Schwerter-Zylus 08 - Ritter und Knappe des Schwerts
Formation auf, und sie stürzten sich (entweder von der dünnen Flatterigkeit des Weggeworfenen angelockt oder von der Schamlosigkeit seiner Handlung verärgert) wild davonschießend unter rauhem, kehligem Kreischen auf jedes Kleidungsstück und trugen es mit ihren scharfen Krallen davon, als bestätigten sie damit die Ehre ihres Geschwaders.
Fafhrd schenkte diesen Mätzchen der diebischen Vögel wenig Beachtung, denn er war ganz damit beschäftigt, nicht die geringste unvorsichtige oder auch nur leicht heftige Bewegung auszuführen.
Schließlich hatte er sämtliche Kleidungs- und Ausrüstungsgegenstände abgeworfen, mit einer einzigen Ausnahme.
Wie sehr er seinen Haken im Verein mit dessen Schaft aus Kork und Leder inzwischen als seine echte linke Hand betrachtete, zeigte sich daran, daß er ihn nicht mit dem restlichen entbehrlichen Material von sich warf.
Doch erst als er sich splitterfasernackt ausgezogen hatte (abgesehen vom Haken) fiel ihm eine letzte Maßnahme ein, das ›Schiff zu leichtern‹. Dann bewunderte er den strahlend goldenen Glanz des im Bogen über ihn hinwegschießenden mächtigen Urinstrahls, der hinter seinem Kopf sein Blickfeld verließ (zuerst hatte er sich selbst ins Auge getroffen, dies dann aber korrigiert); und erst da bemerkte er, daß er sich im Verlauf seiner Notentkleidung aus dem Schatten des Wolkenschiffrumpfs entfernt hatte und vom warmen Sonnenlicht übergossen wurde – was angenehmerweise auch verhinderte, daß er nun, da er keinen Faden mehr am Leib trug, in der frischen Morgenluft fröstelte.
Aber wohin war das Wolkenfahrzeug von Arilia verschwunden? Er blickte umher und entdeckte das schmale Deck schließlich eine Schiffslänge unter sich – mindestens zwanzig Meter. Inzwischen stieg er selbst langsam aber stetig nach oben, an der Backbordseite der recht geisterhaft oder zumindest etwas durchsichtig wirkenden Mastspitze und oberen Takelage vorbei, auf der die fünf diebischen Möwen mit Klauen und Schnäbeln eifrig seine Kleider zerfetzten, wobei sie allerdings jetzt eher wie Kormorane als wie Möwen aussahen und ihn von Zeit zu Zeit angewidert anstarrten.
Und nun wurde Fafhrd plötzlich von einer ganz anderen, ja sogar gegensätzlichen Furcht ergriffen: er könnte unerbittlich so weitersteigen, bis unten alles so winzig wäre, daß er es nicht mehr ausmachen könnte und sich im Raum verlöre – oder aber in die Höhe des ewigen Schnees gelangte und erfröre – insbesondere in der Kälte der Nacht (wie dumm von ihm, all seine Kleider abzuwerfen – er hatte in umnachteter Panik gehandelt, das war gewiß!) – oder von den Luftmonstern verschlungen würde, die in solchen Höhen hausten, wie etwa die unsichtbaren riesigen Flugwesen, denen er zum ersten Mal auf dem Stardock begegnet war. Oder er erreichte vielleicht sogar die geheimnisvollen Sterne (wenn er so lange durchhielte, ohne zu verhungern oder zu verdursten) und würde von ihnen zu Tode geblendet – oder er erlitte eben das Schicksal, das Die Strahlenden solch tolldreisten Abenteurern zudachten, wie er ihnen erscheinen mußte.
Es sei denn, natürlich, er hätte das Glück, zuvor auf den Mond zu stoßen, oder auf das geheime (unsichtbare?) Reich der Königin von Arilia, falls das aus mehr bestand als einer großen Flotte von Wolkenschiffen.
Dieser Gedanke rief ihm in Erinnerung, daß ein solches Schiff nahebei war und daß er große Hoffnungen und Erwartungen daran geknüpft hatte, bevor die Glut des Branntweins in ihm erloschen war.
Nachdem er sich einen Augenblick lang der düsteren Befürchtung hingegeben hatte, es sei herzlos davongesegelt oder habe sich vielleicht einfach aufgelöst (die obere Takelage hatte schließlich ungemein geisterhaft gewirkt), stellte er zu seiner Erleichterung fest, daß es noch immer unter ihm schwebte, wenn auch etwa dreißig Meter tiefer als bei seinem letzten Blick – mindestens dies war nun der Abstand zwischen ihm und der Mastspitze mit den fünf kormoranhaft dahockenden Seemöwen, die noch immer rachsüchtig seine Kleider zerfetzten, wobei ihr schrilles Gekrächze allerdings nicht mehr zu hören war.
Er suchte das Schiff mit den Augen nach Frix ab, doch die hochgewachsene, übernatürlich aufreizende Schönheit war nirgends zu sehen, weder im Bug in Gestalt einer Galionsfigur noch sonst irgendwo – wenn sie überhaupt jemals dagewesen war, sagte er sich mit einem schiefen Lächeln, und es nicht nur seiner übereifrigen, vom Branntwein überreizten Phantasie so
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