Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar
könnte.«
Und doch vermochte er die plötzliche Gier in seinen Augen nicht ganz zu verbergen.
Samanda öffnete die Leine und stieß Reetha ins Zimmer.
Glipkerio sagte besorgt: »Du läßt die Finger von meinem Nachttisch.« Und er deutete auf ein goldenes Tablett neben dem Bett. Kristallkrüge standen darauf – neben einem langstieligen Kelch, der mit hellem, aprikosenfarbigem Wein gefüllt war.
» Du berührst nichts , sonst flehst du mich bald um den Todesstoß an«, fügte Samanda hinzu. »Du kniest dich am Fußende des Bettes mit gebeugtem Kopf hin – Position drei – und rührst keinen Muskel, bis wir zurück sind.«
Kaum war die dicke Tür geschlossen und der Goldschlüssel mit leisem Klirren wieder herausgezogen worden, als Reetha schon an den Nachttisch trat, in Glipkerios Getränk spuckte und zusah, wie ihr Speichel langsam kreiselte. Oh, wenn sie nur ein Haar gehabt hätte, um es in den Wein zu werfen!
Sie öffnete die am interessantesten aussehende Kristallflasche und nahm sie mit auf ihre Inspektionstour quer durch das Zimmer, wobei sie langsam daraus trank. Der Raum war kostbar ausgestattet mit Edelhölzern aus dem Land der Acht Städte und enthielt zahlreiche Schätze; am längsten verweilte Reetha vor einem schweren goldenen Korb voller geschliffener, ungefaßter Juwelen aller Arten.
Sie bemerkte auch den Ständer mit Kleidern, die für eine sehr große Frau bestimmt sein mußten, und daneben – ein überraschender Gegensatz – ein Gestell mit geschmiedeten Waffen aller Art. Anschließend betrachtete sie mehrere Regale voller Glasfiguren und stieß die Statue eines Mädchens mit Peitsche zu Boden.
Was können sie mir tun, das sie nicht ohnehin schon planen? fragte sie sich.
Sie stieg in das Bett, in dem sie sich wohlig hin und her wälzte und die Kühle der weichen Leinenlaken genoß, und ab und zu trank sie ein wenig aus der Kristallflasche. Vielleicht konnte sie so viel trinken, daß sie im entscheidenden Augenblick nicht mehr zu gebrauchen war. Samanda und Glipkerio würden keine Freude haben an einem schlaffen Körper und einem alkoholbesessenen Geist, der auf Schmerz nicht mehr reagierte.
13
Der Mausling streckte sich lässig in seiner Sänfte aus und stellte durch einen kurzen Rundblick fest, daß sie jetzt einen breiten bewachten Korridor erreicht hatten, von dem dreizehn durch Vorhänge verschlossene Torbogen abgingen. Die ersten neun Vorhänge waren weiß mit Silberfäden, der nächste schwarz und golddurchwirkt und die letzten drei schließlich weiß und goldbestickt.
Trotz der Müdigkeit hatte der Mausling in seiner Wachsamkeit nicht nachgelassen. Immerhin war es möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich, daß Skwee oder Lord Nill ihn verfolgen ließen – und dann durfte er auch Hreest nicht vergessen, der in der Wassertoilette Spuren gefunden haben mochte, obwohl sich der Mausling alle Mühe gegeben hatte, sie zu beseitigen.
Die Sänfte stoppte vor dem nächsten Torbogen – dem drittletzten im Gang. Also standen Skwee und Siss über Grig, doch er stand noch über Lord Nill. Das war eine interessante Information, wenn sie auch nur den Eindruck bestätigte, den er bei der Ratsversammlung gewonnen hatte.
Mit Hilfe seines Stabes stemmte er sich hoch, übertrieb den Schmerz in seinem Bein etwas und warf der vorderen Ratte eine ährenumschlungene Silbermünze zu, die er aus Grigs Beutel gesucht hatte. Ohne sich umzudrehen, humpelte er durch die schweren Vorhänge und stellte dabei fest, daß die Stickereien aus feinem Golddraht bestanden. Er durchschritt einen kurzen, düsteren Flur, der an seinem anderen Ende von einem ähnlichen Vorhang begrenzt wurde. Er schlug ihn zur Seite und befand sich in einem gemütlichen, wenn auch etwas heruntergekommenen viereckigen Raum, von dem drei verhangene Türen abgingen. Die Beleuchtung stammte von Feuerkäfern über jeder dieser Türen. Das Mobiliar bestand aus zwei geschlossenen Schränken, einem Schreibtisch mit Stuhl, vielen Schreibrollen in Silberbehältern, gekreuzten Schwertern an den Wänden – und einem Kamin, in dem eine einzelne riesige Kohle durch weiße Asche schimmerte.
In der Mitte des Raumes stand eine weiche Couch mit hoher Rückenlehne – ein Möbelstück für jemanden, der viel im Liegen liest – und neben der Couch ein großer Tisch mit drei Glocken darauf – eine aus Kupfer, die andere aus Silber und die dritte aus Gold.
Der Mausling nahm die silberne Glocke und schwang sie kräftig. Er war gespannt, was seine
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