die Halle gehen«, schlug Guy vor und legte ihm brüderlich den Arm um die Schultern, um ihn auf den Eingang des Towers zuzuschieben.
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Dort, in den Gemächern der Königinmutter, ballte der Earl of Essex die Fäuste und schluckte schwer. »Ich bitte Euch, Majestät.« Seine sonst so durchdringende Stimme war kaum mehr als ein gepresstes Flüstern, und die mit den langen Wimpern besetzten Lider flatterten leicht. Nur mit Mühe konnte sich Robert de Mandeville davon abhalten aufzuspringen, um die alte Dame mit seiner Körpergröße einzuschüchtern. Zu genau wusste er, dass mit ihr nicht zu spaßen war, und es politischem Selbstmord gleichkam, ihren Groll auf sich zu ziehen. »Ihr könnt mir doch wenigstens sagen, wer sie ist«, drängte er, doch Aliénor von Aquitanien schüttelte energisch den Kopf. »Ich glaube nicht, dass das Mädchen die richtige Braut für Euch wäre«, versetzte sie trocken, bevor sie sich endlich dazu herabließ, ihm mit einer nachlässigen Handbewegung zu verstehen zu geben, dass er sich erheben konnte. Kochend vor Zorn spannte der Earl die Muskeln und biss die Zähne aufeinander, um sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn diese Abfuhr beleidigte. Seit ihm die Kleine damals entkommen war, brannte er darauf, sie für sich zu besitzen. Noch niemals zuvor hatte er das Bedürfnis, eine Frau sein Eigen zu nennen, so nachdrücklich und körperlich empfunden wie bei diesem Mädchen. Jedes Mal, wenn er sie aus der Ferne erblickte, wallte die Begierde mit solcher Macht in ihm auf, dass er nachgerade für sie entflammte.
»Wenn Ihr Euch unbedingt zum Narren machen wollt, dann müsst Ihr Euch an ihren Vater wenden.« Der alte Drachen schien Gefallen an dem Spielchen gefunden zu haben, da er deutlich schadenfrohe Belustigung in den von tiefen Falten umgebenen Augen aufblitzen sah. Um den schmallippigen Mund spielte ein Lächeln, das sich bei den nächsten Worten noch vertiefte. »Allerdings müsst Ihr schon selbst herausfinden, wer Euer Ansprechpartner ist.« Sie gluckste leise, fing sich jedoch sofort wieder und winkte zwei der an der Tür postierten Männer zu sich. »Geleitet den Earl of Essex hinaus, befahl sie sachlich und wies mit herrischer Geste auf den Ausgang. So entlassen, verneigte sich der Gedemütigte noch einmal knapp, machte auf dem Absatz kehrt und stieß die Wachen, die ihm auf halbem Weg entgegentraten, grob zur Seite. »Ich werde schon noch bekommen, was ich will!« Zischte er kaum hörbar, bevor er in den Gang hinaustrat und davoneilte.
Adrianopel, November 1189
»Falls diese falsche Schlange denkt, sie könnte mich übertölpeln, dann hat er sich geirrt!«, tobte der vor Zorn bleiche Barbarossa. »Ich werde seine schlimmsten Albträume wahr machen!« Die golddurchwirkte Coiffe war vom kahlen Kopf des Deutschen Kaisers gerutscht, und der schwere Umhang wippte von seiner linken Schulter, während er in der von einem prasselnden Kaminfeuer erwärmten Kammer des steinernen Stadthauses auf und ab stapfte. Seine rechte Hand umschloss den Knauf
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