Schwerter-Zylus 04 - Schwerter gegen Zauberei
die neue Decke nicht richtig vermörtelt und verputzt wurde und daß sie gar keine Gemälde trägt – sofern das überhaupt vorgesehen war.«
Fafhrd nickte. Er mißtraute dieser freischwebenden Decke. Der ganze Raum war viel primitiver als Hasjarls schimmernde lederausgekleidete Quartiere. Dabei fiel ihm etwas ein.
»Sag mir, Friska«, sagte er, »wie kommt es, daß Hasjarl mit geschlossenen Augen sehen kann? Hängt das damit zusammen, daß er ...«
»Wie, du weißt es nicht?« unterbrach sie ihn überrascht. »Du kennst gar nicht das Geheimnis seines entsetzlichen Herumstarrens? Ganz einfach, er ...«
Ein undeutlicher samtener Schatten, der kaum hörbar tschilpte, huschte an ihren Gesichtern vorbei, und mit leisem Aufschrei barg Friska das Gesicht an Fafhrds Brust und klammerte sich fest an ihn.
Als er langsam mit den Fingern durch ihr duftendes Haar strich, um ihr zu zeigen, daß sich die fliegende Maus nicht dort niedergelassen hatte, und als er dann mit den Handflächen ihre bloßen Schultern absuchte, zum Zeichen daß auch dort keine kleinen Ungeheuer waren, vergaß Fafhrd, was er über Hasjarl und sein Zweites Gesicht hatte wissen wollen – und auch seine Sorge über die seltsame Decke, die jeden Augenblick einstürzen konnte.
Der Tradition gemäß schrie Friska zweimal auf – sehr leise.
Gwaay klatschte mit langsamer Bewegung in seine weißen Hände und gab den wartenden Sklaven mit leichtem Nicken zu verstehen, daß sie die Teller von dem niedrigen Tisch abräumen sollten. Gemächlich lehnte er sich in den weichen Stuhl und warf, ehe er das Wort ergriff, aus halbgeschlossenen Augen einen kurzen Blick auf sein Gegenüber.
Sein Bruder auf der anderen Seite des Tisches war nicht gerade gutgelaunt. Es geschah überhaupt selten, daß man Hasjarl anders als widerborstig, auffahrend oder nur mißgelaunt oder bösartig erlebte. Das mochte darauf zurückzuführen sein, daß Hasjarl ein sehr häßlicher Mann war, dessen Natur sich dem Körper angepaßt hatte; vielleicht war es aber auch umgekehrt. Gwaay erwärmte sich für keine der beiden Theorien; er wußte nur, daß sich mit einem Blick all seine schlimmen Erinnerungen an Hasjarl bestätigt hatten, und wieder einmal wurde ihm das Ausmaß seines Hasses auf den Bruder bewußt. Doch trotz des heftigen Gefühls klang seine Stimme leise und freundlich:
»Also, mein Bruder, spielen wir eine Partie Schach – jenes dämonische Spiel, das wohl in allen Welten existiert? Da hättest du dann wieder Gelegenheit, dich auszutoben. Du gewinnst ja immer beim Schach, wie du sehr wohl weißt; nur nicht, wenn dich die Geduld verläßt. Lassen wir uns das Spielbrett aufstellen?« Spöttisch fuhr er fort: »Ich gebe dir einen Bauern Vorsprung!« Und er hob langsam eine Hand, als wollte er wieder in die Hände klatschen und damit seinen Vorschlag in die Tat umsetzen.
Mit der Peitsche, die er um das Handgelenk trug, schlug Hasjarl dem neben ihm stehenden Sklaven in das Gesicht und deutete stumm auf das massive verzierte Schachbrett, das auf der anderen Seite des Raumes stand. Das war typisch für Hasjarl. Er war ein Mann der Tat, nicht der Worte – jedenfalls außerhalb seiner ureigensten Region.
Außerdem war Hasjarl sehr schlechter Laune. Flindach hatte sein interessantestes und erregendstes Hobby gestört: die Folterung. Und weswegen? fragte sich Hasjarl. Um Schach zu spielen mit dem eingebildeten Bruder, um sich das hübsche Gesicht seines Bruders anzusehen, um eine Mahlzeit zu sich zu nehmen, die ihm bestimmt nicht bekam, um das Ergebnis des Horoskops abzuwarten, ein Ergebnis, das er längst kannte, das er seit Jahren kannte; und um dann gebannt in die schrecklichen blutweißen Augen seines Vaters zu starren, ein Augenpaar, das bis auf Flindachs Augen einzigartig war in Quarmall. Und schließlich mußte er für ein weiteres Jahr auf das Haus Quarmall anstoßen. All diese Dinge waren ihm höchst widerwärtig, und er ließ keinen Zweifel daran.
Der Sklave, auf dessen Gesicht ein blutiger Striemen erschien, ließ das Schachbrett vorsichtig zwischen die beiden Brüder gleiten. Gwaay lächelte, während ein zweiter Sklave die Schachfiguren vorsichtig in der Mitte der Felder anordnete; er hatte sich einen Plan zurechtgelegt, seinen Bruder ein wenig zu ärgern. Wie üblich hatte er die schwarzen Figuren gewählt, und er nahm sich eine Kombination vor, auf die sein gieriger Gegner bestimmt eingehen würde; eine Kombination, bei der Hasjarl den kürzeren ziehen
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