Schwerter-Zylus 03 - Schwerter im Nebel
wiedererwacht, diesmal in Menschengestalt, und sich von dem Ungeziefer, genannt Mensch, befreit.«
Jetzt schüttelte der Mausling seinen Freund heftiger, und Fafhrd erwachte zusammenzuckend – und versicherte dem Mausling im gleichen Atemzug, daß er die ganze Zeit wach gewesen wäre und daß der Mausling einen Alptraum gehabt haben müßte. Er belachte die Beteuerungen seines Freundes und ließ nicht von seiner Meinung ab. Auch wollte er den Diamanten nicht aus der Hand geben, den er tief in seinen Beutel steckte. Dann gähnte er zweimal ausgiebig und schlief ein, während der Mausling noch redete.
Der Mausling fand seine Wache ganz und gar nicht angenehm. Hatte er die Höhle bis jetzt für sicher gehalten, so begann er nun in jeder Richtung Gefahr zu wittern und starrte ebensooft in die dampfende Grube wie durch die schwarze Höhlenöffnung jenseits der glühenden Kohlen und dachte an Priester, die verstohlen heranschlichen. Währenddessen beschäftigte sich der vernünftigere Teil seines Geistes mit einer unerfreulich logischen Theorie, wonach der heiße Kern Nehwons in der Tat auf die Menschen eifersüchtig war und der grüne Hügel einer jener Flecken war, wo das Innere Nehwons seiner felsigen Zwangsjacke zu entkommen suchte, sich eine alles erobernde, riesige Menschengestalt aus lebendigem Stein geben wollte.
Die schwarzen Kleshite-Priester waren zweifellos Nehwon-Anbeter, die es auf die Vernichtung aller anderen Menschen abgesehen hatten. Und das Diamantenauge, das alles andere als ein harmloses Beutestück war, lebte irgendwie und versuchte, Fafhrd mit Glitzerblick in seinen Bann zu bringen und ihn einem tödlichen Schicksal entgegenzuführen.
Dreimal versuchte der Mausling seinem Freund den Edelstein abzunehmen und schnitt ihm beim drittenmal sogar den Saum seines Beutels auf. Aber obwohl der Mausling als einer der geschicktesten Beutelschneider in ganz Lankhmar bekannt war, so preßte Fafhrd doch jedesmal den Beutel fester an sich, murmelte im Schlaf und wischte die Hand des Mauslings unweigerlich fort.
Der Mausling überlegte, ob er den Diamanten gewaltsam an sich bringen sollte, ließ sich jedoch von der unerklärlichen Überzeugung beeindrucken, daß ein solcher Angriff den Nordling zu gefährlichem Widerstand reizen würde. Ja, er hatte überhaupt ein schlimmes Gefühl, wenn er an den Zustand dachte, in dem sein Freund erwachen würde.
Doch als der Höhleneingang schließlich hell wurde, fuhr Fafhrd auf, schüttelte sich und gähnte und knurrte wie jeden Morgen. Er gab sich derart lebhaft und begeistert, daß die Bedenken des Mauslings sofort zerstreut oder zumindest zurückgedrängt wurden. Die beiden Abenteurer aßen ein kaltes Fleischfrühstück und wickelten die Schinken und Lendenstücke ein, die die Nacht über am Feuer gelegen hatten.
Während Fafhrd ihm mit dem Bogen Deckung gab, huschte der Mausling aus der Höhle und ging hinter dem außenstehenden Felsbrocken in Deckung. In unregelmäßigen Abständen sprang er hoch, um sich schnell umzusehen, suchte die Klippe über der Höhle nach einem Hinterhalt ab. Er hielt seine Schleuder schußbereit, während Fafhrd nun ebenfalls herauseilte. Bald hatten sie sich überzeugt, daß keine Angreifer in der Nähe waren, und Fafhrd übernahm mit ausschwingenden Schritten die Führung.
Der Mausling folgte dichtauf, wurde jedoch nach kurzer Zeit von Zweifeln befallen. Es kam ihm vor, als hielte Fafhrd nicht die Richtung, sondern schwenkte ziemlich scharf nach links ab. Der Mausling war sich seiner Sache durchaus nicht sicher, denn die Sonne war noch immer nicht erkennbar. Sie versteckte sich hinter purpurnen und gelblichen Wolken. Außerdem wußte der Mausling nicht zu sagen, aus welcher Richtung sie gestern gekommen waren, da eine Szene im Rückblick immer anders aussieht, als wenn man darauf zuschreitet.
Trotzdem äußerte er seine Zweifel nach einer Weile, doch Fafhrd erwiderte mit großer Gewißheit: »Ich bin in der Eis-Öde groß geworden. Sie ist mir so vertraut, wie dir Lankhmars Gassen oder die Sumpfwege der Großen Salzmarsch bekannt sind.«
Der Mausling ließ sich beruhigen. Außerdem war der Tag fast windstill, was den Mausling, der immer etwas für Wärme übrig hatte, sehr erfreute.
Nachdem sie einen guten halben Tag gewandert waren, erreichten sie eine schneebedeckte Anhebung, und als er die Szenerie überschaute, hob der Mausling ungläubig die Augenbrauen. Er sah eine schräge Fläche aus grünem Eis, das so eben wie eine
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