Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar
einem kleinen Tisch, die Heckfenster im Rücken. Fafhrd hockte auf einer Seekiste, der Mausling auf einem umgedrehten Korb. Zwischen ihnen waren die vier Rattenkäfige aufgestellt, deren weiße Bewohner sich nicht minder für die Vorgänge zu interessieren schienen als die Menschen. Der Mausling beschäftigte sich mit dem Gedanken, wie es wäre, wenn einmal die Ratten die Menschen vor Gericht stellten und nicht umgekehrt.
Der Bootsmaat stand an der Tür und schaute durch das Gitterfenster hinaus, damit von der übrigen Mannschaft niemand das Gespräch belauschte.
Demoiselle Hisvet saß mit gekreuzten Beinen auf der herabgelassenen Koje. Den Mantel hatte sie dekorativ unter ihre Knie gestopft und wirkte auch in dieser Haltung noch höfisch und geistesabwesend. Von Zeit zu Zeit spielte ihre rechte Hand mit dem dunklen, welligen Haar von Frix, die zu ihren Füßen hockte.
Holz ächzte, als sich die Squid nach Süden legte. Gelegentlich hörte man die Schritte der Rudergänger, die barfüßig über das Achterdeck glitten. Durch die kleinen Falltüren, die nach unten führten, und durch jeden Spalt zwischen den Planken drang der durchdringende Kornduft herauf.
Lukeen hatte das Wort ergriffen. Er war ein hagerer, muskulöser Mann. Fast so groß wie Fafhrd. Sein kurzes Kettenhemd über der einfachen schwarzen Tunika bestand aus feinstem Material. Ein goldenes Band hielt sein dunkles Haar zurück und zeigte das bronzene lankhmarische Seesternsymbol an seiner Stirn.
»Woher ich weiß, daß die Clam fortgelockt wurde? Zwei Stunden vor Morgengrauen glaubte ich zweimal aus weiter Entfernung den Gong der Shark zu hören, obwohl ich unmittelbar neben diesem Gong stand! Drei Leute aus meiner Mannschaft haben es ebenfalls gehört. Unheimlich war das! Meine Herren, ich kenne die Gongschläge lankhmarischer Kriegsgaleeren und Handelsschiffe besser als die Stimmen meiner Kinder. Die Töne, die wir hörten, waren dem Gongschlag der Shark so ähnlich, daß es überhaupt keinen Unterschied gab – ich hielt sie zuerst für ein unheimliches Echo oder eine Sinnestäuschung, und war daher nicht der Meinung, daß wir etwas unternehmen mußten. Wenn ich nur geahnt hätte ...«
Lukeen runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf und fuhr fort: »Jetzt weiß ich, daß der schwarze Kutter einen Gong an Bord hatte, der dem der Shark nachgearbeitet ist. Er wurde benutzt, wobei vermutlich noch jemand meine Stimme nachgeahmt hat. So wurde die Clam im Nebel aus dem Konvoi fortgelockt – so weit, daß die Rattenarmee, von dem weißen Tier kommandiert, angreifen konnte, ohne daß die Schreie der Mannschaft gehört wurden. Die Ratten müssen mindestens zwanzig Löcher in die Bordwand genagt haben, denn die Clam hat sehr schnell Wasser genommen. Oh, sie sind klüger und zielstrebiger als wir Menschen, diese kleinen, spitzzahnigen Ungeheuer!«
»Seemannsgarn!« schnaubte Fafhrd. »Ratten, die Menschen zum Schreien bringen? Und sie töten? Ratten, die ein Schiff überfallen und versenken? Die Befehle entgegennehmen und befolgen? Also – das ist doch der reinste Aberglaube!«
»Sie sind mir der Richtige, von Aberglauben und unmöglichen Dingen zu sprechen«, fuhr ihn Slinoor an, »nachdem Sie erst heute morgen mit einem maskierten Dämon gesprochen haben, der auf einem zweiköpfigen Drachen saß!«
Lukeen blickte Slinoor fragend an. Er hatte von dem Zwischenfall mit Hagenbeck noch nichts gehört.
Fafhrd erwiderte: »Das betrifft Reisen zwischen den Welten und ist etwas völlig anderes. Das hat mit Aberglaube nichts zu tun.«
Slinoor erwiderte skeptisch: »Dann war es also auch kein Aberglaube, als Sie mir von der weisen Frau und den Dreizehn Tieren erzählten?«
Fafhrd lachte: »Also von dem Kram habe ich sowieso kein Wort geglaubt. Sie war eine närrische alte Hexe. Ich habe ihren Unsinn doch nur zur Unterhaltung erzählt.«
Slinoor beäugte Fafhrd ungläubig und sagte zu Lukeen: »Fahren Sie fort.«
»Es gibt nichts weiter zu berichten«, sagte dieser. »Ich sah die Rattenscharen, die von der Clam zum schwarzen Kutter schwammen. Und ich habe den weißen Kommandanten gesehen – wie Sie.« Mit diesen Worten starrte er Fafhrd an. »Danach suchte ich die Nebelbank zwei Stunden lang nach dem schwarzen Kutter ab, bis meine Ruderer Krämpfe bekamen. Wenn ich das Schiff gefunden hätte, hätte ich es nicht geentert, sondern sofort in Brand gesteckt. Aye, und ich hätte die Ratten auf dem Wasser mit brennendem Öl empfangen, wenn sie das Schiff wieder
Weitere Kostenlose Bücher